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Meistens legt der Verkäufer den Eigentumsvorbehalt in seinen AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) fest. Neben dem eben beschriebenen einfachen Eigentumsvorbehalt kommt in der Praxis häufig der erweiterte Eigentumsvorbehalt (hier wird die Eigentumsübertragung an der Sache davon abhängig gemacht, dass der Käufer sämtliche offene Forderungen gegenüber dem Verkäufer beglichen hat) und der verlängerte Eigentumsvorbehalt (hier darf der Vorbehaltskäufer die Sache bereits verarbeiten oder weiterveräußern, bevor er tatsächlich Eigentümer der Sache geworden ist) vor.
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Übungsfall Eigentumsvorbehalt
Bernd Steinmeyer kauft bei der Teleschön GmbH am 12. Januar 2019 ein neues Fernsehgerät zum Preis von 1.299 €. Da Bernd Steinmeyer aufgrund der kürzlich getätigten Weihnachtsgeschenke knapp bei Kasse ist, vereinbart er mit der Teleschön GmbH, dass er 299 € sofort bezahle und den Rest in monatlichen Raten von je 200 € abstottern werde. In den AGB der Teleschön GmbH, die wirksam in den Kaufvertrag einbezogen wurden, ist bei Ratenzahlung ein Eigentumsvorbehalt vorgesehen. Im Monat April beschließt Bernd Steinmeyer, seine Zahlungen einzustellen. Nach mehreren Mahnungen verliert die Teleschön GmbH die Geduld und schreibt Herrn Steinmeyer, dass wenn er den noch offenen Betrag nicht umgehend begleiche, sie das Fernsehgerät abholen lassen würden. Steinmeyer ist der Auffassung, das Fernsehgerät steht bei ihm, also sei er auch Eigentümer desselben.
Wie ist die Rechtslage?
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Lösung
Wäre Steinmeyer tatsächlich Eigentümer des Fernsehgerätes, so könnte er anderen, also auch der Teleschön GmbH verbieten, sein Gerät auch nur anzufassen. Dies ergibt sich aus § 903 BGB; also aus dem Sachenrecht.
Tatsächlich wurde jedoch zwischen ihm und der Teleschön GmbH Ratenzahlung vereinbart. Die AGB, die Vertragsgegenstand zwischen Steinmeyer und der Teleschön GmbH geworden sind, sehen in diesem Fall einen Eigentumsvorbehalt vor. Gem. § 449 BGB wird Steinmeyer erst dann Eigentümer des Fernsehers, wenn er tatsächlich den vollständigen Kaufpreis bezahlt hat. Dies ist nicht der Fall. Die Teleschön GmbH kann somit als Eigentümerin das Gerät von ihm gem. § 985 BGB heraus verlangen.
Weiterführende Literatur
Johannes Heyers, Grundstrukturen des Eigentumvorbehalts, JURA 2016, S. 961-968. Florian Hofmann, Der Zeitpunkt der Übergabe beim Eigentumsvorbehalt, JA 2014, S. 178-183. Olaf Sosnitza/Stefan Leible, Grundfälle zum Recht des Eigentumsvorbehalts, JuS 2001, S. 341-347; S. 449-456; S. 556-559.
E › Einseitig verpflichtender Vertrag
Einseitig verpflichtender Vertrag
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Einseitig verpflichtende Verträge (Vertrag) sind Verträge, durch die eine Partei ausschließlich berechtigt und die andere ausschließlich verpflichtet wird. Anders ausgedrückt: Eine Partei verpflichtet sich zur Erbringung einer Leistung, ohne dass für die andere Partei Haupt- oder Nebenleistungspflichten begründet werden. Deswegen gibt es bei einseitig verpflichtenden Verträgen auf der einen Seite nur Gläubiger (Gläubiger und Schuldner) und auf der anderen Seite nur Schuldner.
E › Einseitig verpflichtender Vertrag › Erläuterungen
Erläuterungen
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Da es in der menschlichen Natur liegt, regelmäßig nur dann etwas zu leisten, wenn es eine entsprechende Gegenleistung gibt, sind einseitig verpflichtende Verträge im Wirtschaftsleben die Ausnahme. Wichtige Beispiele für einseitig verpflichtende Verträge sind der Schenkungsvertrag (§ 516 BGB) und der Bürgschaftsvertrag (Bürgschaftsvertrag) (§ 765 BGB).
Auch einseitig verpflichtende Verträge sind Verträge! D. h. auch sie kommen nur durch zwei sich entsprechende Willenserklärungen (Antrag und Annahme) zustande. Einseitig verpflichtende Verträge sind deswegen streng von einseitigen Rechtsgeschäften (Rechtsgeschäft), die aufgrund nur einer Willenserklärung (Willenserklärung) zustande kommen, zu unterscheiden!
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Übungsfall einseitig verpflichtender Vertrag
Tante Gustl möchte ihrem 20-jährigen Neffen Tobias ihre Stühle mit Herzmotiv schenken. Tobias ist nicht interessiert. Tante Gustl meint „einem geschenkten Gaul sieht man nicht ins Maul“. Ob Tobias die Stühle haben möchte oder nicht, beim Schenkungsvertrag käme es nicht auf den Willen des Beschenkten an. Wie ist die Rechtslage?
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Lösung
Zu prüfen ist, ob zwischen Tobias und Tante Gustl ein wirksamer Schenkungsvertrag gem. § 516 BGB zustande gekommen wäre. Ein Vertrag, auch ein einseitig verpflichtender wie der Schenkungsvertrag, setzt stets zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Dies ist in unserem Fall nicht gegeben. Tobias bringt eindeutig zum Ausdruck, dass er an den Stühlen nicht interessiert ist. Infolgedessen kam kein wirksamer Schenkungsvertrag gem. § 516 BGB zustande.
E › Einreden und Einwendungen
Einreden und Einwendungen
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Die Einrede ist ein Verteidigungsmittel des Schuldners. Steht dem Schuldner eine Einrede zu, so hat er ein Leistungsverweigerungsrecht.
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Die Einwendung ist die Geltendmachung des Schuldners des Nichtbestehens eines Rechts.
E › Einreden und Einwendungen › Erläuterungen
Erläuterungen
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Innerhalb der Einreden unterscheidet man zwischen den peremptorischen Einreden, d. h. solche Einreden, die es dem Schuldner dauerhaft ermöglichen, die Leistung zu verweigern (wichtigstes Beispiel: Einrede der Verjährung gem. § 214 BGB) und den dilatorischen Einreden, d. h. solche Einreden, die es dem Schuldner vorübergehend ermöglichen, die Leistung zu verweigern.
Beispiele:
Einrede