Sie ließ den Wein im Glas kreisen und atmete seinen Duft ein, wie sie es im Weinseminar gelernt hatte. Er roch nach Mangos, Honig und einem Stück geräuchertem Scheunentor. Sie prostete ihm zu, setzte das Glas an die Lippen und kostete.
„Und?“, fragte er.
„Zurückhaltend, elegant und verschlossen.“
Er prostete zurück, leerte sein Glas in einem Zug und schaute sie aufmunternd an.
Nun denn, dachte Grete, wenn es hier so Brauch ist. Sie setzte erneut an und tat es ihm gleich.
„Schmeckt, gell?“
In der Tat. Ein guter Wein schmeckte offensichtlich auch, wenn man ihn hinunterkippte wie ein Verdurstender einen Kübel Wasser. Allerdings keineswegs mehr zurückhaltend oder elegant. Heinz schüttete nach, und nur zehn Minuten später hatten sie die erste Flasche ausgetrunken.
„Ganz schön warm, der Ofen.“ Sie knipste zwei Blätter vom Mangold ab und fächerte sich damit Luft zu. Er öffnete die zweite Flasche. „Aber ich muss doch nach Salzburg“, protestierte sie schwach, hielt ihm aber das Glas hin, damit er einschenken konnte.
„Ja, ja.“
„Ich muss dort nämlich meine Apotheke verkaufen.“
„Sicher. Stellen Sie erst mal die Erdäpfel auf.“
„Ha!“ Sie drehte sich abrupt zu ihm und wäre in ihren roten Stiefeln beinahe umgekippt. „Ich weiß, wo der Topf ist.“ Mit viel Glück fand sie auch die Wasserleitung und den Deckel. Es zischte, als sie den gusseisernen Topf mit den Kartoffeln auf den Ofen stellte. Heinz war jetzt ganz nah hinter ihr. „In Salzburg habe ich studiert. Betriebswirtschaft.“
„Großartig. Wissen Sie vielleicht, wo die Bergheimer Straße ist?“
„Ja, das weiß ich.“
„Ausgezeichnet. Da muss ich um vierzehn Uhr sein. Bringen Sie mich hin?“
„Grundsätzlich gern. Aber erstens hab ich soeben eine halbe Flasche Veltliner getrunken und zweitens ist es schon viertel zwei.“
„Du lieber Himmel. Haben Sie ein Telefon?“
„Nein, leider.“ Er grinste.
Sie konnte seinen Atem an ihrem Hals spüren. Sie konnte ihren Herzschlag bis in den Hals spüren. „Nun denn. Möchten Sie zufällig eine Apotheke kaufen?“
„Nicht heute.“
Grete rührte sich nicht. Bei einer Bewegung nach vorne würde sie sich am Ofen verbrennen, bei einem Schritt nach hinten an einem spröden Bauern mit Hochschulabschluss. Sie hätte zur Seite ausweichen können, aber selbst das ging aus irgendeinem Grund nicht. „Was essen wir zu den Erdäpfeln?“, presste sie hervor.
„Ihre Entscheidung. Sie wollten mich zum Essen einladen, nicht ich Sie.“
„Wie soll ich kochen, wenn Sie mir den Weg verstellen?“
Er zuckte mit den Achseln und trat einen Schritt zur Seite. Leider, denn die Kombination aus dem offenem Wachauer Wein und dem verschlossenen Waldviertler Wesen erregte sie. Sie nahm das Gemüse aus der Kiste und legte es Stück für Stück auf den Holztisch. Eine Zwiebel kullerte zu Boden. Langsam und so aufregend wie möglich bückte sie sich um sie aufzuheben. Anscheinend war so aufregend wie möglich aufregend genug, denn sie spürte, wie sich seine grünen Augen auf ihren Po hefteten. Sie drehte sich um, zog die Augenbrauen hoch und schaute ihn herausfordernd an. Mit seinem Mittelfinger gab er einer weiteren Zwiebel einen Schubs. Schwerfällig rollte sie auf die Tischkante zu und fiel mit einem dumpfen Ton hinunter.
„Noch mal“, sagte er.
Das gefällt dir wohl, dachte Grete, und es gefiel ihr, dass es ihm gefiel. Sie achtete sorgfältig darauf, dass ihr Rock jetzt ein paar Zentimeter höher rutschte, spreizte die Beine etwas mehr als beim ersten Mal und hob langsam, ganz langsam die Zwiebel auf, legte sie artig auf ihren Platz zurück, drehte sich um und lehnte sich gegen die Tischkante.
