b) Risikofaktoren der Dimension „Produkt“[56]
aa) Bargeldintensität
143
Einer der Faktoren, durch den sich ein Produkt eher zur Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung eignet, ist die Bargeldintensität des Produkts. Bei einem Produkt, wie zum Beispiel einem Girokonto, das häufig für Bareinlagen und -entnahmen verwendet wird, ist es leichter, die Herkunft oder den Empfänger der Mittel zu verschleiern. Da es bei diesen Produkten auch gewöhnlich ist und erwartet wird, dass Bargeldtransaktionen stattfinden, fallen diese auch nicht weiter auf, sodass die Täter tendenziell länger unerkannt bleiben können.
bb) Laufzeit
144
Auch die Dauer der Laufzeit eines Produkts kann Einfluss auf dessen Geldwäscherisiko haben. So steigt bei einer kürzeren Laufzeit natürlich auch die Flexibilität der Täter. Produkte mit kurzer Laufzeit bzw. ohne zeitliche Bindung können unter Umständen auch „einfacher“ abgeschlossen werden als Produkte mit längerer Laufzeit. Unter diesem Gesichtspunkt kann man beispielsweise bei zeitlich gebundenen Spareinlagen von einem niedrigeren Risiko ausgehen als bei täglich verfügbaren Einlagen. Im ersten Fall würde eine relativ längere Zeitspanne als im zweiten Fall vergehen, bis der Täter über die Geldmittel wieder frei verfügen kann. Das bedeutet natürlich nicht, dass Geldwäsche nicht auch über gebundene Spareinlagen erfolgen könnte. Es würde aber einen längeren Planungshorizont der Täter erforderlich machen.
cc) Kündigungsfrist
145
Unter dem eben genannten Aspekt der Flexibilität spielt natürlich auch die Kündigungsfrist eine Rolle. Je einfacher und schneller ein Produkt gekündigt werden kann, desto attraktiver wird das Produkt für mögliche Geldwäscher. So können auch Produkte mit einer per se langen Laufzeit auf einmal attraktiv werden, wenn man sich mit geringem Aufwand frühzeitig von ihnen trennen und flexibel agieren kann.
dd) Einbindung dritter Parteien
146
Je mehr Parteien in ein Produkt eingebunden sind, desto höher wird tendenziell auch das Geldwäscherisiko. Sobald mehrere Institute eingebunden werden, beispielsweise bei der Kreditsyndizierung, muss gewährleistet sein, dass jedes Institut die Bestimmungen zur Geldwäscheprävention einhält.
c) Risikofaktoren der Dimension „Transaktion“[57]
147
Durch eine Analyse der Transaktionen versucht man, darauf Rückschlüsse zu ziehen, woher die Mittel kommen und für welche Zwecke sie verwendet werden könnten. Natürlich kann man auch in diesem Zusammenhang keine absoluten Aussagen machen, es gibt aber wiederum Risikofaktoren, die auf ein tendenziell erhöhtes Risiko hindeuten können.
aa) Senderland
148
Ähnlich wie bei der Analyse des Kundenrisikos spielt das Länderrisiko auch bei der Analyse des Transaktionsrisikos eine entscheidende Rolle. Wenn ein Kunde häufig Zahlungen aus Hochrisikoländern erhält, dann steigt das Geldwäscherisiko. Werden beispielsweise Gelder aus Ländern empfangen, von denen bekannt ist, dass Korruption und Steuerhinterziehung häufig sind, sollte diese Transaktion als riskanter eingeschätzt werden.
bb) Empfängerland
149
Gerade im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung spielt natürlich auch das Empfängerland eine wichtige Rolle. Werden regelmäßig Transaktionen in Länder getätigt, von denen bekannt ist, dass sie terroristische Organisationen unterstützen, oder dass terroristische Organisationen in ihnen ansässig sind, so steigt das Risiko, dass diese Transaktionen der Terrorfinanzierung dienen.
cc) Bargeldtransaktionen
150
Gleich wie bei bargeldintensiven Produkten muss auch bei Bargeldtransaktionen von einem höheren Risiko ausgegangen werden. Grund dafür ist, dass die Herkunft der Mittel von der Bank i.d.R. nicht nachvollzogen werden kann und gerade illegale Aktivitäten, wie Drogenhandel, oft Bareinnahmen verzeichnen.
dd) Korrespondenzbankgeschäft
151
Eine Korrespondenzbankbeziehung besteht, wenn eine Bank, das sog. Korrespondenzinstitut, Bankdienstleistungen für eine andere Bank, das sog. Respondenzinstitut erbringt. Diese Dienstleistungen können sowohl für das Respondenzinstitut, als auch für dessen Kunden erfolgen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu verstehen, dass das Korrespondenzinstitut i.d.R. keine eigenen Geschäftsbeziehungen zu den Kunden des Respondenzinstituts selbst unterhält.
152
Während das Korrespondenzinstitut die Pflicht hat, das Respondenzinstitut vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung eingehend zu prüfen[58], hat es häufig keine oder wenig Kenntnis über dessen Kunden. Eine Taktik zur Geldwäsche ist beispielsweise das „Nesting“ oder „Downstream clearing“. Dabei werden Gelder durch eine Reihe von Korrespondenzbanken geschleust, sodass der Ursprung der Gelder verschleiert wird.
153
Bei der Einschätzung des Risikos in Zusammenhang mit der Respondenzbank wird insbesondere darauf geachtet, in welchem Land die Respondenzbank ansässig ist. Von erhöhten Risiken ist in jedem Fall immer dann auszugehen, wenn der Respondent außerhalb der EU ansässig ist. Doch auch einzelne EU-Mitgliedsstaaten können vom Korrespondenzbankinstitut als erhöhtes Risiko eingestuft werden.[59]
d) Risikofaktoren der Dimension „Vertrieb“[60]
154
Bei den Vertriebskanälen gibt es Kanäle, die es den Tätern unter Umständen leichter machen, Geldwäsche zu betreiben, und solche, bei denen Geldwäsche tendenziell erschwert ist. Nachfolgend werden einige gängige Vertriebskanäle auf ihr Gelwäscherisiko hin erläutert.
aa) Filialvertrieb
155
Persönlicher Kontakt in der Filiale reduziert tendenziell das Geldwäscherisiko. Dadurch kann dieser Vertriebskanal grds. als weniger riskant beurteilt werden.
bb) Onlinevertrieb
156
Bei Onlinevertrieb fällt der physische Kontakt in der Filiale zunächst weg. Das macht es Kunden potenziell leichter, eine falsche oder fremde Identität zu verwenden. Allerdings werden Gesichtserkennungsprogramme zunehmend besser und ermöglicht das von der BaFin anerkannte Videoidentifizierungsverfahren eine GwG-konforme Identifizierung. Im Ergebnis