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4. Durchsetzbarkeit der Beteiligungsrechte gemäß §§ 111 ff. BetrVG
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Besteht zwischen den Betriebsparteien Streit über die Frage, ob überhaupt eine Betriebsänderung i.S. d § 111 BetrVG vorliegt, kann der Betriebsrat seine Ansprüche im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren geltend machen und die gerichtliche Feststellung beantragen, dass die geplante Maßnahme eine Betriebsänderung sei, die den Unternehmer zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan verpflichte.[435]
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Der gerichtliche Beschluss bindet Arbeitgeber und Betriebsrat und entfaltet darüber hinaus auch Bindungswirkung im Verhältnis zu einzelnen Arbeitnehmern, die einen Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG geltend machen.[436] Stellt das Gericht fest, die geplante Maßnahme löse keine Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus (der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, einen Interessenausgleich zu versuchen und einen Sozialplan aufzustellen), sind die Gerichte in späteren Verfahren, in denen ein Arbeitnehmer einen Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG fordert, an diese Entscheidung gebunden.
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Führt der Arbeitgeber die Maßnahme vor Abschluss des Beschlussverfahrens durch, kann nur noch über die Verpflichtung zur Aufstellung eines Sozialplans gestritten werden. Für die Feststellung, der Arbeitgeber müsse einen Interessenausgleich versuchen, besteht kein Rechtsschutzinteresse mehr.[437]
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Kommt der Arbeitgeber seiner Pflicht zur rechtzeitigen Unterrichtung und Beratung nicht nach, hat der Betriebsrat die Möglichkeit, einen Antrag auf Erfüllung der Unterrichtungspflichten zu stellen. Diesen Anspruch kann er auch im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen.[438] Die Vollstreckung richtet sich nach § 85 ArbGG i.V.m. § 888 ZPO. Bei schweren (wiederholten) Verstößen des Unternehmers gegen die Pflicht zur Unterrichtung und Beratung kommt ein Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG in Betracht. Daneben kann eine Ordnungswidrigkeit gem. § 121 vorliegen, die mit einer Geldbuße bis zu 10 000,00 € geahndet wird (§ 121 Abs. 2 BetrVG).[439]
a) Unterlassungsanspruch
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Ob der Betriebsrat zur Sicherung der Mitwirkungsrechte nach den §§ 111 ff. BetrVG eine einstweilige Verfügung beantragen kann, mit welcher dem Arbeitgeber untersagt wird, eine Betriebsänderung durchzuführen, etwa betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, bis das Interessenausgleichsverfahren abgeschlossen ist, ist umstritten. Nach zutreffender Ansicht spricht gegen einen solchen Unterlassungsanspruch bereits, dass der Gesetzgeber mit dem Nachteilsausgleich gem. § 113 Abs. 3 BetrVG anders als bei der Mitbestimmung gem. § 87 BetrVG eine ausdrückliche Sanktion für die Nichtbeachtung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats vorgesehen hat. Daneben ist kein Raum für ein eigenständiges Recht des Betriebsrats zu einer präventiven Verhinderung eines vorzeitigen Abbruchs von Interessenausgleichsverhandlungen.[440]
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In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wird die Frage allerdings zum Teil bejaht.[441] So hat etwa das LAG Hamm in einer Entscheidung vom 17.12.2015 festgehalten, dass ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrates im Zusammenhang mit der Durchführung von Betriebsänderungen „nicht grundsätzlich ausgeschlossen“ sei.[442] Dieser Anspruch diene – so das LAG Hamm einschränkend – der Sicherung des Verhandlungsanspruchs. Ein Unterlassungsanspruch sei daher ausgeschlossen, wenn die Betriebsänderung bereits durchgeführt worden ist.
b) Nachteilsausgleichsansprüche gemäß § 113 BetrVG
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Weicht der Arbeitgeber von einem Interessenausgleich über eine geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen (§ 113 Abs. 1 BetrVG). Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung von einem Interessenausgleich andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer nach § 113 Abs. 2 BetrVG diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen. Entsprechendes gilt nach § 113 Abs. 3 BetrVG, wenn eine geplante Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durchgeführt wird, ohne dass über sie ein Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht wurde, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.
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Ein Unternehmer setzt sich damit gegenüber seinen Arbeitnehmern nicht nur dann einem Anspruch auf Nachteilsausgleich aus, wenn er über die Regelungen des Interessenausgleichs hinaus Maßnahmen umsetzt, ohne hierfür einen zwingenden Grund zu haben, ihm also praktisch keine andere Wahl bleibt,[443] sondern auch dann, wenn er das Verfahren betreffend eine Einigung zum Abschluss eines Interessenausgleichs nicht – einschließlich des Verfahrens bzw. des „Versuchs“ einer Einigung vor der Einigungsstelle – ausschöpft.[444]
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Nach der Rechtsprechung des BAG ist der Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG eine Sanktion für das betriebsverfassungswidrige Verhalten eines Arbeitgebers, der seiner gesetzlichen Beratungspflicht bei Betriebsänderungen nicht genügt hat.[445] Der Anspruch soll die vorgeschriebene Beteiligung des Betriebsrats an einer unternehmerischen Maßnahme sicherstellen.[446] § 113 BetrVG ist allerdings keine bußgeldähnliche Verpflichtung mit Strafcharakter. Die Vorschrift sanktioniert ein betriebsverfassungswidriges Verhalten nur in den Fällen, in denen die von der unternehmerischen Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren oder sonstige wirtschaftliche Nachteile erleiden.[447] Die betroffenen Arbeitnehmer sollen eine gewisse Entschädigung dafür erhalten, dass eine im Gesetz vorgesehene Beteiligung unterblieben und damit eine Chance nicht genutzt worden ist, einen Interessenausgleich zu finden, der Entlassungen vermeidet oder wirtschaftliche Nachteile abmildert. Der Anspruch entsteht unabhängig von einem Verschulden des Arbeitgebers oder dem späteren Zustandekommen eines Sozialplans.[448] Der Arbeitgeber bleibt dem Anspruch selbst dann ausgesetzt, wenn die Betriebsänderung nicht sozialplanpflichtig ist.[449] Auch wird der Anspruch auf Nachteilsausgleich durch einen späteren Sozialplan nicht beseitigt.[450]
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Ein mit dem Betriebsrat vereinbarter, zeitlich unbefristeter Sozialplan, der für alle künftig aus betrieblichen Gründen entlassenen Arbeitnehmer die Zahlung von Abfindungen vorsieht, entbindet den Arbeitgeber nicht von seiner Pflicht, bei später von ihm geplanten Betriebsänderungen jeweils einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat zu versuchen. Unterlässt er dies, so können die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer Abfindungen nach § 113 Abs. 3 BetrVG in Verbindung mit § 113 Abs. 1 BetrVG verlangen.[451]
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Bei der Festsetzung der Höhe des Nachteilsausgleichs ist das Gericht nicht an die Grenzen des § 112 Abs. 5 Satz 2 BetrVG gebunden und hat die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitgebers außer Acht zu lassen.[452] Er hängt auch nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit oder individuellen Leistungsbereitschaft