Zauberer und Höllentore: Acht Fantasy Krimis. Rolf Michael. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Michael
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Год издания: 0
isbn: 9783956179044
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Weder Robert noch Brenda stand der Sinn danach, den Rest der Nacht – wie lange auch immer sie dauern mochte –

      draußen im Freien zu verbringen, wo sie zweifellos ständig den Angriffen der gierigen Blutsauger aus dem Schloss ausgesetzt waren.

      Robert klopfte.

      Es erfolgte keine Reaktion.

      „Versuch es noch mal!“, forderte Brenda.

      Robert klopfte diesmal etwas kräftiger. „Aufmachen! Wir brauchen Schutz vor den Blutsaugern!“, rief er.

      In diesem Augenblick stürzte sich eine der Bestien förmlich vom Himmel.

      Sie raste mit unglaublicher Geschwindigkeit geradewegs auf Robert zu.

      Dieser riss seine geladene Armbrust empor und schoss den eingelegten Holzpflock ab. Allerdings verfehlte er sein Ziel in der Hast. Auch Brendas Pfeil ging daneben. Die Bestien schienen aus ihren Fehlern zu lernen – und zwar sehr schnell.

      Durch die enorme Angriffsgeschwindigkeit boten sie kaum ein Ziel.

      Robert spürte, wie ihn die Krallen bewehrten Hände des Monstrums am Oberkörper berührten und mit unglaublicher Wucht zu Boden stießen.

      Der Blutsauger legte bereits die Vampirzähne an Roberts Kehle, als genau diese Zähne aus dem lemurenartigen Maul heraus fielen und zu Staub zerbröselten. Robert musste niesen. Innerhalb weniger Sekunden zerfiel der Körper des Angreifers vollständig.

      Danach wurde auch Brenda ersichtlich, was geschehen war.

      Robert hatte in die Tasche mit den Holzpflöcken gegriffen und der Bestie einen davon mit aller Gewalt in den Leib gerammt. Offenbar akzeptierte das Programm diese Aktion als Pfählung.

      Robert stand auf und streifte sich den Staub von den Sachen.

      Brenda hämmerte nun gegen die Tür.

      „Aufmachen!“

      Währenddessen griff bereits der nächste Blutsauger an.

      Er verfolgte eine andere Strategie. Seine Flugbahn war ähnlich chaotisch wie die einer Motte, die ihre Feinde damit zu verwirren pflegte, sich zwischenzeitlich ein Stück fallen zu lassen – eine Kampftaktik, die auch moderne Kampfjets anwendeten, um gegnerischer Radarpeilung zu entgehen, wie Robert aus seiner Erfahrung als Pilot in verschiedenen Games wusste, die diesem Thema gewidmet waren.

      Brenda legte einen Pfeil ein und schoss.

      Aber der Pfeil verfehlte den chaotisch dahinsegelnden Blutsauger. Um einen neuen Bolzen in die Armbrust einzulegen, war es zu spät.

      Robert griff zum Schwert und riss die zweischneidige Klinge heraus. Mit einem wuchtigen Hieb schlug er der Bestie im Moment des eigentlichen Angriffs den Kopf ab, woraufhin der Körper innerhalb von Sekunden in sich zusammenfiel.

      „Das war knapp!“, meinte Brenda, die bereits den nächsten Pfeil eingelegt hatte und misstrauisch den Nachthimmel betrachtete.

      Robert klopfte noch einmal gegen die Tür des Gasthauses, obwohl er eigentlich schon gar nicht mehr damit rechnete, dass er Antwort erhielt.

      Die Menschen dieses Dorfes schlossen sich offenbar in der Nacht in ihre Häuser ein, was auch mehr als verständlich war, wenn man bedachte, dass dann offenbar die Jagdsaison der Schattenkreaturen war.

      Aber diesmal gab es gegen alle Erwartung eine Reaktion.

      In der Tür öffnete sich eine winzige Klappe.

      Aber anstatt einer Antwort, wurde Robert etwas Glitschiges entgegen geworfen, das ihn voll im Gesicht traf.

      Er fuhr sich abwehrend über das Gesicht.

