2. EigenartEigenart
a) Unterschiedlichkeit
Das Merkmal der Eigenart hat das nach alter Rechtslage vor 2004 erforderliche Merkmal der „Eigentümlichkeit“ abgelöst (§ 1 Abs. 2 GeschmMG a.F.). Ein Design zeichnet sich nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung durch Eigenart aus, wenn sich der GesamteindruckGesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Design bei diesem Benutzer hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist (§ 2 Abs. 3 S. 1 DesignG). Wie der EuGH für die entsprechende Beurteilung der Eigenart eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters (i.S.v. Art. 6 GGV) entschieden hat, muss sich für die Bejahung der Eigenart eines Geschmacksmusters der Gesamteindruck, den dieses beim informierten Benutzer hervorruft, nicht von dem Gesamteindruck, den eine Kombination isolierter Elemente von mehreren älteren Geschmacksmustern hervorruft, unterscheiden, sondern von dem Gesamteindruck, den ein oder mehrere ältere Geschmacksmuster für sich genommen hervorrufen.1 Anders als die nach alter Rechtslage (vor 2004) maßgebliche „Eigentümlichkeit“ verbindet sich mit der Begrifflichkeit der „Eigenart“ kein Erfordernis einer „GestaltungshöheGestaltungshöhe“. Notwendig aber auch ausreichend ist vielmehr, dass sich der Gesamteindruck des Designs vom vorbekannten Formenschatz unterscheidet.2 Eine Überdurchschnittlichkeit der Gestaltung, ein in dieser zu Tage tretendes überdurchschnittliches Können des Designers, wie es nach alter Rechtslage im Rahmen der Eigentümlichkeit festzustellen war, ist nicht erforderlich. Entsprechend dem Begriff und Definition zugrunde liegenden Regelungszweck kommt es nicht auf qualitative Bewertungen, sondern allein auf die Unterschiedlichkeit im Verhältnis zu einem ähnlichen Design an, d.h. ein designgemäßes Erzeugnis soll im Markt als etwas von jedem anderen Design „Verschiedenes“ wahrgenommen werden. Auch eine durchschnittliche DesignerleistungDesign-erleistung kann sich folglich durch die für einen Schutz vorausgesetzte Eigenart auszeichnen, sofern sie im Vergleich mit dem vorbekannten Formenschatz ein ausreichendes Maß an „Anderssein“ aufweist.3
b) Grad der GestaltungsfreiheitEigenartGestaltungsfreiheit
Bei der Beurteilung der Eigenart ist der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Designs zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 3 S. 2 DesignG). Wie das EuG festgestellt hat, wird „der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers des Geschmacksmusters insbesondere durch die Vorgaben bestimmt, die sich aus den durch die technische Funktion des Erzeugnisses oder eines Bestandteils des Erzeugnisses bedingten Merkmalen oder aus den auf das Erzeugnis anwendbaren gesetzlichen Vorschriften ergeben. Je größer also die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters“ sei, desto weniger reichten „kleine Unterschiede zwischen den miteinander verglichenen Geschmacksmustern aus, um beim informierten Benutzer einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen. Je beschränkter umgekehrt die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters“ sei, desto eher genügten „kleine Unterschiede zwischen den miteinander verglichenen Geschmacksmustern, um beim informierten Benutzer einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorzurufen“.1 Die Anforderungen an die erforderliche Eigenart sind damit also keine absoluten, vielmehr kann bei eingeengter Gestaltungsfreiheit bereits ein verhältnismäßig geringfügiger Unterschied gegenüber dem nächstliegenden Design zur Begründung der Eigenart ausreichen. Die Gestaltungsfreiheit kann durch gattungsspezifische Erfordernisse an Gestaltung eingeschränkt sein. Als Beispiel anführen lassen sich insoweit Werkzeuge und ähnlich stark technisch geprägte Erzeugnisse, bei denen die FormFormGebunggebung stark funktionsbestimmt und daher die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers eingeschränkt ist. Folge ist, dass in diesen Fällen ausnahmsweise bereits Änderungen von Details dazu führen können, dass aus Sicht des Benutzers ein neuer und eigenartiger GesamteindruckGesamteindruck entsteht. Eine Einschränkung der Gestaltungsfreiheit kann sich ferner auch bei hoher DesigndichteDesignschutzDesigndichte in einer Erzeugnisklasse ergeben. Dies ist insbesondere in Produktbereichen der Fall, in denen das Design für die WertschätzungWert-schätzung des Produkts von großer Bedeutung oder sogar kaufentscheidend ist und, in denen wegen der Vielzahl der angebotenen, mit Schutzrechten belegten Wettbewerbsprodukten (= Designdichte) der Gestaltungsspielraum des Entwerfers bereits stark eingeschränkt ist. Beispiele für dicht besetzt Gebiete sind: PKW-Felgen, Küchenmöbel etc.2
