Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › III. Zulässiges und unzulässiges Verteidigerhandeln › 5. Geldwäsche durch die Annahme von Verteidigerhonorar
5. Geldwäsche durch die Annahme von Verteidigerhonorar
208
Nach dem Wortlaut des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt auch der Verteidiger den Straftatbestand der Geldwäsche, der von seinem Mandanten Geld als Honorar entgegennimmt[77], das aus einer Vortat im Sinne von § 261 Abs. 1 S. 2 StGB herrührt, soweit er vorsätzlich handelt oder die Bemakelung des Geldes leichtfertig nicht kennt, vgl. § 261 Abs. 5 StGB. Das Verteidigerhonorar kann damit zum Ausgangspunkt eines Strafverfahrens gegen den Verteidiger selbst werden, mit der weitreichenden Folge, dass der Verteidiger zum Beschuldigten mutiert. Aufgrund dieser potentiellen, alltäglichen Gefährdung des Verteidigers ist auf den Meinungsstand zur Geldwäsche durch den Verteidiger in Lit. und Rspr. einzugehen.
a) Ansatzmöglichkeiten zur Begrenzung des Tatbestands
209
Die zahlreichen Ansatzmöglichkeiten zur Begrenzung des Tatbestandes setzen auf verschiedenen Deliktsebenen (objektiver Tatbestand, subjektiver Tatbestand, Rechtswidrigkeit) an.
aa) Tatbestandslösung
210
Das HansOLG Hamburg[78] verneint bereits den objektiven Tatbestand des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB und stützt dieses Ergebnis auf eine verfassungskonforme Auslegung oder verfassungskonforme Tatbestandsreduzierung. Würde man unter den v.g. Tatbestand tatsächlich auch die Annahme von Verteidigerhonorare subsumieren, so stelle dies einen Eingriff dar in das Recht des verteidigenden Rechtsanwalts auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) und in das ebenfalls verfassungsrechtlich verbürgte Recht des Beschuldigten, sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistands eines Verteidigers seiner Wahl zu bedienen (§ 137 Abs. 1 StPO). Diese Eingriffe seien verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, da die Pönalisierung der bloßen Honorarannahme durch einen Wahlverteidiger zur Durchsetzung des Geldwäscheverbots als eines Mittels der Bekämpfung der organisierten Kriminalität nicht erforderlich und nicht verhältnismäßig sei.
211
Nach Barton[79] ist bei einer bloßen Honorierung der Verteidigertätigkeit mit bemakelten Mitteln der objektive Tatbestand der Isolierungs- und Vereitelungsvariante teleologisch zu reduzieren, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob der Verteidiger von der Bemakelung des Honorars Kenntnis hat oder nicht. Bei dem Geldwäschetatbestand, der nur vordergründig am Geldwäscher ansetze, gehe es eigentlich um den Vortäter, dessen Verhalten verhindert werden solle, indem Nachtatverhalten für strafbar erklärt wird. Geschütztes Rechtsgut des § 261 StGB seien die Rechtspflege und die innere Sicherheit. Diese Rechtsgüter und Schutzzwecke würden aber bei der Annahme von bemakeltem Verteidigerhonorar nicht verletzt. Zum Rechtsgut der Rechtspflege gehöre auch die Institution der Verteidigung. Die Wahrnehmung der Beschuldigteninteressen durch den Verteidiger könne indes nur im Rahmen eines zu schützenden Vertrauensverhältnisses zwischen Verteidiger und Mandant erfolgen. Wenn § 261 StGB das Funktionieren der Rechtspflege gewährleisten wolle, dann könne und dürfe der Zugang zur Verteidigung nicht wesentlich erschwert werden, da zu einer funktionierenden Rechtspflege auch eine effektive Strafverteidigung gehöre und zwar auch in der Form der Wahlverteidigung. Die teleologische Reduktion des Geldwäschetatbestandes wird mit ähnlichen Argumenten von Wohlers und Kulisch vertreten.[80]
