Braco - kleiner Bruder, großer Engel. Anina Toskani. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anina Toskani
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748599494
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Rollade aus der Fassung, als ich frühmorgens den Schalter betätigte, um Licht hereinzulassen, denn im Dunkeln konnte man die Hand vor Augen nicht sehen. Die Rollade blieb, total schief, ir-gendwo in der Mitte des Fensters, hängen, dann bewegte sich nichts mehr, weder vor noch zurück. Deli hatte mich dann wütend und irgendwie sogar schadenfroh, angepflaumt, ich hätte ihre Rollade kaputtgemacht, obwohl ich nichts dafür konnte. Allem Anschein nach, waren in ihrer Nähe stets unsichtbare Geister am Werk, die versuchten, absichtlich Unfrieden zwischen Deli und mir zu stiften. Aggression, dämonische Übergriffe und unangenehme elektrische Ladungen lagen erlebte ich noch oft, wenn ich in Deli’s winziger Wohnung ankam. Am deutlichsten waren sie um die Couch herum zu spüren, auf der Deli die meiste Zeit vor sich hin grübelnd saß. Manchmal hatte ich das Gefühl, das Unglück läge regelrecht in der Luft, ganz in ihrer Nähe und spränge dann gelegentlich auf mich über.

      Es fühlte sich an, wie schwarze Magie. Deli’s Alzheimer Dämonen suchten gierig nach Gelegenheiten, negative Gefühle oder Missgeschicke hervorzurufen, an denen sie sich tierisch zu ergötzen schienen. Erst mit der Zeit wurde ich gewahr, dass diese Schmarotzer sich von Wut, Scham, Schadenfreude und Schuldgefühlen ernährten, wobei sie von Deli auf mich übersprangen und tüchtig Zwietracht schürten, sobald sie auf Nachschub an negativen Emotionen Gelüste hatten. Es war ein gefährliches Phänomen, auf das ich regelmäßig hereinfiel, indem ich wütend reagierte, sobald Deli mich mit spitzen Bemerkungen empfing.

      In aller Herrgottsfrühe auf die Fahrt nach Stuttgart zu Braco eingestellt, beschloss ich an diesem Tag, lieber allein loszudüsen, als unnütze Zeit mit Überzeugungsmanövern bei Deli’s Abwehr zu verlieren. Ich würde sie einfach in Gedanken mitnehmen. Es war wunderbar, so in den frühen Morgen zu starten. Die Autobahn war frei, die Fahrt verlief reibungslos. Ich fand die Kongresshalle Esslingen ohne Umschweife und kam vor 8 Uhr pünktlich an, kaufte mehrere Tickets und saß dann im großen Vorraum, der sich langsam mit Menschen füll-te. Ich atmete tief durch, versuchte die Bürde auf meinem Herzen und meinen Schultern loszulassen. Meine Berufstätigkeit ließ mir einfach keine Zeit, mich wirklich intensiv um Deli zu kümmern. Sobald ich ihr einen Tag widmete an meinen freien Freitagen oder am Wochenende, fühlte ich mich noch mehr ausgelaugt. Für mich selbst blieb auch kaum Zeit übrig. Ich war mit allen Aufgaben allein, Deli hatte zu niemand außer mir Vertrauen und ließ niemand in die Wohnung. Schon zehn Jahre vorher, hatte Deli erstaunlicherweise, in weiser Voraussicht, darauf bestanden, dass ich die notarielle Vollmacht zur Personen- und Vermögenssorge bekam. Für spätere Entscheidungen war ich damit abgesichert.

      Gespannt wartete ich, vor der Tür des Saales, in der Kongresshalle Stuttgart, auf Einlass zu Braco‘s Blick. Meine Blumen hatte ich abgegeben und der netten Toilettenfrau gleich eines meiner Tickets geschenkt. Ich war ein wenig aufgeregt und kann sagen, dass meine allererste persönliche Begegnung mit Braco’s Blick in Stuttgart wirklich beeindruckend und einfach unvergesslich war. Nach der Begrüßung des Publikums durch einen Mitarbeiter und einem Frage- und Antwortspiel zwischen ihm und dem Publikum, wurde ein Ausschnitt aus Braco’s Videos gezeigt.