3. NeuheitNeuheit-sschonfristsschonfristFristNeuheitsschon-
Schließlich ist im Zusammenhang mit der Prüfung der Schutzvoraussetzungen zu beachten, dass auch das Designgesetz – ebenso wie das Patent- und Gebrauchsmustergesetz (vgl. §§ 3 Abs. IV PatG, 3 Abs. 1 S. 3 GebrMG) – eine Neuheitsschonfrist vorsieht, nach der bestimmte Vorveröffentlichungshandlungen ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben. So bleiben Offenbarungen des Entwerfers, seines RechtsnachfolgerRechtsnachfolgers oder eines Dritten als Folge von Informationen oder Handlungen des Entwerfers oder seines Rechtsnachfolgers innerhalb einer Frist von 12 Monaten vor dem Anmeldetag bei der Beurteilung von Neuheit und Eigenart des Designs unberücksichtigt (§ 6 S. 1 DesignG). Die nach alter Gesetzeslage lediglich 6-monatige Neuheitsschonfrist wurde im reformierten Geschmacksmustergesetz 2004 auf 12 Monate verlängert. Die Neuheitsschonfrist hat den Zweck, den Entwerfer in die Lage zu versetzen, zunächst den Markterfolg seiner Designs – etwa durch Vorführungen oder Beschreibungen – abzuschätzen, um im Sinne der KostenKostenErsparnisersparnis nachfolgende Anmeldungen auf voraussichtlich marktgängige Designs beschränken zu können. Die Regelung kommt damit im Übrigen auch kleinen und mittleren Unternehmen zugute, die die rechtlichen Folgen von Vorveröffentlichungen oft nicht überblicken.1 Von der Neuheitsschonfrist erfasst werden jedoch nicht nur Vorveröffentlichungen im Sinne von § 6 S. 1 DesignG, die durch den Entwerfer selbst erfolgen oder auf einen befugten Informationserwerb von diesem zurückzuführen sind. Nach dem Gesetz bleibt ferner unberücksichtigt, wenn das Design als Folge einer missbräuchlichen Handlung gegen den Entwerfer oder seinen Rechtsnachfolger veröffentlicht wurde (§ 6 S. 2 DesignG). In Betracht kommt insoweit z.B. die Offenbarung eines dem Entwerfer entwendeten oder von einem Arbeitnehmer veruntreuten bisher noch nicht veröffentlichten Designs.2
III. Schutzausschluss
So wie die übrigen Sondergesetze im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes (vgl. §§ 2 PatG, 2 GebrMG, 3 Abs. 2, 8 MarkenG) enthält auch das Designgesetz im unmittelbaren Anschluss an die Normierung der Schutzvoraussetzungen einen Ausschlusstatbestand. Konkret handelt es sich um einen Regelungskatalog, aus dem sich ergibt, welche Erscheinungsmerkmale von Erzeugnissen und welche Designs von einem Schutz ausgeschlossen sind (vgl. § 3 DesignG).
1. Technische BedingtheitDesignschutztechnische Bedingtheit
Vom Designschutz ausgeschlossen sind danach zunächst Erscheinungsmerkmale von Erzeugnissen, die ausschließlich durch deren technische Funktion bedingt sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 DesignG). Der Designschutz setzt zwar, wie bereits aus den Ausführungen unter II. 2. b) hervorgeht, nicht voraus, dass ein Design ausschließlich ästhetische Merkmale aufweist. Andererseits ist die Grenze des Designschutzes dort erreicht, wo die Gestaltung eines Erzeugnisses ausschließlich durch die technische Funktion bedingt ist und seine technische Bedingtheit keinen Spielraum mehr für die Verwirklichung frei gewählter Erscheinungsmerkmale belässt (z.B. bejaht für die Form des Scherkopfes eines Rasierapparates, die Rippen von Zitruspressen – anders z.B. Profil von Fahrzeugreifen).1 Der Zweck der Regelung liegt auf der Hand: Technische Innovationen, für die nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des Patent- und Gebrauchsmusterrechts ein AusschließlichkeitsrechtAusschließlichkeitsrecht in Betracht kommt, sollen nicht durch die Gewährung eines Designrechtes auf ausschließlich technisch bedingte Gestaltungen behindert werden.2