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Drittens, und hier handelt es sich um das am schwierigsten zu interpretierende Kriterium, darf ein Vertrag zur Änderung des Primärrechts nach Auffassung des Conseil constitutionnel die „Grundvoraussetzungen der nationalen Souveränität“ („conditions essentielles d’exercice de la souveraineté nationale“) nicht beeinträchtigen.[51] Bei dieser Formulierung handelt es sich um einen vom Conseil constitutionnel geprägten Begriff. Zwei Bestimmungen der Verfassung beziehen sich auf die Souveränität: Art. 3 CF, nach dem „die nationale Souveränität dem Volk gehört“, und die Präambel von 1946, die „zur Organisation und Erhaltung des Friedens erforderliche Souveränitätsbeschränkungen“ zulässt. Ausgehend vom Begriff der Souveränität, wie er im Verfassungstext verwendet wird, hat der Conseil constitutionnel Schlussfolgerungen gezogen, deren Konturen er nie klar definiert hat, deren Sinn jedoch vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechungslinie begreifbar wird. Das vom Conseil constitutionnel vertretene Souveränitätskonzept ist national. Die vom Vertrag von Maastricht eingeführte Anerkennung des Kommunalwahlrechts für Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten war daher unvereinbar mit der Verfassung, gelten als Wähler nach der Verfassung doch ausschließlich Staatsbürger (Art. 3). Zudem werden die Senatoren von einem Kollegium berufen, in dem auch Gemeinderäte sitzen. Und der Senat, die zweite Kammer, vertritt die Gebietskörperschaften und übt die nationale Souveränität direkt aus (Art. 24 CF). Nur französische Staatsbürger können deshalb diejenigen bestimmen, die ihrerseits die Senatsmitglieder berufen. Diese Grundvoraussetzungen für die Ausübung der nationalen Souveränität sind nicht eingehalten, wenn sich auch Ausländer an der Wahl von Senatoren beteiligen.[52] Dagegen beeinträchtigt die Zulassung von ausländischen Unionsbürgern zu Europawahlen die nationale Souveränität nach Auffassung des Conseil constitutionnel insofern nicht, als das Europaparlament keine nationale Souveränität ausübt.[53] Die Beschäftigung von Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten im öffentlichen Dienst stellt gleichfalls keine Beeinträchtigung der nationalen Souveränität dar, weil „von der Souveränität nicht zu trennende“ Funktionen Staatsbürgern vorbehalten bleiben können (Art. 39 Abs. 4, 45 EG).[54]
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Im Übrigen darf die Ausübung der Souveränität in ihren vom Conseil constitutionnel 1985 beschriebenen Grundvoraussetzungen („conditions essentielles“) nicht in Frage gestellt werden,[55] d.h. die Pflicht des Staates, die Institutionen zu respektieren und das Fortleben der Nation zu gewährleisten. Da beide Grundvoraussetzungen relativ vage sind, kann nur die Rechtsprechung ihre Konkretisierung im Einzelfall leisten. Deshalb verlangt der Conseil constitutionnel, dass oberhalb einer gewissen Schwelle die Übertragung von Kompetenzen auf internationale Einrichtungen einer Verfassungsänderung bedarf, insbesondere in mit der Souveränität traditionell verbundenen Bereichen wie Währung, Polizei und Justiz. Diese Schwelle ist überschritten, wenn die Kompetenzübertragung zu weitreichend ist oder die Regeln zur Beschlussfassung die Entscheidungsfreiheit Frankreichs nicht wahren. Die Bestimmungen des Vertrages von Maastricht zur Einführung des Euro wurden vor diesem Hintergrund als nicht mit der Verfassung vereinbar beurteilt, da mit ihnen die gesamte Währungskompetenz aufgegeben wurde. In der Visumspolitik (früher Art. 100 C EGV) entsprachen die Regeln der Beschlussfassung nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Namentlich wahrte der vorgesehene Entscheidungsmodus im Ministerrat nicht ausreichend die Entscheidungsbefugnis der französischen Institutionen, da hier die Einstimmigkeitsregel im Jahr 1996 aufgegeben worden war. Diese Aufgabe kann zwar die Übernahme von Gemeinschaftsregelungen erleichtern; doch ermöglicht sie durch den Verlust des Vetorechts auch, einem Staat Regelungen aufzuzwingen, die er