Sofern der Täter nicht Leib oder Leben eines anderen Menschen, sondern eine Sache gefährdet, muss diese fremd sein und von bedeutendem Wert.
Der Wert der Sache hängt dabei weniger vom Verkehrswert ab, sondern v.a. von dem drohenden Schaden, der anhand der Reparaturkosten ermittelt werden kann. Nach Auffassung des BGH[43] liegt dieser Wert noch immer bei 750,00 €. Nach der Gegenauffassung ist die Grenze bei ca. 1300 € anzusetzen.[44]
Fremd sind die Tatobjekte, wenn sie weder im Allein- oder Miteigentum des Täters stehen noch herrenlos sind.[45]
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Damit scheidet das eigene Fahrzeug des Täters aus.
Sofern der Täter mittels des Fahrzeugs einen ausnahmsweise von § 315b erfassten Eingriff vornimmt und dabei zugleich nur dieses Fahrzeug gefährdet, scheidet nach überwiegender Auffassung auch dieses Fahrzeug als Tatobjekt aus, da das notwendige Tatmittel nicht zugleich das geschützte Tatobjekt sein kann.[46]
Hinweis
Dieses Problem wird eher bei § 315c relevant, da hier der Eingriff immer durch das Führen eines Fahrzeugs bewirkt wird. „Durch“ dieses Führen muss dann eine Gefahr für andere Rechtsgüter u.a. auch für fremde Sachen entstehen. Hier ergibt sich schon aus dem Wortlaut, dass eine Gefahr, die „durch“ ein Fahrzeug verursacht werden muss, nicht zugleich auch eine Gefahr „für“ das Fahrzeug sein kann.
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Die konkrete Gefährdung muss „durch“ eine der Tathandlungen der Nr. 1 bis 3 eingetreten sein. Dies ist der Fall, wenn
• | die Tathandlung i.S.d. conditio-sine-qua-non-Formel kausal für die eingetretene Gefahr war und |
• | die konkrete Gefahr unmittelbar (objektiv zurechenbar) auf der Tathandlung beruht.[47] Dies bedeutet, dass sich die spezifische Gefährlichkeit der Tathandlung in typischer Weise in der konkreten Gefahr realisiert haben muss. |
In diesem Zusammenhang können sämtliche Fallgruppen relevant werden, die Ihnen von der objektiven Zurechnung bekannt sind, insbesondere die eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Opfers.
Sofern Sie Zeit haben, können Sie an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und Sie sich erneut mit diesen Fallgruppen auseinandersetzen, die im Skript „Strafrecht AT I“ dargestellt werden.
Beispiel
Aktivist A hat die Nase voll vom Feinstaub. Er möchte aus Protest die durch den Wald führende Landstraße blockieren und nimmt dabei auch Gefahren für die Autofahrer in Kauf. Als er den ersten Baum fällt, der eine Fahrspur blockieren soll, stellt er sich so dilettantisch an, dass der Baum auf einen zufällig anwesenden Spaziergänger fällt und diesen tötet.
Hier könnte A zwar mit dem Fällen des Baumes ein Hindernis bereitet haben. Die Gefahr für den Spaziergänger ist aber keine verkehrsspezifische, so dass eine Strafbarkeit gem. § 315b ausscheidet, sofern keine weitere Gefahr eingetreten ist.
2. Teil Straßenverkehrsdelikte › B. Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b › III. Subjektiver Tatbestand
1. Subjektiver Tatbestand des § 315b Abs. 1
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Der Täter muss mit Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung handeln, wobei dolus eventualis ausreicht. Beachten Sie, dass der Vorsatz des Täters sich lediglich auf die konkrete Gefährdung von Leib oder Leben bzw. der Beschädigung einer fremden Sache von bedeutendem Wert beziehen muss. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter auch mit der Verletzung des Tatobjektes rechnet, es sei denn, der Täter hat sein Kraftfahrzeug in verkehrsfeindlicher Absicht pervertiert, da in diesen Fällen ausnahmsweise ein Schädigungsvorsatz vorliegen muss.
2. Qualifikation gemäß § 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1a und b
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§ 315 Abs. 3 Nr. 1 ist aufgrund der Verweisung des Abs. 3 in § 315b eine Qualifikation zu § 315b Abs. 1. Diese Qualifikation zeichnet sich dadurch aus, dass der Täter zusätzlich zu dem normalen Tatbestandsvorsatz eine Absicht hat.
Gem. § 315 Abs. 3 Nr. 1a hat er die Absicht, durch die Tat einen Unglücksfall herbeizuführen.
Ein Unglücksfall liegt vor bei einem plötzlichen Eintritt eines erheblichen Personen- oder Sachschadens.[48]
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Gem. § 315 Abs. 3 Nr. 1b ist die Tat qualifiziert, wenn der Täter in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. Dabei muss die Handlung gem. § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 das Mittel zur Verdeckung oder Ermöglichung der Tat sein, sie darf nicht die Tat selbst sein. Wie bei § 211 auch ist es nicht erforderlich, dass tatsächlich eine Straftat begangen wurde. Beachten Sie, dass es nur auf die subjektive Vorstellung des Täters ankommt.
Unter Absicht ist in beiden Fällen dolus directus 1. Grades zu verstehen.
2. Teil Straßenverkehrsdelikte › B. Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b › IV. Rechtswidrigkeit
IV. Rechtswidrigkeit
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Bei der Rechtswidrigkeit kann diskutiert werden, ob eine Einwilligung des gefährdeten Rechtsgutsträgers eine Strafbarkeit des Täters nach § 315b ausschließt. Umstritten ist, ob ein disponibles Rechtsgut vorliegt, in dessen Verletzung der Gefährdete einwilligen kann. In der Klausur werden solche Fälle überwiegend in Zusammenhang mit § 315c diskutiert, wenn ein Beifahrer in Kenntnis der Alkoholisierung des Fahrers zu diesem ins Fahrzeug steigt und es zu einem Beinahe-Unfall kommt, bei welchem lediglich der Beifahrer konkret gefährdet wurde. Wir werden uns daher mit dieser Problematik ausführlich bei § 315c, dort unter Rn. 65 auseinandersetzen. Die dortigen Ausführungen können entsprechend auf § 315b übertragen werden.
Im Übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze.
2. Teil Straßenverkehrsdelikte › B. Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, § 315b › V. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination gem. § 315b Abs. 1 i.V.m. Abs. 4
V. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination gem. § 315b Abs. 1 i.V.m. Abs. 4
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Gem. § 315b Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 kann der Täter zwar vorsätzlich eine der Tathandlungen