Dieser Ansatz interpretiert Nachfragemacht als „spiegelbildliche“ Form der Angebotsmacht und trifft vor allem für Märkte zu, auf denen standardisierte Produkte gehandelt werden. In den letzten Jahren ist die Rolle von Nachfragemacht, z.B. im Zusammenhang mit dem Lebensmittel-Einzelhandel gegenüber einigen Herstellern von Lebensmitteln stärker in den Fokus gerückt. Im Zuge dieser neueren Analysen wird versucht, Nachfragemacht im Rahmen bilateraler Beziehungen verhandlungstheoretisch zu erfassen.105 Häufig wirkt sich Nachfragemacht vor allem in besseren Konditionen gegenüber dem Anbieter aus. Die zentrale Frage der Verhandlungstheorie betrifft die Aufteilung der Gewinne auf die beiden Marktseiten. Diese ist vor allem von den so genannten „outside-options“ der Verhandlungsparteien, d.h. ihren Alternativen bei einem Scheitern der Verhandlungen und ihrer Zeitpräferenz abhängig. Diese Ausweichmöglichkeiten sind in der Regel dann besonders groß, wenn der Nachfrager leicht und schnell auf andere Anbieter ausweichen kann. Dies ist immer dann der Fall, wenn keine signifikanten Wechselkosten vorliegen. Auch könnte ein marktmächtiger Nachfrager den Marktzutritt weiterer Anbieter, z.B. durch Abnahmegarantien, unterstützen. Die neuere verhandlungstheoretische Literatur hat gezeigt, dass unter bestimmten Voraussetzungen sich Nachfragemacht für die Konsumenten auch positiv auswirken kann, wenn die günstigeren Konditionen an die Konsumenten weitergegeben werden und dadurch auch andere Unternehmen gezwungen werden, günstigere Konditionen anzubieten.
Allerdings kann die Nachfragemacht eines großen Abnehmers auch negative Effekte, insbesondere für kleinere Abnehmer, bewirken. Hier sind der so genannten „Spiraleffekt“ oder der „Wasserbetteffekt“ zu nennen. So könnte über einen erhöhten Marktanteil eines nachfragestarken Abnehmers seine Verhandlungsposition gestärkt werden, andere Abnehmer würden jedoch relativ schlechtere Konditionen erzielen, sodass diese aus dem Markt ausscheiden müssten. Aufgrund des dadurch verringerten Wettbewerbsdrucks könnten langfristig die Preise für die Endverbraucher steigen. Der Wasserbetteffekt hingegen wirkt auch kurzfristig: Wenn ein verhandlungsstarker Abnehmer die von ihm durchgesetzten besseren Konditionen an seine Kunden weitergibt, steigt sein Marktanteil und der seiner Konkurrenten würde abnehmen. Wenn deren Verhandlungsmacht aufgrund des geringeren Marktanteils abnimmt, erzielen sie vergleichsweise schlechtere Konditionen, sodass sich die Situation für die Endverbraucher insgesamt verschlechtern kann.106 Allerdings besteht hinsichtlich der Analyse von Marktformen, in denen die Abnehmer durch ihr Nachfrageverhalten das Marktergebnis beeinflussen können, insbesondere hinsichtlich der neueren verhandlungstheoretischen Ansätze, noch erheblicher Forschungsbedarf.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es keine Marktform gibt, die alle genannten Effizienzziele erreicht. Vollkommener Wettbewerb ist für die Ziele der Allokations- und Produktionseffizienz den anderen überlegen, allerdings ist zu vermuten, dass die dynamische Effizienz nicht gewährleistet ist. Beim Oligopol wird es zwar zu allokativen Ineffizienzen kommen, aber es spricht einiges dafür, dass die produktive Effizienz gewährleistet ist. Was die dynamische Effizienz betrifft, so scheint sich die Ansicht zu etablieren, dass ein Oligopol am ehesten für Innovationen und technischen Fortschritt geeignet ist. Das Monopol hingegen wird weder Allokations- noch Produktionseffizienz erreichen. Was die dynamische Effizienz betrifft, so haben sowohl theoretische als auch empirische Überlegungen deutlich gemacht, dass ein Monopol in dieser Hinsicht keine Vorteile gegenüber anderen Marktstrukturen bietet.
