F. Instrumente zur Sicherung und Verwirklichung der Raumordnung
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Das wohl wichtigste Instrument moderner Raumordnung wurde bereits umfassend dargestellt: der Raumordnungsplan. Daneben existieren jedoch noch die in § 1 ROG genannten Kerninstrumente der freiwilligen, raumordnerischen Zusammenarbeit (§§ 14, 24 ROG) und der formellen Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen[193], sowie weitere gesetzliche Regelungen zur Sicherung und Verwirklichung der Raumordnung. Die meisten davon stärken den koordinativen Charakter der Raumordnung oder erschöpfen sich in Informations-, Dokumentations- und Auskunftspflichten. Einige wenige Instrumente sind jedoch auch durch repressive Elemente gekennzeichnet.
I. Raumordnerische Zusammenarbeit
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Seit der Novellierung 2008 zählt nun nach § 1 ROG die raumordnerische Zusammenarbeit zu den drei Hauptinstrumenten der Raumordnung. Diese umfasst gem. § 13 Abs. 1 ROG zunächst die Zusammenarbeit der Träger der Raumordnung mit anderen staatlichen Stellen, auch Gemeinden, Personen des Privatrechts einschließlich Nichtregierungsorganisationen und der Wirtschaft und erfolgt gem. § 13 Abs. 2 S. 1 ROG z.B. durch vertragliche Vereinbarungen oder regionale Entwicklungskonzepte. Diese Aufwertung des Kooperationsauftrags zur Koordination der Raumordnung aller Raumordnungsakteure wertet die Raumordnung insgesamt und dadurch auch gegenüber der Fachplanung auf[194]. Trotz der Aufwertung dieses flexiblen Instruments und der formalen Gleichstufigkeit der drei Instrumente in § 1 ROG bleibt die raumordnerische Zusammenarbeit jedoch insoweit nachrangig als sie der „Vorbereitung oder Verwirklichung von Raumordnungsplänen oder von sonstigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen“ dient[195] und somit nur auf diese Instrumente Bezug nehmend Gestaltungskraft erlangen kann.
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Die raumordnerische Zusammenarbeit umfasst natürlich auch weiterhin die Zusammenarbeit von Bund und Ländern, welche in § 24 ROG n.F. geregelt ist. Sie erfolgt hinsichtlich grundsätzlicher Angelegenheiten[196] der Raumordnung gem. § 24 Abs. 1 ROG durch die Ministerkonferenz für Raumordnung[197] (MKRO). Als politisches Gremium zur gegenseitigen Abstimmung und Unterrichtung zwischen Bund und Ländern wird sie auch als „Plattform zur strategisch-programmatischen Kooperation“[198] bezeichnet. Vertreten sind dort das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie die für die Raumordnung zuständigen obersten Landesbehörden. Die Leitbilder nach § 24 Abs. 2 ROG, die von der Ministerkonferenz beschlossen werden können, sind jedoch nicht rechtsverbindlich, sondern lediglich idealisierte Orientierungshilfen, aus denen die Ziele und Grundsätze der Raumordnung entwickelt werden[199]. Zu beachten sind auch die allgemeine Auskunftspflicht von Bund und Ländern nach § 24 Abs. 4 ROG, sowie die Beteiligungspflicht im europäischen Raum und Kooperationspflicht bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Nachbarländern nach § 24 Abs. 3 ROG.
II. Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen (Raumordnungsverfahren)
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Das dritte Kerninstrument nach § 1 Abs. 1 ROG ist die formelle Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen. Durch die weite Definition der raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG werden somit auch Maßnahmen Privater und anderer umfasst.
Die Abstimmung erfolgt hauptsächlich durch das Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG: Es ist nach § 15 Abs. 1 S. 1 ROG ein besonderes Verfahren zur behördlichen Prüfung der Raumverträglichkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen i.S.v. § 1 RoV[200], im Rahmen dessen insbesondere die raumbedeutsamen Auswirkungen der Planungen oder Maßnahmen unter überörtlichen Gesichtspunkten, die Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ROG) und die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen geprüft werden. Hierbei besteht Raum für ergänzende Vorschriften der Länder (§ 27 Abs. 3 ROG). Die Prüfung der Raumverträglichkeit durch das Raumordnungsverfahren kann gem. § 15 Abs. 1 S. 4 ROG dann unterbleiben, wenn sie anderweitig gesichert ist. Unter den neu eingeführten Bedingungen des § 16 ROG kann schließlich auch ein vereinfachtes Raumordnungsverfahren eingeleitet werden.
