Durch die Mindestlizenz wird sichergestellt, dass der Lizenzgeber unabhängig vom Absatz eine Entschädigung für die Zurverfügungstellung seiner Erfindung erhält. Der Lizenznehmer übernimmt damit das Risiko, ob ein bestimmter Mindestumsatz erreicht wird oder nicht. Dies gilt selbst dann, wenn dem Lizenznehmer die Herstellung oder der Vertrieb generell nicht oder nicht mehr möglich ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft. Kriegsbedingte Umstände wie z.B. Rohstoffknappheit,33 mangelnder wirtschaftlicher Erfolg34 sowie mangelnde technische Wettbewerbsfähigkeit des Lizenzgegenstandes35 können dazu führen, dass die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage Anwendung finden.36 Dies kann auch der Fall sein, wenn die Erfindung überholt ist oder bei einer nicht geschützten Erfindung, wenn sie offenkundig wird. Ist in diesen Fällen jedoch eine Mindestlizenzgebühr vereinbart worden, ist nach der vom Reichsgericht begründeten Rechtsprechung, die der Bundesgerichtshof fortgeführt hat, davon auszugehen, dass der Lizenznehmer durch das Versprechen von Mindestlizenzgebühren im Allgemeinen die Gefahr der Erreichung eines bestimmten Mindestumsatzes trägt,37 d.h., dass der geschäftliche Misserfolg eines Lizenzvertrages in den Risikobereich des Lizenznehmers fällt.38
Daher muss der Lizenznehmer die Mindestlizenzgebühr im Sinne einer Garantieverpflichtung so lange zahlen, wie der Vertrag fortbesteht. Allenfalls in besonders gelagerten Fällen höherer Gewalt kann er von seiner Verpflichtung für die Zeitdauer der Verhinderung freigestellt sein.39 Diese weitgehende Verpflichtung des Lizenznehmers im Falle einer Mindestlizenz erscheint auch – abgesehen von dem besonderen Risiko, das ein solcher Lizenznehmer mit einer derartigen Vereinbarung bewusst unternimmt – dadurch gerechtfertigt, dass der Lizenzgeber selbst an die vertraglichen Bedingungen gebunden bleibt, z.B. ggf. keine weiteren Verfügungen über den Lizenzgegenstand treffen kann.40 Soweit ein Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegeben ist, wird man dem Lizenznehmer – entsprechend den obigen Ausführungen – ein Kündigungsrecht zugestehen, das dann auch die Verpflichtung zur Zahlung der Mindestlizenzgebühren beendigen würde.41
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Häufig hat die Vereinbarung einer Mindestlizenz aber auch den Zweck, den Lizenznehmer anzuhalten, sich für die Herstellung und den Vertrieb der Sachen, die der Lizenz zugrunde liegen, einzusetzen. Der Lizenzgeber wird nämlich häufig auch daran interessiert sein, dass die Erfindung tatsächlich verwertet wird. Mit dem Erhalt einer Lizenzgebühr allein ist ihm dann nicht gedient. Ist eine Mindestlizenz vereinbart, so ist auch bei einfachen Lizenzen zu prüfen, ob hierdurch auch eine Ausübungspflicht für den Lizenznehmer begründet wird. In der Regel wird man dies annehmen müssen, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.42
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Das Reichsgericht hat sich wiederholt mit der Frage beschäftigt, ob in der Garantie einer bestimmten Mindestproduktion oder eines bestimmten Mindestverkaufs durch den Lizenznehmer, wenn eine Stücklizenz vorgesehen ist, auch die Vereinbarung einer Mindestlizenz liegt. So führt das Reichsgericht aus, dass hierin nicht zwingend und unter allen Umständen die Festsetzung einer Mindestlizenz liegt.43 Es handelte sich aber um einen besonders gelagerten Fall. In einer anderen Entscheidung nahm das Reichsgericht jedoch die Zusage einer Mindestlizenz an.44 Dies dürfte auch dem wirtschaftlichen Sinn einer solchen Vereinbarung entsprechen, da eine derartige Absprache im Zweifel mit der Vorstellung verbunden wird, dass damit automatisch eine bestimmte Mindestlizenzsumme festgelegt sei, die sich unschwer aus der vereinbarten Lizenzgebühr errechnen lässt.45 In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es fraglich ist, ob der Bundesgerichtshof diese Auffassung teilen wird. In einer Entscheidung des BGH ging es um die Vereinbarung, dass der Lizenznehmer sich für den Zeitraum von einem Jahr verpflichtet hatte, eine „Stückzahl von mindestens 1.000 Stück zu erreichen“.46 Als die Lizenznehmerin diese Verpflichtung aus dem Lizenzvertrag nicht erfüllte und der Lizenzgeber Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Lizenzvertrages geltend machte, hat sich der Bundesgerichtshof in keinem Punkt seiner Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, ob in dieser Vereinbarung eine Mindestlizenzgebühr zu sehen sei.
