Besondere Probleme ergeben sich, wenn es um den Export einer Ware geht, die nur im Inland geschützt wird. Hier soll nach herrschender Meinung eine Ausfuhrlizenz nicht erforderlich sein. Dies wird aus dem Territorialitätsprinzip abgeleitet, das für Schutzrechte Anwendung finden soll. Bei dieser Begründung wird jedoch übersehen, dass das Territorialitätsprinzip für die hier zugrunde liegende Fallgestaltung wenig aussagen kann, da es nur besagt, dass im Ausland vorgenommene Handlungen nicht die durch das Schutzrecht geschaffene Position verletzen können, da der Schutz eben nur auf das Inland begrenzt ist.
Bei der Frage des Exports geht es aber nicht nur um die Beurteilung von Handlungen, die im Ausland vorgenommen wurden, sondern auch um Verhaltensweisen im Inland. Die Lieferung erfolgt vom Inland aus; hier wird der Exporteur zunächst einmal tätig.
Auszugehen ist dabei zunächst davon, dass die Herstellung des patentierten Erzeugnisses im Inland auch dann patentverletzend ist, wenn sie in der Absicht erfolgt, das Produkt nicht im Inland in den Verkehr zu bringen, sondern nur in solche Länder zu exportieren, in denen keine Schutzrechte bestehen.61 Abgesehen von der unzulässigen Herstellung hat das Reichsgericht in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in mehreren Entscheidungen darauf hingewiesen, dass eine im Inland zur Versendung und zur Verfrachtung gelangte Ware, deren Endziel das Ausland ist, hiermit zum Gegenstand einer Verkehrsmaßnahme werde, die unter den Begriff des „Inverkehrbringens“ gem. § 9 PatG fällt.62
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Selbst in der Anfertigung von Werkstattzeichnungen, die für eine Fertigung im Ausland bestimmt sind, kann ein patentverletzender erster Teilakt der Herstellung zu sehen sein. Ein Vertragsabschluss im Inland über eine vom Inland ins Ausland vorzunehmende Lieferung kann bereits ein patentverletzendes Feilhalten der Ware beinhalten.63 Daher wird in den dargelegten Fällen zur Vornahme einer Warenlieferung eine Lizenz benötigt, die auch zum Vertrieb der Ware berechtigt, um überhaupt mit dem Export beginnen zu können. Liegt eine solche Lizenz nicht vor, darf ein Vertrieb nicht vorgenommen werden, da sonst eine Schutzrechtsverletzung gegeben sein würde.
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Soweit nach den mit dem Lizenznehmer getroffenen Vereinbarungen eine Beschränkung der Vertriebsberechtigung auf das Inland besteht, hätte dies an sich die Konsequenz, dass auch in das Ausland, in dem Schutzrechte nicht bestehen, ein Export nicht vorgenommen werden kann. Die Lieferung erhält ihren entscheidenden Charakter durch das ausländische Ziel, so dass die Vornahme des Vertriebes einer besonderen Lizenzerteilung bedürfte. Ist der Exporteur nicht im Besitz dieser Lizenz, so stellt die dennoch vorgenommene Lieferung an sich eine Schutzrechtsverletzung dar,64 da entsprechend den obigen Ausführungen der Lizenznehmer den Rahmen des lizenzierten Schutzrechtes im Inland überschritten hat.
In vielen Fällen wird man allerdings annehmen können, dass dem Exporteur stillschweigend eine Lizenz erteilt ist. Dies kann namentlich der Fall sein, wenn der Lizenzgeber weiß, dass die Ware exportiert werden soll. Aus den genannten Umständen kann sich jedoch ergeben, dass eine Berechtigung zum Export nicht erteilt werden sollte. Diese Lösung vermeidet die sonst unausweichliche Folge, dass sich der Lizenzgeber durch die Lizenzerteilung auf solchen Auslandsmärkten, für die kein selbstständiges Schutzrecht besteht, in der Person des Lizenznehmers einen höchst unerwünschten Konkurrenten schafft. Bedenkt man, dass in vielen Fällen eine Lizenz nur erteilt wird, weil der Lizenzgeber auf dem betreffenden Markt infolge staatlicher Maßnahmen selbst nicht tätig werden kann, so wird deutlich, dass eine solche Begrenzung des Vertriebs durchaus sinnvoll sein kann.
Allerdings ist bei derartigen Exportverboten bei fehlenden Parallelpatenten die kartellrechtliche Problematik noch größer als bei Exportverboten generell.65
Bei der Herstellungslizenz ist dem Lizenznehmer das Recht eingeräumt, den Gegenstand selbst zu produzieren. Auch diese Art der Lizenz wird in ihrer reinen Form nur in Ausnahmefällen vorliegen, etwa bei eigenem Verbrauch des Lizenznehmers. Ist dies nicht der Fall, so wird regelmäßig eine Vereinbarung zwischen Lizenzgeber und -nehmer hinzukommen, die die Abnahme der produzierten Ware sichert. Auch ein Dritter kann zu diesem Zweck dem Vertrag beitreten.
Fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung bezüglich der Abnahme, so ist davon auszugehen, dass im Zweifel die Einräumung einer Herstellungslizenz das Recht des Lizenznehmers einschließt, das Erzeugnis auch in Verkehr zu bringen und zu gebrauchen.66
Kommt der Lizenzgeber der Verpflichtung zur Abnahme nicht nach, so treten die Folgen, die auch sonst das Gesetz an den Annahmeverzug knüpft, ein.67 Der Lizenznehmer hat dann insbesondere das Recht zur Vornahme eines Selbsthilfeverkaufs.68 Abzulehnen ist die abweichende Ansicht des RG.69 Folgt man dem RG und lässt die Herstellungsberechtigung des Lizenznehmers während der Dauer der Abnahmeverweigerung ruhen, so gibt man dem Lizenzgeber ein einfaches Mittel, den Vertrag einseitig aufzulösen. Verweigert der Lizenzgeber schuldhaft die Abnahme, so dürfte sogar Schuldnerverzug vorliegen,70 da es sich bei der Abnahmepflicht um eine ganz wesentliche vertragliche Pflicht des Lizenzgebers handelt. Der Lizenznehmer hat dann einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Verweigerung der Abnahme entstanden ist; er kann auch seinerseits den Vertrag auflösen.71
Die Herstellungslizenz ist abzugrenzen vom Lohnfertigungsvertrag. Insbesondere unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten kann dies von erheblicher Bedeutung sein.72 In einem Lizenzvertrag durften dem Lizenznehmer nur im Rahmen des § 18 GWB a.F. Beschränkungen auferlegt werden, während bei allen sonstigen Verträgen § 16 GWB a.F. galt,73 der lediglich eine Missbrauchsaufsicht des Bundeskartellamtes vorsah.
Eine Abgrenzung muss bei Herstellungsverträgen vorgenommen werden,74 wenn eine geschützte Erfindung Vertragsgegenstand ist. Unterstellte man alle Verträge gleichermaßen dem § 18 GWB a.F., käme man zu dem misslichen Ergebnis, dass der Erfinder, der mit seiner Erfindung einen für den technischen Fortschritt entscheidenden Beitrag geleistet hatte, nur aus diesem Grunde in wesentlich strengerem Maße an der Wahrung seiner eigenen Belange gehindert wurde. Derjenige nämlich, der nicht patentgeschützte Gegenstände herstellen ließ, brauchte nur die Schranken des § 16 GWB a.F. zu beachten. Unabhängig davon können die Übergänge natürlich fließend sein. Zu beachten ist auch der Verweis auf das EU-Kartellrecht gemäß §§ 22 f. GWB.
Eine Abgrenzung zwischen Herstellungslizenz und Lohnfertigungsvertrag kann im Einzelfall schwer fallen, obwohl sich beide Vertragsarten im Wesen erheblich voneinander unterscheiden. Eine Lösung lässt sich dabei nur aus der Gesamtwürdigung des Vertrages gewinnen.75
Ein Lohnfertigungsvertrag zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass der Unternehmer nur eine Herstellungsbefugnis, aber keine positive Benutzungsbefugnis besitzt. Dies könnte man als die negative Seite der Lizenz bezeichnen. Die positive Seite der Lizenz hingegen fehlt, die Herstellungsbefugnis beseitigt nur die Rechtswidrigkeit des Eingriffes. Die Stellung des Unternehmers ist in etwa vergleichbar mit derjenigen eines Malers, der zu Ausbesserungsarbeiten in eine Wohnung gerufen wird, aber deshalb noch nicht zum Mieter der Wohnung wird.
Beim Lohnfertigungsvertrag hat der Unternehmer keinen Anspruch auf die Gestattung der Fertigung. Nur in den engen Grenzen des § 642 BGB gewährt ihm das Gesetz eine Entschädigung, wenn der Besteller eine notwendige Mitwirkungshandlung nicht vornimmt. Beim Lizenzvertrag dagegen besteht positiv ein Anspruch auf Einräumung des Benutzungsrechts gegen den Lizenzgeber.
Beim Lizenzvertrag trägt vor allen Dingen der Lizenznehmer das wirtschaftliche Risiko, während dies beim Lohnfertigungsvertrag genau umgekehrt ist. Hier trifft den Unternehmer nur sein typisches Unternehmerrisiko, während das Risiko für den Lizenzgegenstand, seine Absetzbarkeit und seinen Markterfolg allein beim Besteller liegt.
Ein Sonderfall der Herstellungslizenz ist die Entwicklungslizenz. Bei der Entwicklungslizenz überträgt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer die Berechtigung, den Gegenstand der Lizenz selbst weiterzuentwickeln. Meist wird der Lizenzgeber hierzu durch hohe Entwicklungskosten veranlasst werden, die bis zur Produktionsreife des Gutes anfallen werden und die er nicht allein tragen will. Namentlich der wirtschaftlich schwächere Lizenzgeber wird sich nach einem potenten Lizenznehmer umsehen, mit dem er sein Risiko teilen kann.
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