In meinen Nächten hell durch dich.
Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde;
Sie sagen, du veränderst dich.
Allein du änderst nur die Lichtgebärde,
Und liebst mich unveränderlich.
Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde;
Nur mein Erdenschatten hindert dich,
Die Liebesfackel stets am Sonnenherde
Zu zünden in der Nacht für mich.
Friedrich Rückert
Die Beiden
Sie trug den Becher in der Hand –
Ihr Kinn und Mund glich seinem Rand –,
So leicht und sicher war ihr Gang,
Kein Tropfen aus dem Becher sprang.
So leicht und fest war seine Hand:
Er ritt auf einem jungen Pferde,
Und mit nachlässiger Gebärde
Erzwang er, dass es zitternd stand.
Jedoch, wenn er aus ihrer Hand
Den leichten Becher nehmen sollte,
So war es beiden allzu schwer:
Denn beide bebten sie so sehr,
Dass keine Hand die andre fand
Und dunkler Wein am Boden rollte.
Hugo von Hofmannsthal
[Dû bist mîn]
Dû bist mîn, ich bin dîn:
des solt dû gewis sîn.
dû bist bezlozzen
in mînem herzen:
verlorn ist daz slüzzelîn:
dû muost immer drinne sîn.
Anonym
Das Rosenband
Im Frühlingsschatten fand ich sie;
Da band ich sie mit Rosenbändern:
Sie fühlt’ es nicht, und schlummerte.
Ich sah sie an; mein Leben hing
Mit diesem Blick’ an ihrem Leben:
Ich fühlt’ es wohl, und wusst’ es nicht.
Doch lispelt’ ich ihr sprachlos zu,
Und rauschte mit den Rosenbändern:
Da wachte sie vom Schlummer auf.
Sie sah mich an; ihr Leben hing
Mit diesem Blick’ an meinem Leben,
Und um uns ward’s Elysium.
Friedrich Gottlieb Klopstock
Mit einem gemalten Band
Kleine Blumen, kleine Blätter
Streuen mir mit leichter Hand
Gute junge Frühlingsgötter
Tändelnd auf ein luftig Band.
Zephyr, nimm’s auf deine Flügel,
Schling’s um meiner Liebsten Kleid;
Und so tritt sie vor den Spiegel
All in ihrer Munterkeit.
Sieht mit Rosen sich umgeben,
Selbst wie eine Rose jung.
Einen Blick, geliebtes Leben!
Und ich bin belohnt genung.
Fühle, was dies Herz empfindet,
Reiche frei mir deine Hand,
Und das Band, das uns verbindet,
Sei kein schwaches Rosenband!
Johann Wolfgang von Goethe
Willst du dein Herz mir schenken
Willst du dein Herz mir schenken,
So fang es heimlich an,
Dass unser beider Denken
Niemand erraten kann.
Die Liebe muss bei beiden
Allzeit verschwiegen sein,
Drum schließ die größten Freuden
In deinem Herzen ein.
Behutsam sei und schweige
Und traue keiner Wand,
Lieb innerlich und zeige
Dich außen unbekannt.
Kein Argwohn musst du geben,
Verstellung nötig ist,
Genug, dass du, mein Leben,
Der Treu versichert bist.
Begehre keine Blicke
Von meiner Liebe nicht.
Der Neid hat viele Tücke
Auf unsern Bund gericht!
Du musst die Brust verschließen,
Halt deine Neigung ein,
Die Lust, die wir genießen,
Muss ein Geheimnis sein.
Zu frei sein, sich ergehen,
Hat oft Gefahr gebracht.
Man muss sich wohl verstehen,
Weil ein falsch Auge wacht.
Du musst den Spruch bedenken,
Den ich vorher getan:
Willst du dein Herz mir schenken,
So fang es heimlich an.
Anonym
Willkommen und Abschied
Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!
Es war getan fast eh gedacht;
Der Abend wiegte schon die Erde,
Und an den Bergen hing die Nacht:
Schon stand im Nebelkleid die Eiche,
Ein aufgetürmter Riese, da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah kläglich aus dem Duft hervor,
Die Winde schwangen leise Flügel,
Umsausten schauerlich mein Ohr;
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer;
Doch frisch und fröhlich war mein Mut:
In meinen Adern welches Feuer!
In meinem Herzen welche Glut!
Dich sah ich, und die milde Freude
Floß