33 Vgl. RG, 12.6.1942, GRUR 1943, 35. 34 Vgl. dazu BGH, 15.3.1973, GRUR 1974, 40. 35 Vgl. dazu BGH, 11.10.1977, GRUR 1978, 166; BGH, 14.11.2000, GRUR 2001, 223ff. m.w.N. = NJW 2001, VIII. 36 Vgl. dazu Groß, Rn. 87ff. 37 RG, 12.6.1942, GRUR 1943, 35; Henn, S. 138ff.; Benkard, PatG, Rn. 130 zu § 15. 38 BGH, 15.3.1973, GRUR 1974, 40. 39 Vgl. auch Bartenbach, Rn. 1764ff.; Henn, S. 138ff. und Benkard, PatG, Rn. 130 zu § 15. 40 Vgl. Storch, GRUR 1978, 168. 41 Vgl. dazu Groß, Rn. 89, § 313 BGB. 42 Vgl. Rn. 26ff. und Pagenberg/Beier, S. 258, Rn. 192ff. m.w.N. 43 RG, 15.10.1930, MuW 1931, 32. 44 RG, 25.4.1936, Mitt. 1936, 233. 45 Bartenbach, Rn. 1765; Reiner, PatG, a.a.O., Anm. 51 zu § 9; Schade, S. 43. 46 BGH, 11.10.1977, GRUR 1978, 166; BGH, 14.11.2000, GRUR 2001, 223ff. m.w.N. = NJW 2001, VIII.
10. Ausübungspflicht
10.1 Entstehen der Ausübungspflicht
10.1.1 Allgemeines
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Die Höhe der Lizenzgebühr hängt häufig von der Höhe der Produktion oder dem Umsatz ab. Aber auch unabhängig davon kann der Lizenzgeber ein Interesse daran haben, dass die Lizenz ausgewertet wird und dass sich der Lizenznehmer intensiv für den Vertrieb der aufgrund der Lizenz hergestellten Gegenstände einsetzt. So kann z.B. dem Erfinder daran gelegen sein, dass sich seine Erfindung durchsetzt. Erteilt ein Unternehmer eine Lizenz für ein fremdes Land nur, weil er infolge der Importbestimmungen des betreffenden Landes zumindest vorübergehend nicht liefern kann, wobei häufig auch der Name des Lizenzgebers auf den aufgrund des Vertrags hergestellten Erzeugnissen anzubringen ist, so soll durch die Lizenz auch der Markt für den Unternehmer erhalten bleiben und vermieden werden, dass sein Name in Vergessenheit gerät. Daher wird in Lizenzverträgen häufig eine Ausübungspflicht ausdrücklich vereinbart, insbesondere auch, wenn umsatzabhängige Lizenzgebühren vereinbart wurden.47
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Es erhebt sich aber die Frage, ob der Lizenznehmer auch ohne besondere Vereinbarung eine Ausübungspflicht hat. Ausschlaggebend hierfür ist der Parteiwille. Ist er nicht ausdrücklich niedergelegt, so muss untersucht werden, ob er sich aus den Vertragsverhandlungen oder aus der Ausgestaltung des Vertrages ergibt. Lässt sich hieraus nichts entnehmen, so ist festzustellen, welches der mutmaßliche Wille der Parteien war. Dies ist oftmals schwierig.48
In der Literatur wurde der Versuch unternommen, die Kriterien zu finden, bei deren Vorhandensein eine