Leicht.Sinnlich. Barbara A. Lehner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Barbara A. Lehner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847610120
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Schenkel drängte, schrie sie auf.

      „Die Erdäpfel! Sie brennen an! Nehmen Sie bitte den Topf vom Herd!“

      „Kochen ist Ihre Aufgabe.“

      Er packte sie fest an den Hüften, so dass es ihr ein bisschen wehtat, und hob sie mit seinen kräftigen Händen vom Tisch. Mit weichen Knien torkelte sie zum brodelnden Topf und stellte ihn beiseite.

      „Hmmm. Die riechen gut. Haben Sie die mit Ihren eigenen Händen aus der Erde geholt?“

      „Ja. Mit wessen Händen denn sonst?“

      „Hoffentlich haben sie die armen Erdäpfel dabei nicht genauso grob angefasst wie mich eben.“ Sie hoffte das weniger aus Mitleid als aus Eifersucht und wünschte sich, dass er gleich wieder so zugriff. Diesen Gefallen tat er ihr natürlich nicht. „Steht auf Ihrer Unterhose eigentlich auch Ich kann?“, fragte sie, streifte ihn beim Vorbeigehen mit der Hand am Oberschenkel und fing an den Kürbis zu schneiden und den Mangold von den Stielen zu zupfen.

      „Wie man’s nimmt.“

      „Zeigen Sie doch mal.“

      „Schauen Sie doch selber nach.“

      Das ließ Grete sich nicht zweimal sagen. Sie wischte sich die nassen Hände an seinem Shirt ab und knöpfte seine Jeans auf, sorgsam darauf bedacht, nur den Stoff und nicht den Körper darunter zu berühren. Als sie alle fünf Knöpfe geöffnet hatte, zog sie die Hose über seine Hüfte. „Ich sehe nichts.“ In Wahrheit sah sie sehr wohl etwas.

      „Vielleicht steht es auf der Innenseite.“

      „Oh ja. Da steht tatsächlich etwas.“ Sie ging in die Knie.

      „Können Sie lesen?“

      „Grundsätzlich ja. Aber es ist zu dunkel hier. Und außerdem ist es verdammt heiß. Darf ich ein bisschen blasen?“

      Er sagte wenigstens nicht Nein. Also blies sie. Ganz sanft. Ganz behutsam.

      „Wird es schon etwas weniger heiß?“, fragte sie besorgt.

      „Nein. So wird die Glut noch mehr angefacht.“

      Das hatte Grete auch schon gemerkt. Das Feuer wärmte ihre Hände und Lippen. Trotzdem fragte sie: „Soll ich versuchen zu löschen?“

      Sie nahm einen Schluck Veltliner und begann mit den Löscharbeiten. Grete mochte eine erstklassige Apothekerin sein, aber sie war eine lausige Feuerwehrfrau, denn trotz aller Bemühungen hatte sie das Gefühl, nur Öl ins Feuer zu gießen.

      *

      „Schmeckt’s?“

      „Ja.“ Er führte die Gabel mit dem Kartoffel-Kürbis-Mangold-Auflauf zum Mund. „Und Ihnen?“

      „Ja.“ Sie hatte sein T-Shirt an, das sie ihm nach dem Sex abgenommen hatte. „Wie Sie sehen, kann ich nämlich auch... kochen.“

      „Nicht nur das können Sie.“

      „Grete“, sie griff nach dem Weinglas und ließ es gegen seines klingen.

      „Ich weiß.“

      Sie tranken jetzt langsam. Sie aßen langsam. Sie schauten sich langsam in die Augen. Und draußen wurde es langsam dunkel.

      Grete würde morgen nach Salzburg fahren. Oder übermorgen. Oder gar nicht. Sie wusste plötzlich nicht mehr, ob sie die Apotheke tatsächlich aufgeben sollte. Sie wusste nur, wie sie die heutige Nacht verbringen wollte. An den schweigsamen Heinz geschmiegt.

      „Können Sie noch bleiben?“, hatte er gefragt und sie hatte wortlos geantwortet: „Ich kann.“

      Leicht.Sinn

      Sie fühlt sich wie ein 14jähriges Mädchen vor dem ersten Schulball, dabei ist sie Mitte Vierzig. Trotzdem fühlt sie sich wie vor dem ersten Kuss. Vor dem ersten Date. Vor dem ersten was auch immer.

      Was zieh ich an? Wie schau ich aus? Welches Kleid? Dieses hier oder dieses? „Oha“, sagt ihre Freundin, „dafür brauchst du einen Waffenschein“. Zu nuttig? Sie dreht sich vor dem Spiegel, in den hochhackigen Schuhen. „Nein, das ist gut“, sagt die Freundin, „sehr erotisch“. Sie schlüpft wieder aus den Schuhen und lässt drei verschiedene Strumpfhosen durch ihre Finger gleiten. Sie entscheidet sich für die mit den Flammen und dem Schmetterling auf einem Fuß. Die war teuer. Sie wird dran glauben müssen, lächelt sie.

