„Wieso? Weißt du was das ich nicht weiß?“ fragte Eduard nachdem er den Bissen runtergeschluckt hatte. Ein kleiner Faden Käse hing ihm am Kinn. Tobias deutete mit dem Zeigefinger an sein Kinn und Eduard wischte mit der linken Hand schnell über Mund und Kinn.
„Nein, darum geht’s nicht. Ich hab dem Chef einen Vorschlag zu machen, und wenn das nach hinten los geht musst nicht du deinen Kopf hinhalten.“ Tobias lächelte, dann nahm er einen Schluck aus seinem Wasserglas.
„So schlimm?“ Eduard hatte bereits das zweite Stück Pizza im Mund und schmatzte bei seiner Frage mehr als er redete.
„Gut möglich. Hunger?“ Tobias grinste bei seiner Frage deutlich.
„Meine Frau. Ich weiß ja das gesunde Ernährung wichtig ist, aber sie setzt mir viermal die Woche fleischlose Kost vor.“ Eduard schnitt ein weiteres Stück ab und aß es dieses Mal runter bevor er weiter sprach. „Kannst du dir das vorstellen nur Gemüse, Reis und etwas Obst. Ich meine nicht mal Brot oder so, nur Grünzeug.“ Eduard schüttelte den Kopf, ergab sich seiner Lust auf Fett und Schinken und schob das nächste Stück leckerer Pizza nach.
Informationen 4
Joe, der eigentlich Jakob hieß und gar nicht wie der klassische Biker und Kuttenträger aussah, wurde in der ambulanten Chirurgie immer noch zusammen geflickt. Er hatte keine Tattoos, keine langen Haare und auch sonst keine auffälligen äußerlichen Anzeichen. Sein kurzer Bürstenhaarschnitt und seine Brille, die er gelegentlich trug ließen ihn eher wie einen Versicherungsvertreter aussehen.
Mike war mittlerweile zu Tom ins Krankenhaus gekommen und wartete ungeduldig mit seinem Bruder auf die Entlassung des Prospects. Der große Biker warf einen Blick aufs Handydisplay 14:25 Uhr. „Wie lange ist er da schon drin?“ Mike setzte sich neben seinen Bruder und steckte das Handy wieder in die Tasche.
„Gut eine Stunde.“ Tom antwortete seinem Bruder erst nachdem er überlaut gähnte.
„Die Typen von vorhin waren die das erste mal da?“ wollte Mike wissen.
„Ja. Ich schwör dir, ich kenn den MC nicht!“ Tom redete für Mikes Geschmack etwas zu laut und eine ältere Frau neben den Beiden sah verschämt auf den Boden. So als ob sie innerlich sagen wollte, ich habe nichts gehört.
„Ja, ja ist gut.“ Mike nickte und signalisierte seinem Bruder leiser zu reden. „Ich glaub dir Tom. Wir müssen rausfinden wie viele das sind.“
Just in diesem Augenblick ging die Tür des Arztzimmers auf und Joe trat in denn Wartebereich. Mike musterte seinen Prospect. Er sah übel aus. Die Wange musste mit zwei Stichen genäht werden und über dem rechten Auge klebte ein Verband.
„Was ist mit deinem Auge?“ Mike legte bei der Frage die Hand auf die Schulter des Prospects.
„Nichts weiter. Es wurde gespült und ein kleiner Rosthof, so nannte der Arzt die kleinen Partikel, entfernt. Ich muss eine Woche lange Augentropfen nehmen und dann nochmal kommen. Der Doktor meinte ich hatte Glück, beinahe hätte ich das Auge verloren.“ Joe erwies sich als durchaus harter Kerl.
„Hast du was gesagt?“ Mike drückte die Schulter des Prospect unmerklich stärker als vor wenigen Augenblicken. „Wo denkst du hin, kein Wort Mike. Die Sache mit der Spraydose haben sie geglaubt.“ Joe grinste und sah mit dem einen Auge wie ein Lausbub aus der mit einem Streich gerade noch davon gekommen ist.
„Sehr schön.“ Mike umarmte ihn. „Du fährst mit Tom mit. Ich muss ein bisschen telefonieren.“ Mike löste sich von Joe und schob ihn Richtung seines Bruders. Er wartete einige Minuten und nach dem er sicher war dass die Beiden unterwegs waren, machte auch er sich auf den Weg zu seinem Bike. Unten angekommen setzte er sich locker auf den breiten Sitz und zog sein Telefon aus der Tasche. Er konnte die Nummer auswendig, eine Tatsache die in mittlerweile selbst überraschte. Am Anfang seiner Outlaw Laufbahn tat er sich schwer die ganzen Nummern zu merken, doch es musste sein. Alle wichtigen Telefonnummern im Handy zu speichern wäre zu riskant, ja noch nicht mal aufschreiben konnte er sie sich. Für den Fall dass die Bullen den Zettel finden würden.
