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Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist und geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben. Hinsichtlich dieser Nomenklatur verfolgte der Gesetzgeber bewusst eine Angleichung an das europäische Gemeinschaftsrecht (z.B. Art. 2 lit. f. RL 2002/65/EG).24 Der Begriff „dauerhafter Datenträger“ wird zunehmend auch außerhalb der Textform eingesetzt, so etwa in dem ab dem 1.1.2022 geltenden § 327r Abs. 2 BGB (bei Änderungen an digitalen Produkten, dazu ausführlich Kapitel 7) und der Neufassung des § 479 Abs. 2 BGB zum 1.1.2022 (Bereitstellung von Garantieerklärungen). Besonders konsequent ist der Gesetzgeber dabei jedoch nicht: Für die ab dem 1.1.2022 geltenden Informationspflichten bei Aktualisierungen wird auf den dauerhaften Datenträger verzichtet.
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Für § 126b BGB genügt es, wenn die Information so erteilt wird, dass sie über einen angemessenen Zeitraum hinweg unverändert wiedergegeben werden kann. Dieser Anforderung genügt ein elektronisches Dokument wie eine E-Mail oder eine Speicherung z.B. auf CD/DVD, Festplatte, USB-Stick oder Speicherkarte.25 Eine Speicherung der Erklärung in Schriftzeichen ist, wie auch die unmittelbare Lesbarkeit, hingegen nicht erforderlich.26 Wegen des eindeutigen, auf Lesbarkeit abstellenden Wortlauts genügt die Nutzung gesprochener und digitalisierter Mitteilungen (also bspw. Sprachnachrichten in einem Messagingdienst) nicht den Anforderungen an eine Textform, auch wenn der Empfänger diese Erklärungen möglicherweise durch entsprechende Software „lesbar“ machen könnte.27
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Ausgeschlossen sein soll aus dem Anwendungsbereich der Textform die Website, weil diese nach dem BGH eine unveränderte Wiedergabe einer Erklärung nicht gewährleisten kann.28 Anders wäre dies nur, wenn die Website einen z.B. durch Benutzername und Passwort geschützten Bereich enthielte, in dem die Erklärung für den Empfänger abgelegt werde.29 Dann kann auch ein Cloud-Service wie z.B. Dropbox, Google Drive oder iCloud ein Träger von Erklärungen in Textform sein.30 Im Übrigen sei die Textform bei Websites aber nur gewahrt, wenn es tatsächlich zu einer Speicherung oder zum Ausdruck der Erklärung durch den Empfänger komme.31
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Zweck der Textform ist es, Erklärungen, die nicht von hoher Erheblichkeit für den Beweiswert, sondern zum Beispiel für Massenvorgänge geeignet und leicht wieder rückgängig zu machen sind, zu ermöglichen. Nach § 312f Abs. 2 BGB ist z.B. der Unternehmer bei Fernabsatzverträgen verpflichtet, dem Verbraucher eine Bestätigung des Vertrages, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens jedoch bei der Lieferung der Ware oder, bevor mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wird, auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Diese Bestätigung muss die in Art. 246a EGBGB genannten Angaben, wie beispielsweise Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistungen, in dem für das Kommunikationsmittel und für die Waren und Dienstleistungen angemessenen Umfang enthalten, es sei denn, der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Informationen bereits vor Vertragsschluss in Erfüllung seiner Informationspflichten nach § 312d Abs. 1 BGB auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt.
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Demgegenüber ist die jahrelange Verpflichtung des Verbrauchers zur Erklärung des Widerrufs in Textform bei Verbrauchergeschäften im Fernabsatz zum 13.6.2014 entfallen; nunmehr genügt gem. § 355 Abs. 1 S. 2 BGB jede formlose Erklärung des Verbrauchers, aus welcher gem. § 355 Abs. 1 S. 3 BGB der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf eindeutig hervorgeht.32
3. Ausschluss der elektronischen Form
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In verschiedenen Fällen schließt das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr die Anwendung der elektronischen Form aus. So sollen weder Bürgschaftserklärungen (§ 766 BGB) noch Kündigungen von Arbeitsverhältnissen (§ 623 BGB) in elektronischer Form erteilt werden können. Auch bei Zeugnissen für den Arbeitnehmer (§§ 630 BGB, 109 Abs. 1, Abs. 3 GewO) sowie bei Schuldversprechen und Schuldanerkenntnissen (§§ 780, 781 BGB) verbleibt es bei der herkömmlichen Schriftform. Allerdings ist zu beachten, dass Kaufleute im Sinne des HGB schon seit jeher gemäß § 350 HGB an die Formvorgaben der §§ 766, 780 und 781 BGB nicht gebunden sind, sodass hier auch eine Erklärung in elektronischer Form ausreichend ist.
