Malik Mantikor … trifft Fynn Lichtermeer. I. Tame. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: I. Tame
Издательство: Bookwire
Серия: Malik Mantikor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748596387
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was einfach nicht gemacht, überlegt er traurig. Yassin schon! Der ist der totale Familienmensch. Aber ich? Ich krieg' doch schon die Krise, wenn meine Kumpels abends zu lange bleiben oder wenn mal einer bei mir übernachtet, weil er zu viel gesoffen hat. Das geht mir einfach auf den Sack. Meine kleine Ordnung darf nicht gestört werden, hat Yassin letztens richtig erkannt. Er wollte mich zwar nur auf den Arm nehmen, doch er hat mit der Bemerkung voll ins Schwarze getroffen. Im Grunde meines Herzens bin ich ein Spießer ... und was für einer!

      Fynn bemerkt nicht, dass er die ganze Zeit über beobachtet wird. Ein Mann mit dunklen Augen – tiefer und abgründiger als die schwärzeste Nacht – registriert jeden seiner Schritte, jede Geste, jedes Mienenspiel. Lässig lehnt sich der Typ an die Theke, während sein hungriger Blick an Fynns Hintern hängen bleibt. Gleichzeitig entweicht ein sanfter rollender Laut der Kehle des Beobachters. Ketzerische Gedanken schleichen sich in das Hirn des Fremden.

       Du meine Güte! Was haben wir denn da? Ein Lichtermeer wie er im Buche steht. Groß, blond und zum Anbeißen sexy. Und schwul ist er auch noch. Das rieche ich bis hier her. Mhmm. Niemand hat gesagt, dass ich ihn nicht kosten darf. Fynn Lichtermeer. Was für ein Leckerbissen!

      Kurze Zeit später räumen die beiden Freunde den Platz an der Dartscheibe und steuern auf einen freien Tisch zu. Fynn fühlt sich eigenartig beobachtet. Immer wieder dreht er sich um und lässt seinen Blick über die feiernden Leuten gleiten, die sich um die breite Theke drängeln. Es ist Freitagabend. Da ist „Bei Resi“ – ihrer Lieblingskneipe – immer der Teufel los. Die Leute freuen sich aufs Wochenende und trinken gemeinsam darauf, dass sie für zwei Tage den Arbeitsalltag hinter sich lassen können. Die Musik dudelt im Hintergrund. Gläser klirren, das helle Gelächter der Frauen mischt sich mit dunkel dröhnenden Männerstimmen. Alles ist wie immer … eigentlich.

      Komisch, denkt Fynn verwirrt, ich könnte schwören … irgendeiner beobachtet mich. Immer wenn ich der Theke den Rücken zudrehe, spüre ich ein Kribbeln im Nacken. Ich glaub, ich werd' langsam verrückt.

      „Hey!“

      „Hey!“

      „HEY!!“

      Seinen letzten Ausruf unterstreicht Yassin mit einem leichten Klaps gegen Fynns Oberschenkel.

      „Was ist los, Alter? Nach wem drehst du dich dauernd um? Zeig' mir lieber direkt, in wen du dich verguckt hast! Du weißt, dass ich es sowieso rausfinde!“

      Endlich hat Yassin Fynns Aufmerksamkeit, doch dessen Blick ist immer noch verwirrt.

      „Da beobachtet mich irgendwer.“

      „Ja??“ Als hätte er einen Stromschlag bekommen, setzt sich Yassin auf. Wie bei einem nervösen Vögelchen – einem Riesenvögelchen – zuckt sein Kopf leicht hin und her, während er den Blick über die Menschen streichen lässt.

      „Nicht so auffällig!“, zischt Fynn ihm zu.

      „Warum denn nicht?“ Verständnislos verdreht Yassin die Augen, während er fragend die Hände hebt. „Manchmal hast du wirklich einen Knall. Wenn du schon meinst, das da jemand ist, der dich beobachtet, dann solltest du dich nicht wie ein Verbrecher auf der Flucht benehmen, sondern ...“

      „Sondern?“, fällt ihm Fynn scharf ins Wort.

      Vertraulich beugt sich Yassin zu ihm rüber.

      „Benimm dich gefälligst wie eine Schlampe, die zu haben ist, du Idiot. So krieg' ich dich ja nie unter die Haube!“

      Wie immer kichern beide los. Wenn sie sich gegenseitig auf den Arm nehmen, ist es schnell vorbei mit der Erwachsenen-Fassade. Für Yassin würde Fynn wirklich alles tun. Lachend wischt er sich einige Tränen aus den Augenwinkeln.

      „Du kriegst langsam Falten!“, zieht sein Freund ihn auf.

