14Veröffentlicht in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche 18 (1984).
15Dütz, in: Essener Gespräche 18 (1984), S. 67-115. Zwar seien die Schlichtungsstellen nach damaligem Recht als besondere kirchliche Gerichte anzusehen, weil sie den Anforderungen genügten, die nach rechtsstaatlichen Grundsätzen an Gerichte zu stellen seien (S. 105). Das Schlichtungsverfahren selbst wird aber nur kurz abgehandelt; die Bindungswirkung des Schiedsspruchs wird angesprochen, auf seine Durchsetzbarkeit jedoch nicht weiter eingegangen (S. 110/111).
16Im Vordergrund der Diskussion stand u.a. die Frage nach einem Sonderarbeitsrecht für die Kirche; vgl. Essener Gespräche zu Staat und Kirche 18 (1984), S. 116-155.
17Die Referate sind veröffentlicht im ZMV-Sonderheft 2005.
18Achenbach, ZMV-Sonderheft 2005, 34, 40; Baumann-Czichon, ZMV-Sonderheft 2005, 63, 66; Frank, ZMV-Sonderheft 2005, 13, 18; Jüngst, ZMV-Sonderheft 2005, 46, 54; Weiß, ZMV-Sonderheft 2005, 20, 26-27.
19Z.B. Baumann-Czichon/Gathmann/Germer, MVG.EKD, § 62 Rn. 4; Bohnenkamp, in: Berliner Kommentar zum MVG.EKD, § 62 Rn. 5; Fey/Rehren, MVG.EKD, § 62 Rn. 7; Guntau, ZevKR 51 (2006), 327, 343; Hartmeyer, Präjudizialität, S. 86; Reichold, „Wie weltlich darf und kann das Mitarbeitervertretungsrecht sein?“, S. 18; Schliemann, ZMV-Sonderheft 2012, 36, 42.
20KGH.EKD, Beschluss v. 29.8.2016, II-0124/7-2016, ZMV 2017, 44.
21In diesem Sinne Maurer hinsichtlich der kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit: „Die kirchlichen Gerichte haben über zweifelhaftes oder umstrittenes kirchliches Recht zu entscheiden. Eine Vollstreckung kommt nicht in Betracht. Es kann erwartet werden, daß die Beteiligten die Urteile des kirchlichen Gerichts beachten“ (ZevKR 17 (1972), 48, 86);
22BVerfG, Beschluss v. 16.5.1995 – 1 BvR 1087/91, NJW 1989, 2285; Beschluss v. 12.1.2016 – 1 BvR 3102/13, NJW 2016, 930.
23Urteile oder Beschlüsse, die eine Leistungsverpflichtung beinhalten, können unter Anwendung physischer Gewalt als ultima ratio durchgesetzt werden (vgl. hierzu ausführlich unten Teil II B 1 a).
24Verneinend für das katholische Mitarbeitervertretungsrecht: Frank, in: MAVO-Freiburger Kommentar, Einf. in die KAGO Rn. 10; Frank, ZMV-Sonderheft 2005, 13, 18; Eichstätter Kommentar/Hartmeyer, § 53 KAGO Rn. 1; Hartmeyer, Präjudizialität, S. 195; für das evangelische Mitarbeitervertretungsrecht äußern im Hinblick auf die „Dienstgemeinschaft“ Bedenken: Kienitz, NZA 1996, 963, 969; Schielke, Das Mitarbeitervertretungsrecht, S. 270.
25Die Kirche begründet den Ausschluss staatlicher Zwangsmaßnahmen in § 24 KiGG.EKD mit verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben (Nichtamtliche Begründung zum Kirchengerichtsgesetz – Begründung zum Kirchengerichtsgesetz v. 6.11.2003 (ABl.EKD 2003, S. 408), S. 9, abrufbar: www.kirchenrecht-ekd.de unter der Nummer 1001.9, zuletzt abgerufen am 31.3.2020)) und legt damit der Vorschrift rein deklaratorischen Charakter bei. Dies gilt entsprechend für § 62 S. 2 MVG.EKD. Hartmeyer verweist auf das staatliche Gewaltmonopol als weitere Ursache neben dem christlichen Selbstverständnis dafür, dass die „Vollstreckungsfähigkeit kirchengerichtlicher Entscheidungen“ für das katholische Mitarbeitervertretungsrecht auf „andere Weise“ habe geregelt werden müssen (Eichstätter Kommentar/Hartmeyer, § 53 KAGO, Rn. 1; ebenso Frank, in: MAVO-Freiburger Kommentar, Einf. in die KAGO Rn. 10).
