The Federalist Papers Nr. 47, S. 294 f.; Branum, Journal of Legislation 28 (2002), 1, 13 ff. u. 20.
BVerfGE 125, 175, 223; 133, 112, 132; 139, 19, 45 ff.; 143, 38, 53 f.; s.a. Morlok/Michael, Rn. 343 ff.; Sachs, in: ders., GG, Art. 20, Rn. 113 ff.; Jarass/Pieroth, Art. 20, Rn. 71 ff.; Sodan/Ziekow, § 7, Rn. 25 ff.
Art. 48 WRV.
B. Zentrale Institutionen der US-amerikanischen Verfassung › I. Der Präsident › 6. Übersicht über Gemeinsamkeiten und Unterschiede
6. Übersicht über Gemeinsamkeiten und Unterschiede
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Gemeinsamkeiten:
– | Staatsoberhaupt |
– | Für Ernennungen zuständig |
– | Begnadigungsrecht |
– | Unterschreibt völkerrechtliche Verträge |
– | Kann des Amtes enthoben werden |
Unterschiede durch zusätzliche Befugnisse des US-Präsidenten:
– | Chef der Exekutive mit dem Machtinstrument der Durchführungsanordnungen |
– | Regierungschef |
– | Oberbefehlshaber der Streitkräfte |
– | Zentraler Akteur der Außenpolitik |
– | Vorschlagsrecht für Richter und Verwaltungsmitarbeiter |
– | Unbeschränktes Vetorecht im Gesetzgebungsverfahren |
– | Direktwahl durch das Volk, zusammen mit Vizepräsidenten |
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Die Gegenüberstellung führt insgesamt zu dem Ergebnis, dass wir es mit einem „false friend“ zu tun haben. Zwar verfügen beide Verfassungen über einen Präsidenten als Staatsoberhaupt, doch sind die Ämter völlig unterschiedlich ausgestaltet.
B. Zentrale Institutionen der US-amerikanischen Verfassung › I. Der Präsident › 7. Erklärungsansätze für die Unterschiede zwischen US-Präsidenten und Bundespräsidenten
7. Erklärungsansätze für die Unterschiede zwischen US-Präsidenten und Bundespräsidenten
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Die Erfahrungen mit dem Reichspräsidenten der Weimarer Republik als eine Art Ersatzkaiser dürften stark dazu beigetragen haben, dass das Grundgesetz die Stellung des Bundespräsidenten viel schwächer ausgestaltet hat[1].
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Die starke Stellung des amerikanischen Präsidenten mag aus der Kriegs- und Krisenerfahrung der vorausgehenden Jahre 1775-1788 zu erklären sein. In den vor 1789 geltenden Konföderationsartikeln, der ersten Verfassung der USA, war die Verwaltung Ausschüssen des Parlaments übertragen worden (Art. X), einen Präsidenten gab es nicht. Da ein Parlament nicht ständig tagt, angesichts der Transportverhältnisse der damaligen Zeit auch nicht schnell zusammentreten konnte und sich schließlich bei widerstreitender Positionen nicht immer zu einer schnellen Entscheidung durchringen kann[2], hatten die Verfassungsväter der USA erlebt, dass ohne eine starke Exekutive die Gefahr entsteht, dass die Demokratie zumindest kurzzeitig handlungsunfähig ist[3]. Eine starke Exekutive in Gestalt eines Präsidenten ermöglicht dagegen schnelles und effektives Handeln[4], insbesondere in Krisensituationen – wie etwa dem amerikanischen Bürgerkrieg – und in der Außenpolitik[5]. Es kommt hinzu, dass der Präsident aufgrund seiner direkten Wahl eine dem Parlament gleichwertige demokratische Legitimation hat[6]. Der Text der US-Verfassung zählt nur die Kompetenzen der Legislative und der Judikative katalogmäßig auf, während der Präsident pauschal mit (allen) Exekutivaufgaben betraut wird[7], also eine Art Reservefunktion hat[8]. Was Rechtsprechung und Gesetzgebung angeht, konnte man als Auffanglösung auf die Institutionen der Bundesstaaten setzen; diese Lösung funktionierte allerdings nicht im Bereich der Exekutive, da sich die vielen Bundesstaaten der USA im Zweifel nicht auf eine einheitliche Außen- oder Sicherheitspolitik hätten einigen können[9]. Letztlich lässt sich hier anführen, dass die Vielzahl der Verwaltungsaufgaben kaum abschließend zu erfassen ist, was sich auch an der verbreiteten Definition zeigt, dass Verwaltung alle Aufgaben des Staates erfasst, die nicht Rechtsprechung und nicht Gesetzgebung sind[10].
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Da alle an der Verfassungsgebung Beteiligten davon ausgingen, dass George Washington – der sich als General der US-Armee und Präsident der verfassungsgebenden Versammlung ausgezeichnet hatte – der erste Präsident der USA sein würde, hat auch diese Erwartung zu der großzügigen Ausgestaltung der Befugnisse des Präsidenten beigetragen[11]. Es kommt hinzu, dass ein großer demokratischer Flächenstaat zur Zeit der Gründung der USA weitgehend unbekannt war, es allerdings zuhauf Vorbilder für Monokratien gab[12].
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Akhil Amar weist interessanterweise darauf hin, dass nachfolgende Generationen gerade bei der Wahl und der Rolle des Präsidenten offenbar Korrekturbedarf gesehen haben[13]. Zehn Verfassungsänderungen seit 1791 beziehen sich direkt oder indirekt auf den Präsidenten (12th, 14th, 15th, 19th, 20th, 22nd, 23rd, 24th, 25th, 26th amendment). Speziell die Amtszeitbegrenzung (22nd amendment) und die Aufwertung des Vizepräsidenten (25th amendment) verfolgen deutlich die Tendenz, die Macht des US-Präsidenten einzudämmen. Dennoch hat die Machtposition des US-Präsidenten in den letzten Jahrzehnten eher zugenommen als abgenommen[14].
Anmerkungen
BVerfGE 136, 277, 309 ff.; Sodan/Ziekow, § 14, Rn. 2; Heringa, S. 42 u. 189; Morlok/Michael, Rn. 867; Nierhaus, in: Sachs, Art. 54, Rn. 2.
Amar, (2006), S. 186.
Heringa, S. 35; Tushnet, S. 10 f.; Lindenblatt, S. 9; Brugger, S. 28; Abrams, S. 3; s.a. Lepore, S. 114 u. 121.
Barron/Dienes, 8. Aufl., S. 163; ähnlich Endler/Thunert, S. 88.