      „Arschloch!“, kommentiert Fynn trocken den unverschämten Kommentar. „Noch ein Bier, du unwürdiger alkoholsüchtiger Sohn eines Kameltreibers?“

      Fynn steht auf und dreht sich weg, ohne Yassins Antwort abzuwarten. Es ist sowieso klar, dass sie noch ein Bier trinken. Rücksichtsvoll schiebt er sich durch die Traube der Leute Richtung Theke. Auf der rechten Seite bietet sich eine Lücke. Sofort nutzt Fynn seine Chance. Er stützt beide Unterarme auf den Tresen, während er darauf wartet, dass der Barkeeper in seine Richtung blickt.

      „Na?“, raunt ihm plötzlich jemand zu. „Durstig?“

      Fynns Kopf schnellt zur Seite und starrt in ein Paar unergründlicher schwarzer Augen. Das ebenmäßige Gesicht mit den hohen Wangenknochen grinst ihm frech entgegen. Einige vorwitzige Haarsträhnen fallen seinem Gegenüber sexy in die Stirn. Fynns Blick verfängt sich in dem vollen Haar. So eine Farbe hat er noch nie gesehen. Ein Rot, dunkler als ein Rubin oder wie ganz dunkles Blut, durch welches sich breite schwarze Strähnen ziehen. Fast unecht wirkende strahlend weiße Zähne blenden ihn geradezu. Immer wieder wechselt sein Blick von den seidigen Haaren zu dem verführerischen Mund. Dessen Lippen schließen sich soeben und flüchtig – ganz flüchtig – leckt der Typ mit seiner Zungenspitze darüber. Unmerklich beugt sich Fynn ihm entgegen. Am liebsten würde er seine Finger in den nackenlangen Haaren dieser Erscheinung vergraben und damit beginnen die eigenartigen Strähnen zu untersuchen. Fast hätte er sich gehen lassen, aber nur fast.

      „Hast DU mich beobachtet?“, krächzt er um Fassung ringend.

      Keck lehnt sich der schlanke Typ seitwärts gegen die Theke.

      „Na, du bist mir ja ein ganz Schlauer“, schmeichelt er zurück. „Wen soll ich wohl sonst bewundern, wenn nicht dich?!“ Schmunzelnd verzieht sich sein Göttermund zu einer süffisanten Schnute. „Du bist was ganz Besonderes, Fynn Lichtermeer. Ein Pralinée unter den langweiligen Bonbons, wenn du verstehst, was ich meine!“

       Der kennt meinen Namen?

      Jetzt hebt der Fremde seine Hand und streichelt Fynns Wange. „Köstlich! Einfach köstlich!“, murmelt er dabei und sein Blick fährt zufrieden über den Oberkörper seines Gegenübers. Fynn erstarrt unter der zärtlichen Berührung. Das ist einfach … unglaublich. So ein Gefühl von sexueller Spannung hat er noch nie erlebt. Er muss mehr über diesen Kerl wissen. Wie heißt er überhaupt? Noch immer hält ihn die sanfte Berührung in ihrem Bann. Fynn schließt die Augen.

      „Wie heißt du?“, murmelt er voller Hingabe.

      „WAS DU TRINKEN WILLST, HAB' ICH DICH GEFRAGT!“, brüllt der genervte Barkeeper.

      Fynn fährt zusammen, reißt die Augen auf und sieht sich hektisch um.

      „Wo … wo ...“, stottert er verwirrt. Dabei legt er seine Hand auf die immer noch kribbelnde Wange.

      „Was?!!“, ranzt der Typ hinter der Theke.

      „Zwei … zwei Pils, bitte.“ Fynn hat sich halbwegs wieder im Griff. Doch sein Puls jagt wie ein D-Zug durch die Blutbahnen. Er atmet einige Male durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus, um seine Aufregung in den Griff zu kriegen. Zusätzlich taxiert er verstohlen die Leute um sich herum. Keiner scheint sich irgendwie anders zu benehmen. Niemand ist etwas aufgefallen. Wo zum Geier ist dieser Typ hin? Das kann ich mir doch nicht eingebildet haben. Vielleicht hat Yassin was gesehen.

      Er hält es kaum aus, bis er endlich die beiden Getränke in den Händen hält. Zitternd stellt er sie auf dem kleinen Tisch vor Yassin ab.

      „Was ist?“ Sein Kumpel starrt ihn erstaunt an. „Hast du einen Geist gesehen?“

      „So was ähnliches ...“, seufzt Fynn und lässt sich auf seinen Stuhl fallen. „Hast du den Typen neben mir an der Bar gesehen?“, haspelt er schnell weiter. „Der mit den dunkelroten Haaren? Der MUSS dir aufgefallen sein. Er war …“ bezaubernd … Beinahe hätte er seinen Gedanken laut ausgesprochen. Doch bester Freund hin oder her, das Wort „bezaubernd“ als Beschreibung für einen anderen Mann zu verwenden, ist einfach indiskutabel!

      „Er … er … sah geil aus, mega sexy, wie ein amerikanischer Schauspieler oder so was, verstehst du? Er hat mich angesprochen