Anhang 2: Meine autistischen Auffälligkeiten
Nützliche Webseiten zu Autismus
Dein Bild von dir
Lass dein Bild von dir los.
Es bringt dich unter Druck,
diesem Bild von dir treu zu sein.
In ihm nimmst du dich selbst gefangen, du legst dich in Fesseln.
Du verlierst die Spontanität,
aus der du leben möchtest.
Du wendest dich dem zu,
was du meinst, sein zu müssen,
und vergisst dabei ganz,
was du wirklich willst und wer du bist.
Es ist nicht deine Aufgabe,
dem Bild, was du von dir hast,
oder dem Bild, das andere von dir haben,
gerecht zu werden.
Du bist mehr als jedes Bild von dir.
© Ulrich Schaffer
Einige Namen, Orte und Einzelheiten wurden aus Gründen
des Persönlichkeitsschutzes verändert.
Für meine Psychoanalytikerin und für meinen Schatz
Vorwort von PD Dr. Dr. Andreas Riedel
Autismus ist in den letzten Jahren zunehmend zum Inbegriff oder gar zur Allegorie der Einsicht geworden, dass der menschliche Geist – oder aus anderer Perspektive: die Funktion seines Gehirns – sehr unterschiedliche Formen annehmen kann: Menschliches Denken, Fühlen und Wollen kann von Mensch zu Mensch sehr verschieden sein, und Autismus ist das Beispiel menschlichen Variantenreichtums, an dem sich das am einprägsamsten zeigen lässt. In vielen mehr oder weniger realistischen Versionen »spukt« die menschliche Normvariante Autismus durch die Medien, unter anderem durch Fernsehserien, Spielfilme und Romane. Die Protagonisten dieser Produktionen haben dabei meist ein sehr ungewöhnliches Sozialverhalten und sehr spezielle Begabungen. Irgendwie scheint das Label »Autismus« das Anderssein zu erlauben, ihm eine eigene Sphäre zu eröffnen, in der es, so normabweichend es auch sein mag, toleriert werden kann. Diese Entwicklung hat durchaus ihre Vorteile, ermöglicht sie doch die Klarheit darüber, dass es nicht nur einen Idealtyp Mensch gibt, sondern viele.
Auf der anderen Seite ist diese Entwicklung auch sehr anfällig für Klischeebildung: die mediale Darstellung deformiert Autismus schnell zu seiner eigenen Karikatur oder zur harmlosen Modeerscheinung, die lediglich nach ihrem Unterhaltungswert bemessen wird. Autismus ist aber weder Karikatur noch Modeerscheinung, sondern für die Betroffenen – und oft auch für die Angehörigen – ein Existenzial, welches weite Teile der Identität betrifft und Auswirkungen auf große Bereiche der Lebensführung hat, auch wenn die Auffälligkeiten an der Verhaltensoberfläche gar nicht so deutlich sein müssen.
Das wird in dem vorliegenden autobiografischen Bericht von Birgit Saalfrank mehr als deutlich. Epidemiologisch hat sich in den letzten Jahren recht klar gezeigt, dass Mädchen und Frauen aus dem Autismus-Spektrum häufiger als ihre männlichen Altersgenossen diagnostisch übersehen oder falsch zugeordnet werden. Das hat verschiedene Gründe. Erstens bilden die üblichen diagnostischen Instrumente für Autismus, die sehr an der Verhaltensbeobachtung orientiert sind, eher den männlichen autistischen Verhaltenstyp ab als den weiblichen. Zweitens kann vermutet werden, dass die weiblichen Betroffenen einem höheren sozialen Druck ausgesetzt sind und sich somit stärker anpassen müssen, um im sozialen Gefüge, beispielsweise der Schule, toleriert zu werden. Drittens ist zumindest denkbar, dass weibliche Betroffene im Durchschnitt höhere kompensatorische Möglichkeiten der sozialen Anpassung haben. Insofern verwundert es nicht, dass der Autismus von Birgit Saalfrank bis weit ins Erwachsenenalter hinein als solcher nicht erkannt wurde.
Im vorliegenden Buch beschreibt sie eindrücklich, wie sie mit allen erdenklichen Mitteln versuchte, ihr Anderssein, das für sie selbst keinen anderen Namen hatte als ein vages Gefühl,