bb) Vorsatzlösung
212
Auf der Ebene des subjektiven Tatbestands ist die sog. „Vorsatzlösung“ angesiedelt. Die sie vertretenen Autoren nehmen Bezug auf die Grundsätze, die der BGH zur Abgrenzung des zulässigen von unzulässigem Verteidigerverhalten entwickelt hat. Danach habe der BGH, insbesondere in BGHSt 38, 345 ff., festgelegt, dass der dolus eventualis bei Tatbeständen, die der Verteidiger außerhalb des § 258 StGB bei seiner Tätigkeit erfüllen könnte, keine für eine Strafbarkeit ausreichende Vorsatzform sei. Diese Begrenzung auf direkten Vorsatz müsse auch für das Innenverhältnis zwischen Verteidiger und Mandant gelten. Das hier bestehende Vertrauensverhältnis verbiete es, dem Verteidiger Misstrauen und Kontrolle gegenüber dem Mandanten und dessen Mittel zur Bezahlung des Honorars aufzuerlegen. Nach alledem mache sich ein Verteidiger also erst dann gem. § 261 Abs. 2 StGB strafbar, wenn er positives Wissen um die Herkunft des Geldes aus einer Vortat im Sinne des § 261 Abs. 1 S. 1 StGB habe.[81]
cc) Rechtfertigungslösung
213
Die Vertreter der Rechtfertigungslösung stellen auf einen im Prozessrecht verankerten Rechtfertigungsgrund ab. So geht Hamm[82] davon aus, dass eine Rechtfertigung des Verteidigerhandelns bei der Entgegennahme bemakelten Honorars verfassungsrechtlich zur Aufrechterhaltung des Instituts der Wahlverteidigung geboten sei, allerdings nur, solange der Verteidiger kein positives Wissen um die deliktische Herkunft der Gelder besitze. Bernsmann[83] stellt auf einen im Verteidigungsverhältnis und der Unschuldsvermutung resultierenden Rechtfertigungsgrund ab. Das öffentliche Interesse an einer effektiven Strafverfolgung mache im Rahmen des Rechtfertigungsgrundes auch eine Prüfung entbehrlich, ob der Verteidiger die Herkunft des Honorars aus einer Vortat annahm oder leichtfertig ignorierte.
b) Keine Einschränkung der Verteidigerstrafbarkeit nach der Rspr. des BGH
214
Der BGH hat in einem Aufsehen erregenden Urteil vom 4. Juli 2001[84] entschieden, dass sich auch der Verteidiger bei der Annahme von Verteidigerhonorar ohne Einräumung irgendwelcher Privilegien wegen bedingt vorsätzlicher und vor allem auch wegen leichtfertiger Geldwäsche strafbar machen kann. In diesem Urteil verwirft der BGH alle oben dargestellten Begrenzungsmöglichkeiten der Verteidigerstrafbarkeit im Rahmen der Geldwäsche durch Entgegennahme von Honorar, das aus einer Katalogtat im Sinne von § 261 Abs. 1 S. 2 StGB herrührt. Zur Begründung hierfür stützt er sich in allererster Linie auf den eindeutigen Wortlaut des § 261 Abs. 2 StGB, wonach weder Strafverteidiger als Täter noch Verteidigerhonorare als Tatobjekt ausgenommen seien, und auf den seiner Ansicht nach entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber habe trotz der ihm bekannten Diskussion über die Strafbarkeit des Verteidigers bei der Annahme inkriminierter Gelder als Honorar die weiteren Gesetzesänderungen des § 261 StGB nicht zum Anlass genommen, Ausnahmeregelungen aufzunehmen. Außerdem verstoße das Verbot der Annahme von Verteidigerhonoraren in Kenntnis seiner bemakelten Herkunft nicht gegen Art. 12 GG, vor allem, weil aus einer möglicherweise unzureichenden Honorierung der Pflichtverteidigung kein Recht des Verteidigers auf Honorierung aus illegalen Mitteln abgeleitet werden könne. Das Verbot der Annahme bemakelter Mittel auch als Entgelt für eine Dienstleistung gelte allgemein und treffe somit den Verteidiger nicht anders als Angehörige anderer Berufe, zumal eine quantitativ größere Anordnung von Pflichtverteidigungen auch nicht die Freiheit der Advokatur gefährde.
c)