Es klingelte und auch noch dreißig Sekunden später. Mike rechnete schon mit der Mailbox als der Anruf doch noch angenommen wurde. „Hallo! Ist wer dran? Robert bist du es? Ich bin´s Mike!“
„Welcher Mike?“ mehr war von der Person am anderen Telefon nicht zu hören für mehr als zehn Sekunden herrschte Stille.
„Der Lange!“ Mike musste selbst grinsen. Nur Robert nannte ihn so. Die Zwei lernten sich auf der Party zum National Runs des MC Gladius vor fast zwei Jahren kennen. Robert war Member im Chapter in Künzelsau.
„He! Lange nichts mehr gehört von dir. Wie geht´s dir?“ Obwohl sie mehrere hundert Kilometer entfernt von einander waren schien Mike bei Robert ebenfalls ein Grinsen zu spüren.
Jetzt lachte Mike leicht. „Gut, danke der Nachfrage. Ich bräuchte ein paar Infos von dir?“
„Mike bevor du weiter redest solltest du wissen dass nicht mehr beim Gladius MC bin. Nach der Scheiße vor einem Jahr haben viele Chapter entweder dicht gemacht oder mit einer Patch over Party die Farben gewechselt.“ Das Lachen war aus der Stimme des ehemaligen Bruders verschwunden.
„Bei welchem Club bist du?“ Mike ärgerte sich kurz weil er den Eindruck hatte dass er misstrauischer klang als er es vorhatte.
„Bei den Gray Wolves!“ Robert grinste wieder.
„Alt Herren MC, soso.“ Mike grinste und war merklich erleichtert.
„Sagt dir Sons of Midgard MC was?“ Nun war die Lockerheit aus seiner Stimme ganz verschwunden.
„Nicht viel, ist ein MC, der nach dem Vereinsverbot der White Ghost´s entstanden ist. Vermutlich haben sich ehemalige Member neugruppiert. Die Sons übernahm Clubhäuser, Immobilien, Geschäfte und Member der White Ghost´s. Der Name soll sie wohl auf die weiße Herrenrasse beziehen. Allerdings geht’s ihnen nicht mehr ausschließlich um Rassenhass, sie sind viel mehr an unternehmerischen Dingen interessiert.“
Es entstand eine längere Pause. Dann hakte Mike nochmal nach: „Ist das alles?“
„Wo bist du, Mike?“ wollte Robert wissen.
„Im Chapter in Passau?“ Mike versuchte sich kurz zu halten. Er vertraute Robert. Der Biker mit den langen grauen Haaren und dem Kinnbart erwies sich in der gemeinsamen Zeit als loyal und clubtreu, doch wollte er ihm nicht mehr Infos als nötig geben.
„Sie haben eine Wohnung in der Neuburger Straße und einen Selfstorage Raum in der Prachatitzer Straße. Wo genau weiß ich nicht. Aber sie haben definitiv noch kein offizielles Clubhaus in Passau. Mike ich muss jetzt Schluss machen. Mach´s gut!“ Robert drückte sich deutlich aus und lies auch keinen Zweifel daran dass das Gespräch jetzt beendet war.
„Ja mach´s gut!“ Mike drückte ihn weg. Bald musste er sich wieder ein neues Handy zu legen, neue Nummer und neuer Anbieter, wieder was zu merken. Doch zuerst musste er Tom und die Beiden Prospects an den Tisch holen.
Er schmiss seine Harley an und steuerte sie in Richtung Clubhaus, dort angekommen stellte er sein Bike zwischen zwei geparkten Autos ab sodass sie nicht gleich zu sehen war. Vor der Tür stand Joe und rauchte genüsslich eine Zigarette.
„He Prospect!“ Mike wählte einen aggressiven Grundton dass Joe kurz zusammen zuckte. „Schon gut, schon gut.“ beruhigte in Mike und kam schnell näher.
„Du hast mir einen Schrecken eingejagt.“ Joe schmiss die Kippe weg und trat sie mit dem Fuß aus.
„Ganz ruhig. Wo steht dein Bike?“ wollte Mike wissen.
„Draußen auf der Straße.“ Joe war sichtlich nervös.
„Beruhig dich.“ Mike klopfte dem Prospect auf den Rücken. „Fahr