Malik Mantikor … trifft Fynn Lichtermeer. I. Tame. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: I. Tame
Издательство: Bookwire
Серия: Malik Mantikor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748596387
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Kopf gegen seine Hand gerieben wie ein rolliger Kater „... mit ihm geredet und dann war er weg!“

      Yassin – der loyale Yassin – glaubt jedes Wort seines Freundes. Seine Miene verzieht sich entsetzt. „Mann, Alter! Weißt du, was das war? Ein Dschinn!“, gibt er nahtlos die Antwort auf seine Frage. „Die gibt es tatsächlich, kein Scheiß!“

      „Hast du ihn gesehen?“, wiederholt Fynn seine ursprüngliche Frage. Dabei dreht er sich immer wieder Richtung Theke. Doch wo vorher noch die Verheißung des Paradieses stand, drängeln sich bloß die üblichen Leute.

      „Nein!“ Schuldbewusst senkt Yassin den Blick. „Ich hab' den niedlichen Kellner beobachtet. Entschuldige!“, fügt er kleinlaut hinzu. Fynn winkt ab.

      „Du kannst ja ...“ Als hätte ihn der Schlag getroffen, hält er inne und atmet laut auf. Erschrocken schlägt er eine Hand vor den Mund.

      „Er kannte meinen Namen, Yassin!“ Mit weit aufgerissenen Augen starrt er seinen Freund an. „Das war alles kein Zufall! Der Typ kannte meinen Namen!“

      Yassins olivgrüne Haut nimmt eine hellere Färbung an. „Ey, hör' auf!“, haucht er besorgt. „Das hört sich voll nach Verfolgung an. Willst du lieber bei mir pennen?“

      Jetzt muss Fynn doch grinsen. „Sind wir hier bei 'Fünf Freunde auf dem Ponyhof?'“, frotzelt er, obwohl ihm immer noch mulmig zumute ist. „Du spinnst wohl! Das hättest du wohl gerne, dass du deinen Ständer gegen meine Kniekehlen drücken kannst. Vergiss es!“

      Sie retten sich in Albernheiten, trinken ihr Bier und vergessen den komischen Zwischenfall an der Theke. Vorerst!

      Eine Stunde später beschließen die beiden Freunde ihren gemeinsamen Dart-Abend zu beenden. Der ominöse Fremde wurde nur noch ein-zweimal erwähnt. Doch je weiter der Abend fortschritt, desto einleuchtendere Argumente fielen Fynn für die Sache mit der Begegnung und dem plötzlichen Verschwinden ein. Vielleicht war er einfach kurz eingenickt oder – noch wahrscheinlicher – ein heißer Tagtraum hatte ihn übermannt. Wäre nicht das erste Mal, wie er sich selbst eingestehen muss. Wie dem auch sei. Mit Yassin herumzualbern war schon immer eine super Methode, um sich von anderen Dingen abzulenken.

      Schon ein wenig angeschlagen, torkeln die Freunde leicht gegeneinander als sie sich durch die Eingangstüre der Kneipe nach draußen schieben. Die herrlich frische Nachtluft umschmeichelt ihre Körper und klärt ihre Köpfe ein wenig.

      Wie immer verabschieden sie sich mit einer innigen Umarmung, bevor ihre Wege sich trennen.

      Fynn schließt den Reißverschluss seiner Jacke und schlägt den Kragen hoch. Er stemmt die Hände in die Jackentaschen und trottet los. Wenn er sich auf seine Beine konzentriert, läuft es trotz der genossenen Bierchen ganz gut mit seinem Gleichgewichtssinn. Sein Weg ist nicht weit. Bei seinem flotten Tempo sollte er in 10 Minuten zu Hause sein. Ab und an fallen ihm die Augen zu. Fynn lächelt. Er freut sich auf sein Bett und die weichen Kissen. Mann, ist er müde. In seiner Fantasie lässt er sich bereits hineinfallen und … WAAS??

      Wie vom Blitz getroffen bleibt er stehen. Selbst in Gedanken stottert er. W..W..Was ist d..das … wie … wie bin ich …

      Jemand, der ihn nicht kennt, könnte denken, er sei nicht ganz richtig im Kopf. Da steht er mitten auf dem Bürgersteig und zerrauft sich ratlos seine schon ziemlich struppigen Haare. Nicht, dass er nicht wüsste, wo er ist. Er weiß es ganz genau. METROPOL steht da in großen Lettern über dem Gebäude. Das neue Kino der Stadt. Es handelt sich nicht um einen riesigen Filmpalast, sondern passt von der Größe her wunderbar in eine Kleinstadt. Die Aufmachung wurde den alten Kinos der 60er Jahre nachempfunden. Man denkt wirklich, man hätte einen Zeitsprung gemacht. Eine große Leuchttafel über dem Eingang bewirbt die aktuellen Filme und man bezahlt an einem Aquarium-Kassenhäuschen. Alles wirkt sehr authentisch. Um die Nachtschwärmer anzulocken, haben sich die Kinobesitzer für die Wochenenden etwas Besonderes ausgedacht. Rund um die Uhr laufen verschiedene Klassiker. Eine wunderbare Idee! Fynn und Yassin hatten dieses Angebot auch schon wahrgenommen. Heute wird „Endstation Sehnsucht“ gezeigt. Hab' ich noch nie geseh'n, denkt er beiläufig, während er immer noch versucht, durch das Reiben der Augen seine wirren Gedanken zu ordnen.