ablehnt. Aus den gleichen Gründen wurden die Regelungen des Amsterdamer Vertrages über die in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallende Einwanderungs- und Asylpolitik (Art. 63ff. EG) als unvereinbar mit den „Grundvoraussetzungen der Souveränitätsausübung“ erachtet. Das Einstimmigkeitserfordernis im Ministerrat blieb zwar für eine Dauer von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages bestehen, doch war danach der Übergang zur qualifizierten Mehrheit und Mitentscheidung des Europäischen Parlaments bereits vorgesehen – in einigen Bereichen bindend und in anderen fakultativ (Art. 67 EG). Als logische Folge aus dieser Rechtsprechung vertrat der Conseil constitutionnel schließlich auch die Auffassung, dass die im VVE vorgesehenen Kompetenzübertragungen die „Grundvoraussetzungen der Souveränitätsausübung“ beeinträchtigten und daher mit der Verfassung nicht vereinbar waren. Gleiches galt für die Übertragung von Zuständigkeiten in Bereichen, die bis dahin der „Dritten Säule“ der EU zuzurechnen waren: Grenzkontrollen sowie die Zusammenarbeit der Justiz im Zivil- und Strafrecht (Art. III-265ff. VVE). Auch wurde die Schaffung einer europäischen Staatsanwaltschaft (Art. III-274 VVE), einer gänzlich neuen Kompetenz, für mit der französischen Verfassung unvereinbar erklärt. Das galt nach Auffassung des Conseil constitutionnel schließlich auch für die im VVE vorgesehenen Verfahrensänderungen bei der Beschlussfassung auf Gemeinschaftsebene. Konsequenterweise hat er deshalb die Bestimmungen über den vorgesehenen obligatorischen oder fakultativen Übergang zur qualifizierten Mehrheit im Rat für Bereiche der ehemals Zweiten und Dritten Säule (Art. III-270ff., Art. III-300 VVE), die Entscheidungsbefugnis des Europaparlaments im Hinblick auf den Euro (Art. III-191 VVE) oder die verstärkte Zusammenarbeit (Art. III-419 VVE) und das gemeinsame Initiativrecht eines Viertels der Mitgliedstaaten im Bereich von Eurojust oder der Polizeikooperation (Art. III-264 VVE) als nicht im Einklang mit der Verfassung stehend deklariert.
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Wann immer der Conseil constitutionnel eine Unvereinbarkeit zwischen Vertrag und Verfassung festgestellt hat, wurde die französische Verfassung dahingehend geändert, dass der Widerspruch zwischen Verfassung und Vertrag beseitigt wurde.[56] Im Juni 1992 sprach sich das Parlament mit großer Mehrheit für die Aufnahme neuer Artikel in die Verfassung aus. Seither autorisiert Art. 88–2 CF „die zur Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion erforderlichen Kompetenzübertragungen“ sowie die „zur Festlegung der Regelungen über die Überschreitung der äußeren Grenzen der Mitgliedstaaten der europäischen Gemeinschaft“ erforderlichen Kompetenzübertragungen. Art. 88–3 CF ermöglicht es, in Frankreich ansässigen Unionsbürgern anderer Mitgliedstaaten das Wahlrecht bei Kommunalwahlen einzuräumen. Die Beteiligung an Senatswahlen ist ihnen gleichwohl untersagt; auch können sie nicht das Amt eines Bürgermeisters oder seines Stellvertreters bekleiden. Der Conseil constitutionnel hatte in seiner Entscheidung[57] zwar keinen Bezug auf den Sonderfall der Bürgermeister und ihrer Stellvertreter genommen; doch haben Regierung und Parlament entschieden, auf die vom Vertrag eingeräumte Ausnahmeregelung, wenn „für einen Staat spezifische Probleme dies rechtfertigen“ (Art. 19 EG), zurückzugreifen. In Frankreich sind die Bürgermeister und ihre Stellvertreter nicht nur Repräsentanten der lokalen Bevölkerung. In ihrer Eigenschaft als Beamte der Kriminalpolizei und des Standesamtes, die ferner mit der Bekanntmachung von Gesetzen und Vorschriften beauftragt sind, repräsentieren sie auch den Staat. Es bestand deshalb Einvernehmen darüber, dass diese im Auftrag des Staates übernommenen Funktionen nur Franzosen anvertraut werden können.[58]
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Vor Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages modifizierte das Verfassungsgesetz vom 25. Januar 1999 Art. 88–2 Abs. 2 CF, so dass dieser nunmehr die „zur Festlegung der