Final Game. Valuta Tomas. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Valuta Tomas
Издательство: Bookwire
Серия: Five Dogs
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742749260
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gibt. Er löst sich nach und nach von alleine auf. Allerdings ist dieser Stent mit einer Kohlenmonoxid und Methanolschicht überzogen. Durch den Auflösungsprozess konnten sich die Stoffe in Neves Körper verteilen, was sie somit vergiftete. Seit Wochen steckt dieses Ding in ihrem Körper ohne dass es entdeckt wurde.« Ein hoffnungsvolles Lächeln gleitet über Sams Lippen.

      »Das ist doch gut, das sind gute Nachrichten. Dann brauchen sie das Teil nur herausholen und Neve wird wieder gesund.« Voller Vertrauen in die Fähigkeiten der Ärzte, blickt Sam zuversichtlich zwischen Jessica und Laura hin und her.

      »Nein Sam, so leicht ist das nicht.« Laura zischt die Worte. Irgendwie wütend schaut sie zu Jessica hinüber.

      »Verdammt, warum muss ich das machen?« Schnaufend wirft sie ihre roten Augen zu Sam zurück. Laura hat keine andere Möglichkeit. Sie war als einzige hier, als der Arzt erklärte was mit Neve geschieht. Jessica hat genauso wenig eine Ahnung wie Sam. Für sie sind die Worte ebenso neu.

      Laura packt Sam erneut an den Armen und fordert sie auf sie anzusehen.

      »Hör mir zu, Sam. Hör mir ganz genau zu.« Für einen kurzen Augenblick schließt Laura die Augen. Kontrolliert atmet sie schwer, öffnet die Augen und schaut ihre Freundin direkt an.

      »Sam, es ist eine Art Stent der an Neves Aorta gelegt wurde, direkt hinter dem Herzen. Die Ärzte kommen da aber nicht ohne weiteres heran. Sie müssen …«, Laura schluckt schwer »sie müssen Neves Herz entfernen um an den Stent heranzukommen, verstehst du das? Sie müssen Neves Herz vollständig aus ihrem Körper nehmen damit sie an den Stent gelangen. Wenn sie den Stent entfernt haben, werden sie das Herz wieder einsetzen. Es gibt eine fünfzigprozentige Chance, dass ihr Herz danach wieder zu schlagen beginnt. Es kann sein, dass sie diesen Eingriff nicht überlebt, Sam.«

      An Sams Augen kann Laura erkennen in welchen Schock sie ihre Freundin katapultiert hat. Dadurch kann sie sich aber auch sicher sein, dass Sam die Worte endlich verstanden hat. Dass ihr nun bewusst ist, welche Verantwortung auf die Ärzte zukommt. Was auf sie selbst zukommt, sollte Neve nicht mehr aufwachen.

      Die ersten Tränen laufen geräuschlos über Sams Wangen. Ein besseres Zeichen, dass Sam die Tragweite dieser OP wahrgenommen hat, gibt es nicht.

      »Wir haben uns gestritten, Laura. Wir haben uns gestritten. Wenn sie jetzt stirbt, dann ist mein wütendes Gesicht das letzte was sie von mir gesehen hat.« Weinend wechselt sie ihren Blick zwischen Laura und Jessica hin und her. Wortlos bittet sie die beiden, dass sie sich niemals streiten sollen. Dass sie niemals in einem Streit auseinandergehen sollen. Eigentlich ist dies eine Selbstverständlichkeit, selbst für Sam und Neve. Dennoch haben sie sich gestritten und konnten das nicht klären, bevor Neve zusammengebrochen ist.

      ***

      »Was stand denn in der Patientenverfügung?«, flüstert Laura leise, nur um Sam nicht zu erschrecken, die wie zerflossen in ihren schützenden Armen liegt. Seit Stunden sitzen die drei Frauen im Wartebereich dieser Etage und hoffen auf gute Nachrichten.

      »Das wollt ihr nicht wissen«, murmelt Jessica in ihren Kaffeebecher. Sam schreckt auf. Fassungslos schaut sie ihre Freundin an. Die nimmt ihren Blick vom Kaffee, sieht Sam flüchtig an und taucht dann wieder in die unendlichen Tiefen des Koffeins ein.

      »Das ist nicht wahr«, flüstert Sam entsetzt.

      »Jessica, sag mir, dass das nicht wahr ist.« Nur um nicht antworten zu müssen, trinkt Jessica einen großen Schluck Kaffee. Sie trinkt bis der Kaffee auf ist. Skeptisch blickt sie danach in den leeren Becher. Irgendwo muss da doch noch etwas von dem Gesöff drin sein.

      »Jessica!« Sams Stimme wird schärfer und fordernder. Unterlegen schnauft Jessica aus. Mit geschlossenen Augen lässt sie den Kopf hängen.

      »Neve gab an, dass sie keine lebenserhaltenden Maßnahmen will.« Jetzt ist es raus. War doch gar nicht so schwer. Nein, nur unbeschreiblich schmerzhaft.