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Lange Zeit war es gleichfalls nicht möglich, Verbraucherdarlehensverträge in elektronischer Form abzuschließen, § 492 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. Dies änderte sich aber durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht.33 Verbraucherdarlehensverträge müssen zwar nach dem Wortlaut gem. § 492 Abs. 1 S. 1 BGB weiterhin schriftlich abgeschlossen werden. Allerdings kann ein Verbraucherdarlehensvertrag jedoch nunmehr statt durch eigenhändige Unterschrift auch in elektronischer Form mit qualifizierter elektronischer Signatur (§ 126 Abs. 3, § 126a BGB), nicht aber in Textform (§ 126b BGB) abgeschlossen werden.34 Erklärungen des Darlehensgebers, die dem Darlehensnehmer gegenüber nach dem Vertragsabschluss abzugeben sind, müssen jedoch gem. § 492 Abs. 5 BGB auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen. Auch können die Angaben nach § 492 Abs. 2 BGB nach einem wirksamen Vertragsschluss oder in den Fällen des § 494 Abs. 2 S. 1 BGB nach Gültigwerden des Vertrages auf einem dauerhaften Datenträger nachgeholt werden, sofern der Vertrag diese Angaben nicht oder nicht vollständig enthält. § 494 Abs. 2 BGB sieht insoweit entgegen § 125 S. 1 BGB eine Möglichkeit zur Heilung des Formmangels zugunsten des Darlehensgebers vor.
4. Elektronischer Rechtsverkehr
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Das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr hat auch die ZPO erstmals für den elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten geöffnet.
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Zunächst sieht § 130 Nr. 6 ZPO vor, dass ein per Telefax übermittelter Schriftsatz die Unterschrift in der Kopie wiedergeben soll. Damit wird für vorbereitende Schriftsätze die Möglichkeit geschaffen, sie per Telefax einzureichen. § 130a ZPO n.F. regelt ergänzend die Gleichstellung von Schriftform und elektronischer Form für vorbereitende Schriftsätze, deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Parteien sowie schriftlich einzureichende sonstige Erklärungen, Übersetzungen und Gutachten dritter Personen. Dies richtet sich seit dem 1.1.2018 nach den Maßgaben der Absätze 26. Demgemäß kann das Gericht nach § 130a Abs. 2 S. 1 und Abs. 6 S. 1 ZPO das elektronische Dokument zurückweisen, sofern das Gericht dieses nicht bearbeiten kann. Dies entspricht grundsätzlich der Vorgängerregelung des § 130a Abs. 1 S. 1 ZPO a.F., allerdings mit dem Unterschied, dass die elektronische Übermittlung auch bei Ablehnung durch das Gericht nunmehr fristwahrend erfolgt, sofern der Absender im Anschluss an die Ablehnung unverzüglich das Dokument in einer geeigneten Form nachreicht, § 130a Abs. 6 S. 2 BGB. Wer das Dokument verantwortet, muss ihm eine qualifizierte elektronische Signatur nach der eIDAS-VO hinzufügen (§ 130 Abs. 3 Var. 1) oder eine einfache Signatur und einen sicheren Übermittlungsweg nach Abs. 4 wählen (§ 130a Abs. 3 Var. 2 ZPO). Zu Letzteren zählen allen voran das De-Mail-Verfahren (§ 130a Abs. 4 Nr. 1) und das besondere elektronische Anwaltspostfach beA (§ 130a Abs. 4 Nr. 2).
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Umstritten ist, ob bei der Nutzung eines solchen Weges eine einfache Signatur bei der Übermittlung