      Die Klappe wurde mit einer heftigen Bewegung geschlossen.

      „Was war das?“, fragte Brenda.

      „Zerriebener Knoblauch, würde ich sagen.“ Als sie sich ihm näherte und etwas schnupperte, fand sie Roberts Annahme bestätigt.

      „Ja, das würde ich auch sagen, Robert.“

      „Das bedeutet, die Leute hier glauben wohl, dass jeder, der sich jetzt noch draußen im Freien aufhält eine Nachtkreatur ist.“

      „An deren Stelle wäre ich wahrscheinlich auch vorsichtig“, bekannte Brenda.

      „Was machen wir jetzt?“

      „Dass du mich das mal fragst!“

      „Jedenfalls wäre es gut, wenn wir eine Strategie finden, die uns nicht dazu zwingt, unseren gesamten Vorrat an Pflöcken und Pfeilen bereits in diesen Scharmützeln aufzubrauchen, sodass wir dann nichts mehr übrig haben, wenn wir das Schloss erreichen…“

      „Wenn Knoblauch wirkt, dann vielleicht ja auch Kreuze.“

      „Worauf willst du hinaus, Brenda?“

      Sie streckte ihren Arm in Richtung der Kirche aus.

      „Na darauf! Vielleicht finden wir dort ja eine Zuflucht!“

      „Gute Idee.“

      *

      Auf dem Weg zur Kirche pflückte Brenda ein paar Knoblauchzehen von den Fenstern der Häuser, an denen sie vorbeikamen.

      „Sollte es hier jemals Tag werden, ist so ein Diebstahl sicherlich keine Basis für eine freundschaftliche Kontaktaufnahme!“, glaubte Robert.

      „Erstens ist es fraglich, ob die Hausbewohner das überhaupt bemerken und zweitens habe ich immer noch genügend Zehen übrig gelassen, sodass der bestehende Schutz für die Häuser dadurch wohl kaum vermindert werden dürfte!“ Robert grinste.

      „Es sprach Brenda Van Helsing, die Vampirexpertin erster Klasse und Professorin für Vampirpfählung im Flug!“

      „Ja, lach du nur. Nimm besser eine davon!“ Sie warf Robert eine der Zehen zu.

      „Steck sie ein oder bewahre sie sonst wie auf. Schaden kann sie jedenfalls nicht!“

      „Und wenn wir sie als Notration für den Fall verwenden, dass es in dieser Welt doch noch so etwas wie ein Hungergefühl gibt!“

      „Das scheint der teuflische Programmierer glücklicherweise vergessen zu haben – sonst hätten wir noch ein paar Probleme mehr.“

      „Tja, zum Beispiel, dass Gasthäuser hier sehr ungastlich sind!“

      „Eine Toilette suchen möchte ich hier ehrlich gesagt auch nicht gerne!“, ergänzte Brenda.

      *

      Sie erreichten den Friedhof, der die Kirche umgab.

      „Fällt dir was auf?“, fragte Brenda.

      „Nein.“

      „Die Grabsteine…“

      „Was soll damit sein?“

      „Die stehen ziemlich schief! Und zwar fast alle!

      „Liegt vielleicht an der Bodenbeschaffenheit!“

      „Hör mal, wer von uns beiden ist denn jetzt der Super-Gamer, Robert! Hier liegt doch nichts nur an der Bodenbeschaffenheit!“

      Inzwischen standen sie vor der Kirchtür.

      Auch sie war mit Knoblauchzehen behängt. Ein großes Kreuz war in die schwere Holztür eingraviert worden.

      Robert wollte die Klinke herunterdrücken, aber eine Art elektrischer Schlag traf ihn. Es blitzte aus dem Metall heraus und Robert sprang zurück. Ein Schmerz durchfuhr für kurze Zeit seinen gesamten Körper.

      „Heh, was ist mit der Tür?“, entfuhr es ihm.

      Er konnte es einfach nicht glauben, dass ihm der Zugang zur Kirche nicht möglich sein sollte und versuchte es gleich noch einmal. Wieder bekam er einen Stromschlag