b) Rechtshistorie
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Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern trat das Geschäftsmodell „Franchise“ in Spanien eher spät – Ende der 1950er Jahre – in Erscheinung und hat sich erst um 1980 flächendeckend verbreitet.8 Die ersten gesetzlichen Regelungen zum Franchise sind in Ley 7/1996 vom 15.1.1996 zu finden.9 Der Grund für die Regulierung des Franchise lag darin, dass zunehmend Arbeitnehmer aus einer unselbstständigen Beschäftigung oder der Arbeitslosigkeit in die selbstständige Tätigkeit des Franchise-Nehmers wechselten, ohne wesentliche Kenntnisse von den Besonderheiten und Risiken der selbstständigen kaufmännischen Tätigkeit zu besitzen.10 Die Folge war die Insolvenz von Franchise-Nehmern oder die Auflösung des Franchisevertrages, was zum einen zu einer Mehrbelastung der Sozialkassen Spaniens und zum anderen zu einer mangelhaften sozialen Absicherung der Franchise-Nehmer führte.11 Zur Beseitigung dieser Missstände wurden u.a. die Regelungen zum Franchise in Spanien eingeführt, wobei das den Rahmen bildende Ley 7/1996 in erster Linie den öffentlich-rechtlichen Bereich des Einzelhandels anbetrifft und Regelungen über die Ladenöffnungszeiten, über den Bau von Einkaufszentren etc. vorhält.12 Die einzige Regelung zum Franchise findet sich seit Inkrafttreten des Ley 7/1996 (und seiner späteren Modifikationen) in Art. 62. Die erste Fassung des Gesetzes beinhaltete zunächst eine allgemeine Definition von Franchise, eine einfache Mitteilungspflicht des Franchise-Gebers an das Franchise-Geber-Register sowie eine vorvertragliche schriftliche Informationspflicht des Franchise-Gebers gegenüber dem Franchise-Nehmer. Mit Ley 1/2010 (Änderungsgesetz zum Einzelhandel) wurde Art. 62 um einen Abs. 2 ergänzt. Hauptsächlich diente Ley 1/2010 gemäß der Gesetzesbegründung dazu, die bestehenden Regelungen an die aktuelle Entwicklung der Märkte und an EU-rechtliche Vorgaben anzupassen. Zudem sollte es die Regulierung und Aktualisierung des Franchise-Geber-Registers vereinfachen. Insofern wurde die Registrierungspflicht zwischen Franchise-Gebern aus Spanien sowie aus Drittländern differenziert geregelt und der Datenaustausch zwischen dem Franchise-Geber-Register beim Ministerium für Industrie, Tourismus und Handel und den Registern der autonomen Regionen näher festgelegt. Die aktuell gültige Version des Art. 62 Ley 7/1996 beinhaltet weiterhin die allgemeine Definition, eine detailliertere Ausgestaltung der Registrierungspflicht sowie die vorvertraglichen Informationspflichten.
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Das Real Decreto 2485/1998 (Königliches Dekret zum Einzelhandel und Franchise) ist Vorgänger des Real Decreto 201/2010 und diente der Regelung der Rahmenbedingungen des Art. 62 Ley 7/1996. Es führte erstmals die vorvertraglichen Informations- und Aufklärungspflichten konkret aus und enthielt nähere Angaben zu der Registrierung der Franchise-Geber.13 Es wurde mittels des Real Decreto 419/2006 (Königliches Dekret zur Änderung des Real Decreto 2485/1998) modifiziert und dabei um weitere Regelungen bezüglich der Registrierungspflicht ergänzt. Das seit dem 14.3.2010 gültige Real Decreto 201/2010 hebt die Vorgänger-Version auf und führt die bisherigen Regelungen im Wesentlichen fort.
c) Franchisevertrag
aa) Definition des Franchisevertrags
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Zunächst werden die gesetzlichen Definitionen zum Franchise in Art. 62 Abs. 1 Ley 7/1996 und Art. 2 Abs. 1 Real Decreto 201/2010 betrachtet. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass diese vielmehr die Tätigkeit im Rahmen des Franchise beschreiben als den Franchisevertrag selbst.
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Gemäß der eher allgemeinen Definition aus Art. 62 Abs. 1 Ley 7/1996 ist Franchise eine wirtschaftliche Tätigkeit, welche mittels Vertrag oder Vereinbarung zustande kommt, wobei „ein Unternehmen als Franchise-Geber einem anderen als Franchise-Nehmer das Recht gewährt, das eigene Vertriebssystem von Produkten und Dienstleistungen zu nutzen“.