      Aber wer weiß. Wer weiß, steht er überhaupt an der U-Bahn-Station, vielleicht bekommt er ja kalte Füße. Vielleicht auch nicht. Vielleicht kann er sie einfach nicht riechen oder schmecken. Vielleicht mag er die Art, wie sie lacht, nicht. Wahrscheinlich wird es ihr weh tun, wenn sie spürt, dass er nicht mit ihr schlafen will. Dass sie möglicherweise nicht mit ihm schlafen will, weil sie ihn vielleicht nicht riechen oder schmecken oder sein Lachen nicht ertragen kann, zieht sie nicht in Betracht. An ihm zweifelt sie nicht, nur an sich selbst.

      „Wir werden das gut hinkriegen“, haben sie einander in den letzten SMS versichert, „wir werden behutsam und respektvoll miteinander umgehen, auch wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden.“ Einfach gemütlich was trinken, nett zu Abend essen, quatschen. Und doch hofft sie, dass ihr Hunger anders gestillt wird als mit einem Steinpilzrisotto.

       Sie kommt ihm entgegen, ohne sich zu bewegen. Das erledigt die Rolltreppe für sie, serviert sie ihm sozusagen. Sie zieht das Kleid ein wenig hinunter, es rutscht immer wieder hoch. Er steht da oben und lächelt. Er sieht ein wenig anders aus als auf dem Foto, magerer, und nervös. Sie lächelt auch. Sie hat Angst. Wünscht sich, die Fahrt mit der Rolltreppe möge noch ein paar Minuten dauern und sie einander nur aus der Ferne anlächeln. Aber irgendwann ist sie da. Stolpert in seine Arme.

      Küsse auf den Mund, mit Zunge. Ihre Hand kriecht unter sein Shirt, fühlt die Haut, nach der sie sich monatelang gesehnt hat. In einem Bruchteil einer Sekunde hat ihr Hirn - oder was immer das ist, das für uns Entscheidungen trifft, denkt sie – sämtliche ankommenden Informationen der Sinnesorgane verarbeitet und entschieden: Es ist gut, wie es ist.

      Seines auch, das schmeckt sie am Kuss. „Gott, siehst du sexy aus“ sagt er und seine Worte schwemmen die Angst, nicht schön genug, nicht begehrenswert genug zu sein einfach weg. Sonst will sie nicht auf ihr Äußeres, nicht auf ihre Erotik reduziert werden. Aber in diesem Moment schreit alles in ihr genau danach. Reduziere mich. Begehre mich. Fick mich. Zum Glück hat er gesagt: Du siehst sexy aus. Und nicht du wirkst sehr intellektuell, denkt sie später, als sie wieder denken kann.

       Hand in Hand geht sie mit dem fremden Mann durch die Fußgängerzone der fremden Stadt. Immer wieder bleiben sie stehen und küssen einander. Die Küsse werden gieriger, die Hände mutiger. Ohne was drunter?, fragt er, die Hände auf ihrem Hintern. Sie nickt. „Du auch?“ Aufgeregt. Angeregt. Schnell auch erregt. Sie sitzen im Café. Sie trinkt Latte Macchiato, er leckt ihr den Milchschaum von den Lippen, während seine Hand unter ihr Kleid kriecht. Ihre Hand ruht auf seiner Hose, im Schritt. Sie kann seinen Schwanz spüren. Als seine Hand ihre Schenkel hochstreichelt und zwischen ihre Beine gleitet, überschwemmt die Berührung sie. „Nass“, sagt er und meint nicht das Wetter. „Hart“, sagt sie und meint nicht den Kuchen. Sie lachen. „Ich spreche kein Smalltalk“, sagt er, und das trifft sich gut, weil sie jetzt keinen Smalltalk will.

      „Weiß jemand, wo du bist?“, will er wissen und findet es leichtsinnig, dass sie es ihrer Freundin nicht gesagt hat. „Ich hab’s vergessen“, meint sie, dabei hat sie es einfach nicht für notwendig gehalten hat und ihm vertraut. Ihm und ihrer Menschenkenntnis. Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben, denkt sie.

      „Willst du mich noch immer lecken?“, fragt sie und lächelt ihn scheu an – ein wenig unsicher einerseits, aber andererseits kann sie das „Ja“ in seinen Augen lesen.

      „Oh ja“, sagt er, und noch während er das sagt, spürt sie seinen Finger in sich. „Alles deins“, sagt sie.

      Irgendwann dann an der Wand. Der Moment, den sie in ihren