      Denn da gibt es ein Problem: das Kino liegt in einer völlig anderen Richtung als Fynns Wohnung. Und er hatte den gleichen Weg wie immer genommen. Er kennt doch seinen Nachhauseweg, verdammt. Selbst mit einer Promille mehr im Blut ist er diesen Weg schon auf allen Vieren zurück gekrochen! Und jetzt … jetzt steht er hier wie angewurzelt und weiß nicht was er davon halten soll.

      „Na, das nenn' ich mal einen Zufall“, schnurrt ihm eine bekannte Stimme ins Ohr. Noch nie zog Fynn so schnell eine Gänsehaut über den Rücken. Langsam – wie ein Zombie – wendet er seinen Kopf nach rechts. Tatsächlich steht der Typ aus der Kneipe neben ihm. Breit grinsend zuckt er schelmisch mit einer Augenbraue.

      Ein Dschinn, schießt Yassins Stimme durch Fynns Kopf. Die gibt es tatsächlich, kein Scheiß.

      „Was meinst du?“, fragt der Dschinn lockend. „Sollen wir uns den Film gemeinsam ansehen? Hm? Ich lade dich ein. Die Vorstellung beginnt in fünf Minuten. Wenn du schon mal hier bist ...“

      Fynn starrt einfach wortlos zurück.

      „Ach, komm schon!“ Der göttliche Mund verzieht sich zu einem sensationellen Schmollen. Der Typ dreht sich um und steuert auf die Kasse zu. Nach drei Schritten bleibt er stehen, hält ihm eine Hand entgegen und deutet einmal mit dem Kopf in Richtung Eingang. Wie ein Schlafwandler bewegt sich Fynn auf ihn zu. Und wie ein schlafwandelnder Erstklässler ergreift er die ihm dargebotene Hand und lässt sich führen. Ihm fehlen die Worte. Er ist nicht in der Lage, sich zu bedanken, geschweige denn zu protestieren. Willenlos tut er, was von ihm verlangt wird.

      „Geh' schon mal vor, Schatz, ja?“, wird er durch die Glastüre in den Vorraum des Kinos geschickt.

      Auch hier befolgt er den als Frage getarnten Befehl.

      Der – in seinen Augen – attraktivste Kerl, den er je gesehen hat, bezahlt für sie beide. Vom Vorraum aus kann er den Fremden nun kurz betrachten. Erst jetzt fällt ihm auf, dass der Typ ganz in Schwarz gekleidet ist. Schwarze Jeans und ein schwarzes Hemd mit Verzierungen an der Knopfleiste. Dazu trägt er eine Art Sacko aus einem ziemlich ausgefallenen Stoff. Seide mit Brokat? Damit kennt sich Fynn wirklich nicht aus. Und wieder fallen ihm diese dunkelroten Haare mit den noch dunkleren Strähnen auf. Wie ein exotisches Tier wirkt der hochgewachsene schlanke Mann, der sich jetzt zum Verkaufsschalter beugt und einige Worte mit der Kartenverkäuferin wechselt. Zufrieden lächelt er schließlich und dreht sich weg. Mit dem gleichen breiten Lächeln schreitet er in Fynns Richtung. Die Frau führt ein kurzes Telefonat, verlässt danach das Kassenhäuschen, schließt ab und … geht. Fynn runzelt die Stirn. Komisch.

      „Sie hat Feierabend“, erklärt der Dschinn als er die schwere Glastüre aufzieht und ebenfalls eintritt. „Ist doch gut! Dann stört uns niemand.“ Gemeinsam schlendern sie Richtung „Kino 1“.

      „Hach! Endstation Sehnsucht!“, seufzt der Fremde. „Bin gespannt, welche Handlung sie sich hier ausgedacht haben!“ Er runzelt leicht die Stirn, als er zu Fynn hinüber schielt. Vor dem Eingang zum großen Saal bleibt er stehen.

      „Sieh' mich an“, raunt er und sein sexy Timbre lässt Fynn leicht erzittern. „Es wird dir gefallen, mein Hübscher!“, flüstert der Dschinn eindringlich. „Das versprech' ich dir!“

      Erneut streichelt er zärtlich mit seinem Daumen über Fynns Wange.

      Kapitel 2

      Er schnappt nach Luft wie ein Ertrinkender. Gleichzeitig schießt Fynns Oberkörper senkrecht empor. Er schwitzt. Die Haare kleben ihm am Kopf. Er sieht aus, als hätte ein durchgeknallter Friseur seine dunkelsten Fantasien mit einer Tube Gel ausgelebt. Um sich zu beruhigen legt er sich instinktiv die rechte Hand auf die Brust. Sein Herz rast wie verrückt und er keucht wie nach