21 Vgl. Arrow/Debreu (1954), Debreu (1959) sowie McKenzie (1959). 22 Benannt nach dem Ökonomen Leon Walras (1834–1910). 23 In bestimmten Modellerweiterungen, z.B. bei der Berücksichtigung von Unsicherheit, werden Güter darüber hinaus nach einem Eintreten eines Zufallsereignisses, dem so genannten „Zustand der Welt“ unterschieden. Vgl. Debreu (1959). 24 Asymmetrische Information kann dazu führen, dass nicht alle Tauschgewinne realisiert werden, wie das z.B. im Modell von Akerlof (1970) gezeigt wird. 25 Dies könnte im Extremfall zu einem natürlichen Monopol führen. 26 Für einen Überblick über die Transaktionskostenökonomik vgl. Williamson (1989). 27 Ein Lehrbuch zur Institutionenökonomik ist Erlei/Leschke/Sauerland (2007). 28 Zwar gibt es auch Erweiterungen der Theorie des allgemeinen Gleichgewichts, sodass intertemporale Aspekte berücksichtigt werden können. Hierzu gehören z.B. die Modelle überlappender Generationen; vgl. Geanakoplos/Polemarchakis (1991). Allerdings stellen auch diese Ansätze keine dynamischen Modelle im genannten Sinne dar. 29 Wenn aus bestimmten Gründen, wie z.B. aufgrund externer Effekte, die Bedingungen für eine effiziente Allokation nicht erfüllt sind, dann ist es im Allgemeinen nicht sinnvoll, zu versuchen, auf allen anderen Märkten diese Bedingungen aufrecht zu erhalten. Die Theorie des „second best“ hat darauf hingewiesen, dass zur Erreichung eines zumindest zweitbesten Zustandes einer Volkswirtschaft die Abweichungen von den Effizienzbedingungen auf einem Markt durch Abweichungen auf einem oder mehreren anderen Märkten ausgeglichen werden können. 30 Vgl. hierzu S. 247f. 31 Vgl. MasColell/Whinston/Green (1995), 337f. 32 Vgl. Disney/Haskel/Heden (2003) sowie Olley/Pakes (1996). 33 In der Literatur wird zwischen drastischen und nichtdrastischen Prozessinnovationen unterschieden: Eine drastische Innovation erlaubt es dem Unternehmen, einen so niedrigen Preis zu setzen, dass es eine zumindest temporäre Monopolstellung erlangen kann. Nichtdrastische Innovationen geben den Unternehmen einen Vorteil gegenüber den Wettbewerbern, aber die erzielte Kostensenkung reicht nicht aus, um eine Monopolstellung zu erlangen. 34 Auch eine Finanzierung dieser Investitionen am Kapitalmarkt ist für kleine Unternehmen aufgrund asymmetrischer Informationen über die Riskanz der Investition häufig nicht möglich oder zumindest schwierig. 35 Die häufig angeführte Behauptung, ein Monopolist könnte sich unabhängig von den Verbrauchern verhalten, ist also nicht richtig – es kann nur Punkte auf der Nachfragefunktion realisieren, ist also nicht unabhängig von der Nachfrage. 36 Es wird im Folgenden unterstellt, dass der Monopolist nur ein Gut herstellt. Das Verhalten von Mehrproduktmonopolen wird kurz auf S. 31 angesprochen. 37 Bisher wurde bei der Diskussion immer auf den Marktpreis abgestellt. Eine entsprechende Argumentation gilt auch für andere Wettbewerbsparameter. Würde z.B. der Preis des Produktes gleich gelassen, aber die Qualität verringert werden, dann könnte man dies mithilfe des Konzeptes des „qualitiy adjusted price“ auch als eine Preiserhöhung interpretieren: Der Konsument bekommt nun für den gleichen Preis ein schlechteres Produkt oder, anders ausgedrückt, er müsste für ein gleichwertiges einen höheren Preis zahlen. Eine analoge Charakterisierung gilt für andere Wettbewerbsparameter wie z.B. Serviceleistungen. Vgl. Rosen (1974). 38 Es wird dabei unterstellt, dass der Monopolist von allen Konsumenten den gleichen Preis verlangt, also keine Preisdiskriminierung betreiben kann. 39 Zum Konzept der Preiselastizität der Nachfrage siehe auch S. 67–70. 40 Vgl. Harberger (1954). Dieses niedrige Ergebnis liegt an einigen speziellen Annahmen, die Harberger