Teil 4 Ausübung des Antragsrechts gem. § 172 StPO
A.Gesellschaft mit beschränkter Haftung
I.Vertretung durch die Geschäftsführer
II.Vertretung durch die Gesellschafterversammlung
I.Vertretung durch den Vorstand
II.Vertretung durch den Aufsichtsrat
III.Vertretung durch die Hauptversammlung
Teil 1 Einleitung und Gang der Untersuchung
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Stellt die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts ein, ist der Verletzte der verfahrensgegenständlichen Tat, sofern er einen Strafantrag gestellt hat, in der Regel berechtigt, sich im Wege des Klageerzwingungsverfahrens unter Maßgabe der §§ 172 ff. StPO gegen die Verfahrenseinstellung zu wenden. Dies erfolgt grundsätzlich in einem zweistufigen Verfahren. § 172 Abs. 1 StPO sieht in einem ersten Schritt die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft (in der Regel der Generalstaatsanwalt)[1] binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe des Einstellungsbescheids vor. Gegen den ablehnenden Bescheid des vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft ist binnen einer Frist von einem Monat der Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das zuständige OLG statthaft. Dieses kann zur Vorbereitung seiner Entscheidung die Verfahrensakten der Staatsanwaltschaft hinzuziehen und darüber hinaus eigene Ermittlungen anstellen (§ 173 StPO). Gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass ein hinreichender Tatverdacht besteht, beschließt es gem. § 175 S. 1 StPO die Erhebung der öffentlichen Klage. Die Durchführung dieses Beschlusses obliegt der Staatsanwaltschaft, wobei sie an die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Gerichts gebunden ist (§ 175 S. 2 StPO).[2] Andernfalls ist der Antrag nach § 174 StPO als unbegründet zu verwerfen. Hat die Staatsanwaltschaft allerdings den Sachverhalt im Vorverfahren nicht oder bloß vollkommen unzureichend aufgeklärt, kann das Gericht sie nach herrschender Auffassung stattdessen dazu verpflichten, (weitere) Ermittlungen durchzuführen.[3] Der Verwerfung des Antrags kommt gem. § 174 Abs. 2 StPO beschränkte Rechtskraftwirkung zu; die öffentliche Klage kann in einem solchen Fall nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel erhoben werden. Gegen die Entscheidung des OLG findet eine Beschwerde nicht statt (§ 304 Abs. 4 S. 2 StPO).
2
Betrifft die Verfahrenseinstellung den Verdacht einer gegen das Vermögen einer Kapitalgesellschaft gerichteten Straftat, soll nach ganz überwiegender Auffassung ausschließlich die juristische Person, nicht dagegen ihre Anteilseigner, Verletzte i.S.d. §§ 171, 172 StPO sein. Rechtsprechung und herrschende Lehre begründen dies damit, dass in derartigen Fällen allein die Kapitalgesellschaft die für die Verletzteneigenschaft notwendige unmittelbare Betroffenheit in einem Recht aufweise.[4] Dies wiederum folge daraus, dass Kapitalgesellschaften als zivilrechtlich vollwertige Rechtssubjekte auch strafrechtlich alleinige Inhaber des geschädigten Gesellschaftsvermögens seien. Der herrschenden Auffassung liegen somit zwei Annahmen zugrunde, die im Rahmen dieser Arbeit überprüft werden sollen. Die erste betrifft die Definition des Verletztenbegriffs in den §§ 171, 172 StPO, nach der die unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung entscheidendes Kriterium für die Verletzteneigenschaft sei. Die zweite Prämisse der h.M. liegt darin, dass Kapitalgesellschaften ebenso wie natürliche Personen Träger des Strafrechtsguts Vermögen sein können.
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Hinsichtlich der Auslegung des Verletztenbegriffs wird sich zeigen, dass die überwiegend für erforderlich gehaltene Voraussetzung der Unmittelbarkeit der Rechtsverletzung nicht sachgerecht ist. Da das Klageerzwingungsverfahren neben der Kontrolle des Legalitätsprinzips auch der Realisierung des durch die Straftat hervorgerufenen berechtigten Genugtuungsinteresses des Verletzten dient, ist verletzt i.S.d. § 172 StPO diejenige Person, die ein derartiges Interesse hat. Berechtigt ist ein tatsächlich bestehendes Genugtuungsinteresse des Betroffenen dann, wenn es vom Recht als schutzwürdig anerkannt wird. Es wird sich zeigen, dass die Frage der rechtlichen Anerkennung im Ergebnis vom materiellen Strafrecht abhängt. Durch die Schaffung des jeweiligen Straftatbestandes entscheidet der Gesetzgeber darüber, wessen Interessen durch die Norm rechtlich geschützt werden. Damit bestimmt er zugleich, wessen Verlangen nach Genugtuung für einen erlittenen Nachteil als berechtigt gelten soll.
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Wer Verletzter i.S.d. §§ 171, 172 StPO bei einer gegen das Vermögen einer Kapitalgesellschaft gerichteten Straftat ist, hängt somit davon ab, wem das Gesellschaftsvermögen strafrechtlich zuzuordnen ist. Hinsichtlich der Frage der Vermögenszuordnung im Strafrecht stehen sich zwei Grundpositionen gegenüber. Überwiegend wird eine zivilrechtsakzessorische Vermögenszuordnung für richtig gehalten. Dies lehnen Teile der Literatur zugunsten einer strafrechtsspezifischen Bestimmung der Vermögensinhaberschaft ab. Im Rahmen der Arbeit soll untersucht werden, nach welchen Kriterien die Vermögenszuordnung zu erfolgen hat und welche Konsequenzen sich daraus für die strafrechtliche Behandlung von Kapitalgesellschaften ergeben. Die Untersuchung beschränkt sich dabei auf die Gesellschaftsformen der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und der Aktiengesellschaft (AG). Sie sind nicht nur die am weitesten verbreiteten[5] und damit praktisch bedeutsamsten Arten von Kapitalgesellschaften, sie bilden zudem auch die Grundformen der übrigen Kapitalgesellschaftstypen wie etwa der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und der Unternehmergesellschaft (UG)[6].
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Gegenstand der Arbeit sind ausschließlich die sogenannten Vermögensdelikte im engeren Sinne,[7] d.h. diejenigen Tatbestände, die das Vermögen als Ganzes schützen sollen. Außer Betracht bleiben damit solche Tatbestände, die bloß bestimmte Arten von Vermögen (z.B. das Eigentum, §§ 242, 246, 303 StGB) oder Teile desselben (so etwa die §§ 248b, 288 ff. StGB) zum Gegenstand haben.[8] Die mit Abstand größte praktische Relevanz besitzen dabei die Tatbestände der Untreue (§ 266 StGB) und des Betrugs (§ 263 StGB), die deshalb im Mittelpunkt der Betrachtung stehen sollen.