Erich Hübener
Die drei Lästerschwestern können's nicht lassen
Fortsetzung von "Drei Lästerschwestern auf Borkum"
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Inhaltsverzeichnis
Die drei Lästerschwestern können’s nicht lassen.
Die drei Lästerschwestern können’s nicht lassen.
Maria saß auf dem Oberdeck der Fähre Friesia II, die auf dem Weg von Emden nach Borkum war, und fragte sich gerade, ob sie es wirklich sei: Sie, Maria Stürmer aus Augsburg, die mit zwei großen Koffern unterwegs war zur Insel ihrer Träume. Aber nicht um dort Urlaub zu machen, sondern um dort zu wohnen, zumindest vorerst. Es war so etwas Ähnliches wie ein Umzug, zwar erst einmal nur zur Probe für ein paar Wochen oder vielleicht Monate, aber sie hatte sich ihr Rückzugsrefugium in Augsburg erhalten, ihre Wohnung im dritten Stockwerk des Mehrfamilienhauses mit Blick auf den Dom und die Altstadt. Dorthin könnte sie jederzeit wieder zurückkehren, wenn …
Verließ sie jetzt der Mut so kurz vor dem Ziel? Es war ja keine Schnapsidee gewesen. Alles war von langer Hand geplant und vorbereitet. Aber jetzt …
Sie blickte zurück und als das Festland am Horizont verschwunden war, drehte sie sich um und blickte nach vorn. Ja, sagte sie zu sich selbst, ich wollte es so und nun mache ich es auch so. Sie wendete ihr Gesicht der Sonne zu, schloss die Augen und erinnerte sich daran, wie es zu dieser Entscheidung gekommen war.
Angefangen hatte das Ganze auf Rebekkas Hochzeit, die Hochzeit ihrer Freundin, die vor einem Jahr ihren Traumprinzen, den Meeresbiologen Enno Reemtsma heiratete. Da er aus Leer stammte, hatte die Trauung auch in Leer stattgefunden, die Feier aber auf Borkum und zwar im Restaurant „Heimliche Liebe“, das sie aus ihrer Kur vom Vorjahr her kannten. Damals hatte Rebekka schon gesagt, als die drei „Lästerschwestern“ dort auf der Terrasse beim Kaffee gesessen hatten: „Wenn ich einmal heiraten sollte, dann findet die Feier hier in der „Heimlichen Liebe“ statt, und nicht heimlich, sondern öffentlich und für alle sichtbar.“ Und so hatten die zwei es dann auch gemacht. Es war eine herrliche Feier gewesen, zum Weinen schön.
Und dann war etwas Eigenartiges geschehen. Maria war auf die Terrasse gegangen, um in der Ecke „heimlich“ eine Zigarette zu rauchen, als sie plötzlich angesprochen wurde. Eine tiefe, sympathische Männerstimme hatte zu ihr gesagt: „Sie müssen hier nicht im Eckchen stehen, wenn Sie rauchen wollen. Sehen Sie, da drüben ist eine Bank, die Sie gerne benutzen dürfen. Das ist doch gemütlicher, oder?“ Sie hatte den Mann angesehen und in das Gesicht eines etwa Sechzigjährigen geblickt, in dessen gegerbter Haut zwei hellblaue Augen leuchteten. „Rauchen Sie auch?“ hatte sie ihn gefragt und sich schon auf den Weg zu der Gartenbank gemacht, so dass der Mann sie zur Beantwortung ihrer Frage zwangsläufig begleiten musste. „Nein, nein“, hatte er geantwortet, „schon lange nicht mehr. Früher einmal, mehr meiner Frau zuliebe, denn sie mochte beim Rauchen nicht gerne allein auf der Bank sitzen. Aber als sie vor fast zehn Jahren starb, habe ich das Rauchen wieder aufgegeben. Meine Frau hat sowieso immer gesagt, dass ich im Grunde nur ein Gelegenheitsraucher sei.“ Als wir bei der Bank angekommen waren, hatte er gesagt „Bitte“ und mir die Platzwahl überlassen. Damals habe ich schon gedacht, dass er ein Kavalier der alten Schule sei, und das ist er auch. Er hatte sich einfach neben mich gesetzt, die Ellenbogen auf die Knie gestützt und auf das Meer geblickt. Ich hatte ihn eine Zeitlang angeschaut und er war mir immer sympathischer geworden. Endlich hatte ich gefragt „Wohnen Sie hier?“
Er hatte kurz gelacht und dann gesagt „Ja, so kann man das auch nennen. Mir gehört der ganze Laden. Ich bin, wie man so schön sagt, der Seniorchef der `Heimlichen Liebe´.“ Und ohne weitere Aufforderung hatte er weitererzählt:
„Meine Frau und ich haben die Heimliche Liebe vor mehr als 30 Jahren gepachtet. Der Laden war ziemlich heruntergekommen. Aber unserer Meinung nach war es eine gute Lage. Man musste nur etwas daraus machen. Und dann haben wir die Ärmel hochgekrempelt und losgelegt. Ich habe Koch gelernt und meine Frau war praktisch in einem Haus wie diesem aufgewachsen, denn ihre Eltern hatten selbst ein Restaurant. Wir waren also beide vom Fach und haben deshalb auch den Kahn wieder ziemlich schnell flottgekriegt. Heute läuft das Restaurant und der Hotelbereich hervorragend, das Terrassencafe ist tagsüber gut besucht und in der Saison ist das Hotel fast immer ausgebucht…..“
Maria schreckte hoch und öffnete die Augen. Das Motorengeräusch der Fähre hatte sich verändert und sie aus ihren Tagträumen gerissen. Sie steuerten schon den Borkumer Hafen an. Marias Herz schlug ein bisschen schneller und es steigerte sich