Wilde Küsse. Hansjürgen Blinn (Hrsg.). Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hansjürgen Blinn (Hrsg.)
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742794048
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es nicht, ich weiß nur, dass ich werde

      In meinen Nächten hell durch dich.

      Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde;

      Sie sagen, du veränderst dich.

      Allein du änderst nur die Lichtgebärde,

      Und liebst mich unveränderlich.

      Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde;

      Nur mein Erdenschatten hindert dich,

      Die Liebesfackel stets am Sonnenherde

      Zu zünden in der Nacht für mich.

      Friedrich Rückert

      Die Beiden

      Sie trug den Becher in der Hand –

      Ihr Kinn und Mund glich seinem Rand –,

      So leicht und sicher war ihr Gang,

      Kein Tropfen aus dem Becher sprang.

      So leicht und fest war seine Hand:

      Er ritt auf einem jungen Pferde,

      Und mit nachlässiger Gebärde

      Erzwang er, dass es zitternd stand.

      Jedoch, wenn er aus ihrer Hand

      Den leichten Becher nehmen sollte,

      So war es beiden allzu schwer:

      Denn beide bebten sie so sehr,

      Dass keine Hand die andre fand

      Und dunkler Wein am Boden rollte.

      Hugo von Hofmannsthal

      [Dû bist mîn]

      Dû bist mîn, ich bin dîn:

      des solt dû gewis sîn.

      dû bist bezlozzen

      in mînem herzen:

      verlorn ist daz slüzzelîn:

      dû muost immer drinne sîn.

      Anonym

      Das Rosenband

      Im Frühlingsschatten fand ich sie;

      Da band ich sie mit Rosenbändern:

      Sie fühlt’ es nicht, und schlummerte.

      Ich sah sie an; mein Leben hing

      Mit diesem Blick’ an ihrem Leben:

      Ich fühlt’ es wohl, und wusst’ es nicht.

      Doch lispelt’ ich ihr sprachlos zu,

      Und rauschte mit den Rosenbändern:

      Da wachte sie vom Schlummer auf.

      Sie sah mich an; ihr Leben hing

      Mit diesem Blick’ an meinem Leben,

      Und um uns ward’s Elysium.

      Friedrich Gottlieb Klopstock

      Mit einem gemalten Band

      Kleine Blumen, kleine Blätter

      Streuen mir mit leichter Hand

      Gute junge Frühlingsgötter

      Tändelnd auf ein luftig Band.

      Zephyr, nimm’s auf deine Flügel,

      Schling’s um meiner Liebsten Kleid;

      Und so tritt sie vor den Spiegel

      All in ihrer Munterkeit.

      Sieht mit Rosen sich umgeben,

      Selbst wie eine Rose jung.

      Einen Blick, geliebtes Leben!

      Und ich bin belohnt genung.

      Fühle, was dies Herz empfindet,

      Reiche frei mir deine Hand,

      Und das Band, das uns verbindet,

      Sei kein schwaches Rosenband!

      Johann Wolfgang von Goethe

      Willst du dein Herz mir schenken

      Willst du dein Herz mir schenken,

      So fang es heimlich an,

      Dass unser beider Denken

      Niemand erraten kann.

      Die Liebe muss bei beiden

      Allzeit verschwiegen sein,

      Drum schließ die größten Freuden

      In deinem Herzen ein.

      Behutsam sei und schweige

      Und traue keiner Wand,

      Lieb innerlich und zeige

      Dich außen unbekannt.

      Kein Argwohn musst du geben,

      Verstellung nötig ist,

      Genug, dass du, mein Leben,

      Der Treu versichert bist.

      Begehre keine Blicke

      Von meiner Liebe nicht.

      Der Neid hat viele Tücke

      Auf unsern Bund gericht!

      Du musst die Brust verschließen,

      Halt deine Neigung ein,

      Die Lust, die wir genießen,

      Muss ein Geheimnis sein.

      Zu frei sein, sich ergehen,

      Hat oft Gefahr gebracht.

      Man muss sich wohl verstehen,

      Weil ein falsch Auge wacht.

      Du musst den Spruch bedenken,

      Den ich vorher getan:

      Willst du dein Herz mir schenken,

      So fang es heimlich an.

      Anonym

      Willkommen und Abschied

      Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!

      Es war getan fast eh gedacht;

      Der Abend wiegte schon die Erde,

      Und an den Bergen hing die Nacht:

      Schon stand im Nebelkleid die Eiche,

      Ein aufgetürmter Riese, da,

      Wo Finsternis aus dem Gesträuche

      Mit hundert schwarzen Augen sah.

      Der Mond von einem Wolkenhügel

      Sah kläglich aus dem Duft hervor,

      Die Winde schwangen leise Flügel,

      Umsausten schauerlich mein Ohr;

      Die Nacht schuf tausend Ungeheuer;

      Doch frisch und fröhlich war mein Mut:

      In meinen Adern welches Feuer!

      In meinem Herzen welche Glut!

      Dich sah ich, und die milde Freude

      Floß