Heinz stand ihr jetzt etwa drei Schritte entfernt gegenüber und sie genoss seinen Blick, der langsam von ihren Füßen aufwärts über ihren Körper glitt. Zwischen ihren Schenkeln verweilte er ein bisschen, und sie spürte, wie es unter ihrem Rock ganz warm wurde.
„Heiß hier“, sagte sie leise, und als er ihre Brüste erreichte, fasste sie sich an den obersten Knopf und öffnete ihn.
„Weiter“, sagte er nach einer unendlich langen Zeit, und Grete machte weiter. Öffnete Knopf für Knopf. Ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Und überlegte, welche Unterwäsche sie wohl heute Morgen angezogen hatte. Hoffentlich passte die zu den roten Stiefeln.
Er zog seine Jacke aus und warf sie auf die Eckbank. Darunter trug er ein schwarzes T-Shirt mit der knappen Aufschrift „Ich kann“. Daran zweifelte sie keineswegs. Sie senkte den Blick. Seine ausgewaschenen Jeans waren zum Knöpfen. Sehr schön, dachte sie.
„Sie auch“, legte er zwei Worte und zwei Stück Holz nach.
„Ja. Ich kann auch.“ Sie schlüpfte aus der Bluse und stand in Rock und cremefarbenem Spitzen-BH vor ihm. Trotz der Hitze zitterte sie und hatte einen trockenen Mund. „Dürfte ich vielleicht noch ein Schlückchen Wein haben?“
Sie durfte.
„Kochen Sie weiter, sonst verhungern wir noch.“
„Gern.“ Sie tat jetzt einfach so, als wäre es das Natürlichste auf der Welt, halbnackt in einem fremden Waldviertler Bauernhaus für einen fremden Waldviertler zu kochen. Und irgendwie war es plötzlich auch das Natürlichste auf der Welt. Sie häutete die Zwiebel und schnitt sie konzentriert in kleine Stücke. „Ganz schön scharf.“ Mit dem Handrücken wischte sie sich die Tränen aus den Augenwinkeln und griff nach dem Kürbis. „Haben Sie als Bauer denn gar kein Fleisch im Haus?“
„Doch. Es schält gerade einen Hokkaido.“
Grete fand, dass es gar kein schlechtes Gefühl war, so ein Stück Fleisch zu sein. Heinz zog einen Stuhl heran, setzte sich rittlings drauf, stützte seine Hände an der Lehne ab und beobachtete sie beim Aushöhlen des Kürbisses.
„Dürfen es auch ein paar Kilo mehr sein?“, fragte Grete. Sein Schweigen wertete sie als stumme Zustimmung. Sie öffnete Knopf und Reißverschluss am Rock und wandte sich wieder dem Kürbis zu. Während sie schälte, rutschte der Stoff nach und nach an ihr herunter und gab die versprochenen Kilos preis. So stand sie ein paar Minuten mit halb herunter gelassenem Rock am Küchentisch und legte das nackte Fruchtfleisch frei.
Als sie fertig war, drehte sie sich zu ihm um und wischte die feuchten Finger über ihren Brüsten trocken. „Ganz schön glitschig.“
„Der Kürbis auch?“
„Ja. Und hart.“
„Ja. Ist er.“
„Können Sie so lieb sein und den Rock ganz hinunterziehen? ich möchte nicht, dass er schmutzig wird. Ich muss ja schließlich noch nach Salzburg. Hab ich das schon erwähnt?“ Sie nahm noch einen Schluck Wein, der sie trunken und mutig machte.
„Ja. Ich kann.“ Sie wusste nicht, ob der Wein ihn auch mutig machte, auf jeden Fall machte er ihn nicht gesprächiger.
„Würden Sie dann bitte auch?“ Noch nie hatte sie einen Mann darum bitten müssen, ihr aus den Kleidern zu helfen, aber gerade das reizte sie.
Heinz stand auf und gab dem Rock mit dem Zeigefinger einen kleinen Stups nach unten. Sie bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung, ihn auf die Bank zu legen, er dagegen schob ihn einfach mit dem Fuß unter den Tisch. Hoffentlich ist der Boden sauber, dachte sie und musste zugeben, dass selbst ein seit Wochen ungekehrter Boden reiner als ihre Phantasien war.
Sie war sich ganz sicher, dass seine Gedanken im Moment nicht weniger schmutzig waren als ihre eigenen, er machte aber weiterhin keine Anstalten sie durch Worte oder Taten daran teilhaben zu lassen. So elegant wie