Wenn die Nacht stirbt und die Zeit still steht. Lisa Lamp. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lisa Lamp
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Год издания: 0
isbn: 9783967526424
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für schlaflose Nächte sorgte. Im Nachhinein war die gruselige Geschichte nicht mehr als lustig gewesen.

      »Eher Letzteres und das auch nicht wirklich. Sie hat sich nach Maria der Ersten benannt, weil sie ihr mit den roten Haaren und dem hässlichen Gesicht ähnlich sieht. Angeblich ist sie mit ihr verwandt. Darauf bildet sie sich etwas ein, weil es heißt, dass die Königin die erste Jägerin war.«

      Toll, Mel. Damit hatten wir noch eine, die sich für eine Herrscherin hielt, obwohl sie keine war und eine Besessenheit für Hunter hatte. Warum wollten alle regieren? Für mich hatte der Gedanke etwas Abschreckendes, für eine Bevölkerungsgruppe verantwortlich zu sein.

      »Ich dachte, die Jäger stammen von Jagdhunden ab«, warf Jeremy mit vollem Mund ein und kassierte von Nicole einen angewiderten Blick. Dem Schmatzen nach zu urteilen, schmeckte es meinen Freunden, weshalb ich die zweite Salatschüssel von Nicoles Tablett nahm und zur Gabel griff. Ich unterdrückte ein Stöhnen, als das kühle Dressing auf meine Geschmacksnerven traf und ich zu kauen begann. Es schmeckte gut. Vielleicht nicht außergewöhnlich, aber nach der Pampe, die Nathalia mir vorgesetzt hatte, war es himmlisch.

      »Warum wundert es mich nicht, dass ein Hexer das glaubt?«, schnaubte Orion und sah auf, als einer seiner Hunde bellte. Der größte von ihnen war aufgesprungen, weil jemandem eine Kartoffel vom Teller gerutscht und sie vor seiner Schnauze gelandet war. Das hatte ihn geweckt und er wollte, dass alle seinen Unmut mitbekamen, den er durch ein Knurren signalisierte. Orion schätzte die Situation ab, entschied aber, dass er nicht eingreifen musste, solange niemand auf die Idee kam, die Kartoffel zu holen. »Die offizielle Geschichte ist, dass Maria das Ungleichgewicht zwischen den Protestanten und der katholischen Kirche ausnutzte, um so viele Hexen wie möglich zu töten, nachdem ihre Halbschwester Elisabeth gebrandmarkt wurde. Maria war der Meinung, dass Elisabeth ein Monster war, weil sie sich selbst dafür hasste, eine Hexe zu sein und Angst hatte, sich fortzupflanzen, weil sie den Fluch nicht weitergeben wollte. Als Elisabeth sich mit ihrem Schicksal abfand und gerne eine Hexe war, hat sie sich mit Maria Stuart verbündet, die Elisabeth vom Thron stürzen wollte, um die Welt aus den Fängen der magischen Missgeburten zu befreien.«

      Nicole gab einen Laut der Empörung von sich und ließ eingeschnappt ihre Gabel fallen.

      »Ihre Worte, nicht meine«, murmelte Orion und griff nach dem Krug, der auf dem Tisch stand, um Wasser in ein Glas einzuschenken, das er vor Nicole abstellte und sie auffordernd ansah. Es sollte eine Entschuldigung darstellen, auch wenn er es nicht sagte, aber das wäre gar nicht notwendig gewesen. Alles in seinem Gesicht zeigte, dass er Nicole auf keinen Fall für eine Missgeburt hielt. »Aber wie wir alle wissen, wurde Maria Stuart hingerichtet, weil sie ihren Hass zu offen gezeigt hatte und ihr Enkel übernahm den Thron, der im Gegensatz zu seiner Großmutter geschickter seine Absichten verschleierte und andere Jäger konsultierte, um im Geheimen Jagd nach den Hexen zu machen.«

      Könige, Familienfäden und Unschuldige, die deshalb sterben mussten. Kommt mir bekannt vor. Aber das erklärte wenigstens, warum Hunter in einem seiner alten Leben verbrannt wurde.

      »Und die inoffizielle Version?«, bohrtest Du nach und zogst meine Aufmerksamkeit damit auf Dich. Du hattest Dich auf die andere Seite von mir, auf der Nicole nicht saß, gesetzt und schaukeltest lässig mit dem Stuhl, während Deine Hand in Deinem Schoß lag. Auf Orion musste es wirken, als wärst Du entspannt, aber Deine gefrorenen Fingerspitzen zeigten, dass Du jederzeit mit einem Kampf rechnetest.