Art. 62 Abs. 1 Ley 7/1996
Die Geschäftstätigkeit im Rahmen des Franchisesystems ist diejenige, die aufgrund einer Vereinbarung oder eines Vertrages ausgeübt wird, durch die ein Unternehmen, genannt Franchise-Geber, an ein anderes, genannt Franchise-Nehmer, das Recht überträgt, das eigene Marketingsystem zu nutzen, um Produkte oder Dienstleistungen zu veräußern.
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Eine etwas detailliertere Definition ist in Art. 2 Abs. 1 Real Decreto 201/2010 zu finden. Hiernach ist Franchise eine Tätigkeit zur Vertragserfüllung, und zwar indem ein Unternehmen als Franchise-Geber einem anderen, dem Franchise-Nehmer, das Recht zur Nutzung eines Franchisesystems gegen (un)mittelbare entgeltliche Gegenleistung gewährt. Das Franchise bezieht sich dabei auf ein Geschäft oder eine Handelstätigkeit, welche der Franchise-Geber bereits hinreichend auf dem Markt getestet haben muss. Ferner enthält Art. 2 Abs. 1 lit. a)–c) Real Decreto 201/2010 Angaben über den Mindestinhalt von Verträgen beziehungsweise Vereinbarungen, sodass diese als Franchisevertrag/-vereinbarung zu qualifizieren sind. Die Mindestangaben umfassen (a) die Verwendung des Handelsnamens/Logos sowie anderer immaterielle Rechte des Franchise-Gebers und eine einheitliche Darstellung der Geschäftsräume oder der Transportmittel, (b) die Weitergabe von wesentlichem technischen Wissen/Know-how vom Franchise-Geber an den Franchise-Nehmer und (c) die regelmäßige wirtschaftliche und technische Beratung/Unterstützung während der Vertragslaufzeit.
Art. 2 Abs. 1 Real Decreto 201/2010
1. Im Sinne des vorliegenden königlichen Erlasses ist eine Franchisetätigkeit, geregelt in Art. 62 des Gesetzes 7/1996 vom 15.1. zur Regelung des Einzelhandels, jene, die auf Grund eines Vertrages ausgeführt wird, bei dem ein Auftraggeber, der Franchise-Geber, einem anderen, dem Franchise-Nehmer, in einem bestimmten Markt, für eine direkte und/oder indirekte finanzielle Gegenleistung das Recht zum Betrieb eines Franchising, eines Geschäfts oder einer Handelsaktivität einräumt, das ersterer vorher mit hinreichend Erfahrung und Erfolg entwickelt hat, um bestimmte Arten von Produkten oder Dienstleistungen zu vertreiben, die wenigstens folgendes umfassen:
a) Die vertraglich vereinbarte Erlaubnis zur Nutzung des Namens, der Marke und anderer Rechte an geistigem oder gewerblichem Eigentum sowie einer einheitlichen Ausstattung der Räumlichkeiten und Transportmittel.
b) Die Mitteilung des Franchise-Gebers an den Franchise-Nehmer von wesentlichem und bedeutendem technischem Wissen und Know-how.
c) Die kontinuierliche Leistung des Franchise-Gebers an den Franchise-Nehmer im Sinne einer kaufmännischen und/oder technischen Unterstützung über die Vertragslaufzeit; unbeschadet der Aufsichtsbefugnisse, die vertraglich vereinbart wurden.
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Eine unmittelbare Definition des Franchisevertrags, welche durch die gesetzliche Regelung überholt wurde, bot auch der Oberste Spanische Gerichtshof mit seinem Urteil vom 27.9.1996,14 wonach ein Franchisevertrag als Vertraggalt, der zwischen zwei voneinander wirtschaftlich und juristisch unabhängigen Parteien geschlossen wird.15 Dabei gewährt die eine Partei – als Franchise-Geber – der anderen – als Franchise-Nehmer – unter gewissen Kontrollmechanismen und für eine bestimmte Zeit, auf einem bestimmten Gebiet das Recht, eine Methode aus dem Bereich der Industrie, des Handels oder des Dienstleistungsgewerbes gegen wirtschaftliche Gegenleistung zu nutzen.16
bb) Welche Arten von Franchiseverträgen werden erfasst?
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Der Franchisevertrag ist ein atypischer Vertrag, der durch die Privatautonomie der beteiligten Parteien geprägt ist und somit in vielfältiger Ausgestaltung existiert.17 Denn die zuvor betrachteten Definitionen der Franchisetätigkeit geben nunmehr den Rahmen vor, in dem sich Franchisevereinbarungen bewegen, welcher aber den Parteien einen hinreichenden Gestaltungsspielraum überlässt. Auch der Oberste Spanische Gerichtshof bestätigt dies im Zuge seines o.g. Urteils vom 27.9.1996. Nach Auffassung des Gerichts besitzt der Franchisevertrag einen atypischen Charakter,