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Das Verbot, Sozialplanleistungen von einem entsprechenden Verzicht abhängig zu machen, darf dadurch allerdings nicht umgangen werden.[329] Eine solche Umgehung kann nach Ansicht des BAG etwa dann vorliegen, wenn der Sozialplan keine „angemessene“ Abmilderung der wirtschaftlichen Nachteile vorsieht[330] oder wenn „greifbare Anhaltspunkte“ für die Annahme bestehen, dem “an sich” für den Sozialplan zur Verfügung stehenden Finanzvolumen seien zum Nachteil der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer Mittel entzogen und funktionswidrig im “Bereinigungsinteresse” des Arbeitgebers eingesetzt worden.[331] Die Beurteilung der Frage, wann eine solche Umgehung vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des BAG eine Einzelfallfrage.
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Nicht zu beanstanden war nach Ansicht des BAG in dem der Entscheidung vom 31.5.2005[332] zugrundeliegenden Fall, dass die Betriebsparteien den (wahlweisen) Anspruch auf die Teilnahme an einem Outplacement-Programm oder eine weitere Abfindung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht wurde.
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Als mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz grundsätzlich vereinbar werden auch Regelungen angesehen, wonach die Betriebsparteien bei Abfindungsansprüchen zwischen Arbeitnehmern unterscheiden, denen infolge der Betriebsänderung gekündigt worden ist, und solchen, die ihr Arbeitsverhältnis aus eigener Initiative beendet haben. Die Betriebsparteien können – so das BAG – davon ausgehen, dass Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis selbst beenden, durch die Betriebsänderung keinen Nachteil erleiden. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Eigenkündigung oder der Aufhebungsvertrag vom Arbeitgeber veranlasst worden ist. Gekündigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmer, die auf Grund einer Eigenkündigung oder eines Aufhebungsvertrages ausgeschieden sind, sind danach grundsätzlich gleich zu behandeln.[333] Eine Veranlassung in diesem Sinne liegt vor, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung bestimmt, selbst zu kündigen oder einen Aufhebungsvertrag zu schließen, um so eine sonst notwendig werdende Kündigung seitens des Arbeitgebers zu vermeiden.[334]
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Wenn die wirtschaftlichen Nachteile einer Betriebsänderung nicht aus Entlassungen resultieren, kommen in Sozialplänen etwa folgende Ausgleichsmaßnahmen in Betracht: Ausgleichszahlungen bei Versetzungen, (teilweise) Kostenübernahme für Umschulungs- bzw. Weiterbildungsmaßnahmen sowie Bewerbungs- und Fahrtkosten, ferner die (anteilige) Übernahme von Umzugskosten und vergleichbare Leistungen.
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Wichtig ist in der Praxis auch, im Sozialplan Regelungen zur Fälligkeit etwaiger Ansprüche zu treffen. Fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung, sind Ansprüche mit ihrer Entstehung, das heißt dann, wenn in ihre Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, fällig. Für Ansprüche auf Abfindungen ist dies grundsätzlich der Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zulässig ist aber eine Vereinbarung in einem Sozialplan, nach der die Fälligkeit der Abfindung auf den Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses eines Kündigungsrechtsstreites hinausgeschoben[335] und bestimmt wird, dass eine Abfindung nach den §§ 9, 10 KSchG auf die Sozialplanabfindung anzurechnen ist.[336]
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Darüber hinaus können Ausschlussfristen für Abfindungen (und andere Leistungen) im Sozialplan vereinbart werden.[337] Abfindungsansprüche aus Sozialplänen werden zudem von üblichen tariflichen Ausschlussklauseln erfasst, sofern diese „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ erfassen.[338] Ob eine tarifliche Ausschlussklausel aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf Tarifverträge eingreift, ist je nach Einzelfall im Wege der Auslegung zu ermitteln.[339]
cc) Transferregelungen
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Neben Abfindungsregelungen ist bei Entlassungen regelmäßig der Einsatz von Transfergesellschaften (auch „Beschäftigungsgesellschaft“, „BQG“ oder „Transfer- und Personalentwicklungsgesellschaft“ genannt) ein wichtiges Gestaltungsmittel.[340]
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Solche Gesellschaften können von den betroffenen Arbeitgebern für den jeweiligen Einzelfall gegründet werden (ggf. über den Einsatz von Vorratsgesellschaften), d.h. als konzerninterne Transfergesellschaft, oder aber über die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern errichtet werden.
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Um den Restrukturierungsprozess zu beschleunigen und Kündigungsschutzverfahren zu vermeiden, sehen die Vereinbarungen zur Einbindung von Transfergesellschaften in der Regel vor, dass den betroffenen Arbeitnehmern eine einvernehmliche Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse sowie die Begründung eines befristeten Arbeitsvertrages mit der Transfergesellschaft angeboten werden. Der Beginn der Transfergesellschaft wird dabei regelmäßig so gewählt, dass die betroffenen Arbeitnehmer vor Ablauf ihrer ordentlichen Kündigungsfrist in die Transfergesellschaft wechseln. Sie bringen in diesem Fall ihre Kündigungsfrist (teilweise) in die Transfergesellschaft ein, was der (anteiligen) Finanzierung der Beschäftigung in der Transfergesellschaft dient.
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Aber auch für die Arbeitnehmer hat die Transfergesellschaft Vorteile: Das Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft ist ein reguläres sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis. Erst im Anschluss an das Ausscheiden aus der Transfergesellschaft beginnt eine etwaige Arbeitslosigkeit der betroffenen Arbeitnehmer. Der Wechsel in die Transfergesellschaft ermöglicht den Arbeitnehmern damit eine Bewerbung und Qualifizierung ohne den „Makel“ der Arbeitslosigkeit. Zudem liegen die Bezüge in der Transfergesellschaft nicht zuletzt aufgrund der Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers in der Regel deutlich über dem Arbeitslosengeld.
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Finanziert wird die Transfergesellschaft in der Regel durch das sog. Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 SGB III. Ein entsprechender Anspruch setzt voraus, dass (und solange) die betreffenden Arbeitnehmer von einem „dauerhaften nicht vermeidbaren Arbeitsausfall mit Entgeltausfall“ betroffen sind (§ 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III) und die betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen des § 111 SGB III vorliegen.
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Ein „dauerhafter Arbeitsausfall“ liegt nach § 111 Abs. 2 SGB III vor, wenn „auf Grund einer Betriebsänderung“ i.S.d. § 110 Abs. 1 Satz 3 SGB III die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend entfallen. Infolge des Verweises auf § 110 Abs. 1 Satz 3 SGB III gilt als Betriebsänderung „eine Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG, unabhängig von der Unternehmensgröße und unabhängig davon, ob im jeweiligen Betrieb das Betriebsverfassungsgesetz anzuwenden ist“ (§ 110 Abs. 1 Satz 3 SGB III).
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Die