      Mit einem Mal springt Sam vom Stuhl auf.

      »Diese blöde Kuh«, brüllt sie wütend.

      »Ich bringe sie um, wenn sie das überlebt. Ich drehe ihr den Hals um. Ich … ich … .«

      »Jess, was hast du getan?« Abrupt verstummt Sam als Laura ihrer Frau diese Frage stellt.

      Fast entsetzt blickt die ältere Frau zwischen ihren Freundinnen hin und her.

      »Ihr glaubt doch nicht etwa, dass Neves Verfügung den Ärzten da drinnen vorliegt, oder? Nein, ich habe das Ding natürlich gefälscht, was anderes blieb mir doch gar nicht übrig.« Ihren Blick richtet sie auf Sam. Sie weiß, dass ihre Freundin sie umgebracht hätte, wäre sie mit dem Original im Krankenhaus aufgeschlagen.

      »Das ist doch aber gar nicht möglich. Wie hast du das angestellt?« Überrascht schaut Laura ihre Frau an. Jessica richtet sich auf. Mit einem Mal wird sie blass.

      »Oh. Vor lauter Sorgen habe ich doch glatt etwas vergessen«, nuschelt sie und steht vom Platz auf.

      »Bin gleich wieder da. Ich muss mich eben übergeben gehen.« Kaum schreitet Jessica an ihrer Frau vorbei, schaut die ihr entsetzt hinterher. Angewidert schluckt sie laut.

      »Fuck.« Sie weiß grad selbst nicht ob sie kotzen muss, oder nicht.

      Sam starrt ihre Freundin geschockt an. Sie hat Jessica einiges zugetraut, aber nicht das. Nicht, dass sie über ihren eigenen Schatten springt und das für ihre Freundin auf sich nimmt.

      »Danke«, haucht Sam leise. Perplex schaut Laura sie an.

      »Sag das nicht mir, sag das ihr«, stammelt sie und zeigt blind den Flur hinunter.

      Wenige Minuten später plumpst Jessica in den Stuhl zurück. Erleichtert atmet sie aus, wird von Laura allerdings leicht angewidert angesehen. Als sie ihre Frau darauf ansprechen will, öffnen sich im selben Augenblick die Flügeltüren und der weiße Gott tritt heraus. Sofort ist Sam bei ihm. Sie ist sich nicht ganz sicher ob sie hören will was er zu sagen hat. Er sieht zu erschöpft und zu niedergeschlagen aus, als dass er mit guten Nachrichten kommen könnte.

      »Misses Stewart-Sanchez, wir konnten den Stent erfolgreich entfernen, aber … .« Schon bei diesem einen Wort beginnt Sams Kreislauf durchzudrehen. Schwindel setzt ein, Übelkeit und Angst bauen sich langsam auf. Jessica haucht ein geschocktes »Nicht«, während Laura hörbar laut Luft holt.

      »Aber wir werden Ihre Frau auf eine Spenderliste setzen müssen. Sie benötigt ein neues Herz. Alle unsere Versuche das Herz nach dem Einsetzen wieder zum Schlagen zu animieren, waren erfolglos. Auf Grund ihrer Vorgeschichte und ihrem geschwächten körperlichen Zustand, fehlt dem Herzen die nötige Kraft, um seine Arbeit aufnehmen zu können.« Nervös blickt der Arzt zwischen den Frauen hin und her, verweilt dann aber bei Sam.

      »Wir haben sie in ein künstliches Koma versetzt und an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Alle Funktionen die eigentlich ihr Herz ausübt, übernimmt nun die Maschine für sie. So lange bis ein passendes Spenderherz eingetroffen ist. Wann das allerdings sein wird, kann ich ihnen leider nicht sagen.«

      ***

      Zitternd blickt Sam durch die großzügige Fensterscheibe. Tränen erschweren eine klare Sicht auf ihre Frau. Dennoch kann sie all die Maschinen und andere Gegenstände um das Bett herum wahrnehmen. Es ist, als wenn sie in die Zeit zurückkatapultiert worden wäre. Zu der Zeit, als sie an Neves Bett wachte und darum bat, dass ihre Frau nach der Stromattacke wieder aufwacht.

      Jetzt allerdings, befinden sich Maschinen um Neves Bett, die sie nicht kennt - die einer ganz anderen Funktion nachgehen. Maschinen die Neves Organe dazu animieren normal zu arbeiten – sie künstlich am Leben zu erhalten. Eine Herz-Lungen-Maschine die Neve am Leben hält.

      Als wenn sie keinen Bock hätte ihren alten Cellulitis-Arsch zu bewegen und sich mit einem Nickerchen vor der Hausarbeit drückt, liegt Neve im Bett und stört sich nicht daran, dass unzählige Nadeln und Kanülen in ihren Körper gebohrt wurden, nur um deren Arbeit nachzugehen. Sie ist noch blasser als zuvor. Ihre Haut wirkt irgendwie bläulich. Ein Anblick den man niemandem wünscht.