B. Gang der Untersuchung
Die Beantwortung dieser Fragen entscheidet darüber, ob ein substantieller Rechtsschutz im Mitarbeitervertretungsrecht möglich ist. Dabei soll zunächst die historische Entwicklung des Rechtsschutzes dargestellt werden. Besonderes Interesse gilt der Frage, inwieweit politische, kirchenpolitische und gesellschaftliche Verhältnisse diese Entwicklung beeinflusst haben, weil sich auf diese Weise Folgerungen für einen künftigen Rechtsschutz im Mitarbeitervertretungsrecht ergeben können (Teil II).
Sodann soll der Rechtsschutz in den staatlichen Arbeitnehmervertretungsgesetzen mit dem kirchlichen Rechtsschutz im Mitarbeitervertretungsgesetz verglichen werden, wobei die Frage nach der Durchsetzbarkeit gerichtlich zugesprochener Rechtspositionen (Vollstreckung/Vollziehung) im Vordergrund steht. Nur so kann zu der Kritik insbesondere von Seiten der Mitarbeitenden, bei dem kirchlichen Rechtsschutz handele es sich um einen Rechtsschutz „zweiter Klasse“, Stellung bezogen werden26. Dabei sind auch die unterschiedlichen Ausgangslagen im Betriebsverfassungsrecht, Personalvertretungsrecht und Mitarbeitervertretungsrecht zu erörtern; denn es stellt sich die Frage, ob aus einer besonderen Ausgangslage im Mitarbeitervertretungsrecht der Ausschluss von zwangsweiser Rechtsdurchsetzung notwendig folgt. Hierbei geht es um die das Kirchenrecht betreffende Grundsatzfrage27 nach der Vereinbarkeit von mit dem substantiellen Rechtsschutz in letzter Konsequenz verbundenem physischen Zwang und christlichem Selbstverständnis. Deshalb bedarf es einer Auseinandersetzung mit der These von der Unvereinbarkeit physischen Zwanges und dem das kirchliche Arbeitsrecht bestimmenden Dienstgemeinschaftsgedanken28 einerseits29 und der Auffassung, dass Kirchenrecht kenne keinen Zwang, andererseits30; denn träfe dies zu, würde auch ein substantieller Rechtsschutz, bei dem im Mitarbeitervertretungsrecht als ultima ratio zwar nicht unmittelbar, jedoch mittelbar Zwang von kirchlichen Stellen ausgeübt werden könnte, zu einem unauflösbaren Widerspruch führen (Teil III).
Anschließend wird die Frage behandelt, ob ein Mitarbeitervertretungsrecht ohne substantiellen Rechtsschutz rechtsstaatlichen und europarechtlichen Anforderungen genügt (Teil IV).
Es folgt eine Darstellung und kritische Betrachtung der Versuche in der Literatur, für die als unbefriedigend empfundene Rechtslage31, eine Lösung zu finden; ferner wird untersucht, wie die kirchengerichtliche Rechtsprechung die Frage der Vollstreckung im einstweiligen Rechtsschutz (Vollziehung) behandelt (Teil V).
Da eine zwangsweise Durchsetzung im innerkirchlichen Bereich verfassungsrechtlich – wenn überhaupt – nur unter Einbeziehung des Staates möglich ist (Art. 20 GG), stellt sich die Frage, wie weit die von der Verfassung garantierte staatliche Justizgewähr (Art. 19 IV GG und Art. 2 I GG i. V. m. Art. 20 GG, Art. 92 GG) soweit reichen kann und darf, ohne dabei das ebenfalls von der Verfassung garantierte Selbstbestimmungsrecht der Kirche (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 III WRV)