      Dann kam Braco ruhigen Schrittes, leichtfüßig wie ein Indianer, auf die Bühne. Er trug ein weißes Hemd. Als er dort stand und seinen Blick ruhig über die Reihen schweifen ließ, schien sich meine Wahrnehmung zu verändern. Ich sah plötzlich ein großes, schweres Kreuz aus Metall von ca .30 cm Länge über seinem Kopf schweben. Es sah aus wie die Kreuze in orthodoxen Kirchen, war aus Altsilber mit lauter großen, blauen Edelsteinen eingelegt. Das Kreuz schwebte längere Zeit einige Zentimeter über seinem Haupt in der Luft. Ringsherum um seinen Kopf und Körper nahm ich viel silbrig-weißes Licht war, das sich im Laufe der Sitzung intensivierte und von ihm aus in den Saal strahlte. Er schien aus allen Poren diese lichte Energie abzugeben. Dann spürte ich eine Art emotionaler Entladung, als dieses Licht in meinen Körper eindrang. Das war von einem Gefühl angenehmer Leichtigkeit und Heiterkeit begleitet, so als ob ich innerlich in eine freudige Stimmung explodieren würde. Die Sitzung ging viel zu schnell vorbei. Ich hätte gern länger verweilt. Als Braco sich zum Gehen wandte, sah ich, mit Erstaunen, ein Lichtwesen von ähnlicher Gestalt und Größe genau hinter ihm hergehen. Spontan dachte ich, das kann ja nur Ivica, sein geliebter Lehrer und Meister sein, den er viel zu früh verlor. Ich hatte inzwischen seine Lebensgeschichte aus Videos, Büchern und der Ho-mepage erfahren. Diesen lichten Doppelgänger von Braco sah ich, auch später noch, in vielen Sitzungen. Langsam folgte ich dem Strom der Menschen, die den Saal verließen in den Vorraum, mir wurde eine Blume in die Hand gedrückt. Dann fiel mir in der wartenden Menge ein großer freundlicher Mann mittleren Alters auf, der Braco’s Plakate eifrig fotografierte. Als er mich anlächelte, lächelte ich zurück. Beim Warten auf die nächste Sitzung, kamen wir ins Gespräch, tauschten Emailadressen aus. Er schrieb mir ein paar Tage später, dass er aufgrund seiner Heilerausbildung mein offenes Herzchakra wahrgenommen habe und mir dringend empfehle, mich um Urlaub für mich selbst zu kümmern, da er sehen könne, dass mir im Alltag, seit langem die Lebensfreude fehle. Er hatte, ohne von meinen Problemen zu wissen, den Burnout in meiner Aura gelesen, bevor ich mir selber darüber im Klaren war. Ich hatte nämlich durch meine tägliche Sorge um Deli gar keine Zeit, über mich und meine Bedürfnisse nachzudenken. In diesem Moment, als ich da so im Gespräch mit dem netten Heiler war, beschloss ich spontan, den ganzen Tag in Stuttgart zu verbringen, denn ich wolle soviel wie möglich von Braco’s kraftvoller heller Energie mit nach Hause nehmen. Deli’s Foto und ein Foto von der ganzen Familie hatte ich mitgenommen, um für alle, die Lebenden und die Verstorbenen um Hilfe zu bitten. Die Fotos hielt ich bei den Sitzungen in der Hand. Im Laufe mehrerer Begegnungen am Vormittag fühlte ich mich immer besser, bekam frischen Mut und Hoffnung für Deli. Trotzdem spürte ich auch eine Ozeanwelle von Müdigkeit und ein großes Auf und Ab der Gefühle. In der Pause, als ich noch mit all diesen Eindrücken beschäftigt war und versuchte, die Energien zu verdauen, setzte sich eine junge Frau mit unangenehm durchdringenden Augen, dunklen Haaren und einem fast lauernden Gesichtsausdruck neben mich. Sie sprach mich freundlich an, obwohl sie mir auf den ersten Blick unsympathisch erschien. Sie sah aus wie eine Zigeunerin, tatsächlich hatte sie es auch darauf abgesehen, mir aus der Hand zu lesen, um Geld zu verdienen. Ich war viel zu erschöpft, sie energisch abzuwehren, ließ ihren Wortschwall über mich ergehen. Sie läse in meiner Aura, was für ein großes mitfühlendes Herz ich hätte und wie großzügig ich sei. Fast bekam ich Atemnot, als sie das sagte, mein Energiefeld war anscheinend, durch Bracos Blick, noch weiter offen als sonst. Ich wollte kein Aufsehen erregen und forderte die Zigeunerin auf, mit mir nach draußen an die frische Luft zu kommen. Ich bot ihr eine Eintrittskarte für Braco’s Blick als Geschenk an, doch es ging ihr nur um Geld, nicht um Braoc’s Blick. Um sie abzuwimmeln, drückte ich ihr dann schweigend einen Geldschein in die Hand und ging wieder in die Halle. Dabei wurde schlagartig bewusst, dass auch die Schatten deutlicher hervortreten, wo das Licht sehr hell scheint. In meinen fünf Begegnungen mit Bracos Blick an diesem Tag fühlte ich mich von Mal zu Mal angenehmer. Ich erfuhr Trost und Stärkung. So hoffte ich, auch Deli würde von der Heilung etwas mitbekommen. Die Rückfahrt verlief gut, doch unterwegs flog ein winziger spitzer Stein zuerst auf meine Windschutzscheibe, dann geriet ein anderes Steinchen in die Räder, genau zwischen die Bremsscheiben. Ein störendes Reibegeräusch war zu hören, das mich beunruhigte. Daheim brachte ich den Wagen, zur Vorsicht, wenige Tage danach, in die Werkstatt. Ich musste die Bremsen komplett erneuern lassen, denn das Steinchen hatte sich fest hineingefressen. Es kostete ein kleines Vermögen.

      Sind die Dämonen überall am Werk, selbst in Bracos Umgebung? Fragte ich mich ängstlich. Ich hatte intuitiv das Gefühl, dass eine Art Boshaftigkeit am Werke war, die sich gegen mich richtete, die nicht akzeptierte, dass ich Deli helfen wollte. Es gab etwas wie einen unsichtbaren, großen Widerstand, der sie immer wieder von mir und meinen positiven Hilfsangeboten wegzog. Ich kam mir oft vor wie Sysiphus, der den Stein auf den Berg schleppt, wobei dieser ihm jedes Mal auf dem Gipfel entgleitet und wieder herunterrollt, sodass er wieder von vorn mit der Arbeit beginnen muss.

      Bei uns daheim ging es auch oft irgendwie nicht mit rechten Dingen zu. Ich hatte häufig, nach Besuchen bei Deli, kleine und größere Missgeschicke und fühlte mich aus der Balance geworfen. Erst heute kann ich aus Erfahrung sagen, dass Hass und Verwünschungen, Neid und alle bösen Triebe sich über große Entfernungen auswirken, sobald man mit einem Familienmitglied in sehr enger Gefühlsverbindung steht. Nur durch intensive Lektüre und Anhören der CDs des Achtsamkeitslehrers, Eckhart Tolle, begriff ich, erst viel später,