      »Meiner Meinung nach waren beide Marias nur sauer, dass sie selbst keine Hexen waren und haben deshalb alle getötet, die das Glück hatten, mit dieser Gabe gesegnet worden zu sein.« Orion klang immer noch gelangweilt, aber mit seiner Aussage weckte er erneut Jeremys Interesse, der gerade vom Buffet zurückkam, weil er sich noch mehr Fleisch geholt hatte, auf das er sich ausgehungert stürzte: »Gabe? Ich dachte, alle Jäger hassen Hexen.«

      »Negativ. Zugegeben, einige haben einen Hass gegen eure Art, beispielsweise wenn sie an euch einen Verwandten oder eine nahestehende Person verloren haben. Aber es gibt viele Gründe, ein Jäger zu werden. Einige werden hineingeboren wie Mary, deren ganzes Leben nur aus jagen, Leute quälen und kämpfen bestanden hat, weshalb sie keine anderen Freizeitbeschäftigungen kennt.« Er machte eine kurze Pause, sodass er sich noch ein Fleischbällchen in den Mund schieben konnte, das er ohne zu kauen hinunterschlang. »Andere haben Angst, gebrandmarkt zu werden.«

      »Das ist nicht mehr möglich, wenn man ein Jäger ist?«, wollte ich verwirrt wissen und aß eine Gabel meines Salates. Das Brennen in meinem Magen, von dem ich bis eben nicht mitbekommen hatte, dass es überhaupt da war, verschwand und der beißende Hunger machte schon nach wenigen Bissen einem Sättigungsgefühl Platz.

      »Na ja«, begann Orion zögerlich und schien kurz gedanklich abzudriften, »bis vor ein paar Wochen hätte ich Nein gesagt, aber zwei Tage nachdem Morena hier alles übernommen hat, wurde eine Jägerin plötzlich zur Hexe.«

      »Und warum bist du Jäger geworden?« Nicole versuchte, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken, weil ihm das Thema sichtlich unangenehm war. Seine Augenbrauen hatten sich zusammengezogen und sein Ton war wieder mürrischer geworden.

      »Du bist überhaupt nicht neugierig, was?« Orion schnaubte und verdrehte die Augen. »Ich wollte das Gleichgewicht zwischen Hexen und Menschen erhalten. Meine Schwester wurde gebrandmarkt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie wegen ein paar albernen Tätowierungen plötzlich zum Monster wird, deshalb habe ich sie gesucht, nachdem sie von zuhause abgehauen ist. Sie war immer noch dieselbe. Außerdem darf man sich selbst einen Namen geben, wenn man Jäger wird.«

      »Ist deine Schwester auch hier?« Wieder kassierte Jeremy von Nicole einen Todesblick und auch Du schlugst ihm gegen den Oberarm für seine Frage. Wahrscheinlich war er zu sehr mit dem Essen beschäftigt gewesen und hatte nur mit halbem Ohr zugehört, aber allen anderen war die Vergangenheitsform, die Orion verwendet hatte, aufgefallen. Die Stimmung am Tisch schlug um. Sie war vorher schon nicht ausgelassen gewesen, aber nun schien sie mich zu erdrücken. Orion biss die Zähne zusammen und das Jaulen der drei Hunde ertönte, als wüssten sie genau, dass irgendwer ihren Besitzer verletzt hatte.

      »Sie ist tot«, sagte er scharf. »Sie hat den Angriff von Rabiana auf ihre Schule nicht überstanden.« Seine Miene wurde ausdruckslos und er fuhr sich durch die Haare, um seinen Händen etwas zu tun zu geben, nachdem er das letzte Stückchen Fleisch verzehrt hatte.

      »Also Orion wie das Sternenbild?« Ich wusste, dass es ein kläglicher Versuch von Nicole war, das Gespräch noch mal zu kippen, aber es nutzte nichts. Orions Gesichtszüge wollten sich nicht mehr entspannen und seine Stimme klang gepresst: »Nein, wie der Geliebte von Artemis.« Orion schob seinen Stuhl zurück und stand auf.

      »Wie war dein Name, bevor du dich den Jägern angeschlossen hast?«, bohrte Jeremy wenig feinfühlig nach und diesmal sah ich Orion mitleidig an, obwohl er nicht wie der Typ wirkte, der Mitleid wollte. Er war am Gehen und unsere Fragerei verhinderte das.

      »Ein paar Geheimnisse sollten geheim bleiben, aber wenn es dich interessiert, Mary hieß vor ihrer Ernennung zur Jägerin Diethilde. Kannst du gern gegen sie verwenden, wenn sie dir dumm kommt, und glaub mir, das wird sie. Der Name macht sie rasend.« Auch wenn Jeremy gefragt hatte, galt seine Antwort mir, bevor er sein Messer vom Tisch wieder in seine Gürteltasche steckte und auf seine Hunde zuging. Er machte seine Gefährten los und verschwand mit ihnen durch die Tür, als wäre er nie da gewesen.

      »Entschuldigt mich«, sagte Nicole hastig, ließ ihren halben Salat stehen und folgte Orion so schnell, dass niemand von uns sie aufhalten konnte. In ihrer Eile rannte sie beinahe Hunter nieder, der auf dem Weg zu unserem Tisch war und gerade noch ausweichen konnte. Im Schlepptau hatte er Aletheia, die uns angepisst betrachtete und die Nase erhoben hatte, als würden wir stinken.

      »Gutes Essen?«, fragte er, um das Eis zu brechen, aber niemand antwortete ihm, sodass ich leicht nickte, damit keine unangenehme Stille entstand. Wenig erfolgreich, Mel. Sein aufgesetztes Lächeln verschwand aus seinem Gesicht und er streckte mir fragend die Hand entgegen. »Hast du eine Minute?« Wieder nickte ich, weil ich meiner Stimme nicht traute. Ich wollte nicht mit ihm reden und schon gar nicht mit ihm allein sein, aber ich brauchte Antworten und Hunter schien sich bestens auszukennen. Wenn