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Welche Planungen und Maßnahmen erfasst werden – sofern sie im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben – wird in § 1 RoV katalogartig und nicht abschließend aufgelistet; beispielshaft zu nennen wären der Bau einer Bundesfernstraße nach § 16 BFernStrG, die Anlage und wesentliche Änderung eines Flugplatzes nach § 8 LuftVG oder die Errichtung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben. Das Raumordnungsverfahren wird dabei von Amts wegen eingeleitet. Gem. § 15 Abs. 2 S. 1 ROG muss zunächst der Träger der raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme der zuständigen Landesbehörde die Verfahrensunterlagen vorlegen, die notwendig sind, um eine Bewertung der raumbedeutsamen Auswirkungen des Vorhabens zu ermöglichen. Weiterhin müssen gem. § 15 Abs. 3 S. 1 ROG die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 ROG) und die Öffentlichkeit beteiligt werden, wenn nicht die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Raumordnungsverfahren nach § 16 ROG vorliegen. Bei erheblichen Auswirkungen gilt dies auch für Nachbarstaaten gem. § 15 Abs. 3 S. 6 ROG. Die inhaltliche Prüfung im Allgemeinen bleibt dagegen teils oberflächlich; insbesondere werden keine detaillierten Unterlagen zu dem Vorhaben verlangt. Dies hängt nicht nur damit zusammen, dass es sich bei der zu überprüfenden möglichen Beeinflussung der Raumentwicklung zunächst um eine Prognose auf Grundlage von noch nicht abschließend geklärten unternehmerischen Absichten handelt, sondern auch dass das Raumordnungsverfahren nur ein vorgelagertes Verfahren für die Bauleitplanung oder das fachliche Zulassungsverfahren darstellt[201]. Diese Vorverlagerung ist jedoch auch die Stärke des Raumordnungsverfahrens, da es in einem früheren Stadium der Planung bereits ermöglicht, unter Abwägung aller Umstände Alternativen und Variationen der Detailplanung zu beleuchten[202].
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Da die Ergebnisse von Raumordnungsverfahren gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG sonstige Erfordernisse der Raumordnung sind[203], ergibt sich deren Rechtswirkung aus § 4 ROG; sie sind demnach je nachdem, ob es sich um eine raumbedeutsame Planung oder Maßnahme bzw. behördliche Entscheidung nach § 4 ROG handelt, im Rahmen der Abwägungs- oder Ermessensentscheidung oder generell zu berücksichtigen. Dieses Ergebnis des Raumordnungsverfahrens wird in den Landesplanungsgesetzen teilweise als raumordnerische oder landesplanerische Beurteilung bezeichnet (z.B. § 18 Abs. 3 S. 1 BaWüLPlG) und ist hinsichtlich ihrer Rechtsnatur umstritten. Die wohl überwiegende Ansicht geht davon aus, dass ihm keine Rechtsqualität zukommt und es sich insbesondere nicht um einen Verwaltungsakt handelt[204].
III. Die Untersagung von Planungen und Maßnahmen
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Gem. § 12 ROG besteht für die Raumordnungsbehörde die Möglichkeit, Planungen und Maßnahmen, die gegen Ziele der Raumordnung verstoßen, zu untersagen. Die Untersagung kann gem. § 12 Abs. 1 ROG, wenn Ziele der Raumordnung entgegenstehen, dauerhaft oder im Fall des § 12 Abs. 2 ROG im Aufstellungs-, Änderungs- oder Ergänzungsstadium von Raumordnungsplänen für maximal drei Jahre befristet erfolgen, wenn die begründete Befürchtung besteht, dass die Verwirklichung der vorgesehenen Ziele der Raumordnung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird. Rechtsbehelfe gegen Untersagungen haben