Final Game. Valuta Tomas. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Valuta Tomas
Издательство: Bookwire
Серия: Five Dogs
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742775641
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in die Augen. Sie spürt, dass ihr Herz diese Prozedur nicht mehr allzu lange mitmachen wird. Dass sie diesem Körperteil mit der damaligen Stromattacke zu viel zugemutet hat. Irgendwann wird es also einfach versagen. Sicherlich ohne irgendein vorheriges Anzeichen. Wahrscheinlich wird es einfach von einem Schlag zum anderen aussetzen. Und dem Herzen ist es dann egal, ob Neve im Bett liegt und schläft, oder hinter dem Steuer sitzt und mit einem eventuellen Unfall unschuldige Menschen mit in den Tod reißt. Wenn das Herz keinen Bock mehr hat, zeigt es Neve einfach den Mittelfinger und verabschiedet sich.

       Aber bis dahin, wird sie sich zusammenreißen und alles in ihrer Macht Stehende tun, um Sam von ihren schwachsinnigen Gedanken abzulenken.

      Hässlich, fettes Zebra, Irischer Wolfshund, Chihuahua. All diese Worte kreisen in Neves Kopf herum. Sam findet sich also hässlich? Neve wird ihr schon zeigen wie hässlich sie ist.

      Bestärkt in ihren Gedanken und Vorhaben, wischt sie sich hektisch die Tränen weg, schluckt und steht kraftstrotzend von der Treppe auf. Sie streckt sich, nimmt die Schultern zurück und stärkt ihren Brustkorb.

      »Solange dieser Klumpen noch vor sich hintrommelt, werde ich mich davon nicht unterkriegen lassen«, spricht sie sich Mut zu und zeigt ihrem Herzen somit selbst den Mittelfinger.

      Sie blickt flüchtig die Treppe hinauf und hört die Stimme ihrer Frau. Wie sie Precious das Windeln wechseln erklärt. Wie sie im nächsten Augenblick mit Jean spricht und diese gleich daraufhin zu lachen beginnt.

      Für einen kurzen Moment schließt sie die Augen. Sofort hat sie Laura und Jessica vor Augen, wie sie mit Damon und Dylan ihren eigenen Alltag meistern. Dann sieht sie Matt und Jill. Die beiden haben ihre Affäre in der Zwischenzeit öffentlich gemacht und sind jetzt offiziell ein Paar.

      Neve findet den Gedanken irgendwie witzig, dass Laura damals schon zweimal von Matt schwanger war und ihr Boss inzwischen vier Kinder mit vier Frauen hat, auch wenn diese Konstellation so eigentlich gar nicht gerechnet werden kann. Dennoch ist Jill bis zum heutigen Tag nicht schwanger geworden. Schwächelt Matt allmählich mit seiner Munition, oder verhüten die beiden etwa?

      Bei dem Gedanken schmunzelt Neve mit geschlossenen Augen. Nein, das würde Matt sich nicht antun. Er hat damals auch ständig ungeschützt mit Laura geschlafen, weshalb sollte er sich jetzt bei Jill etwas anziehen? Nein, es muss einen anderen Grund geben. Nur welchen?

      Witzig ist es aber auch, dass Matt seinen beiden besten Hunden jeweils ein Mädchen geschenkt hat, während Laura und Jessica mit zwei Jungs kämpfen. Wie unterschiedlich alles doch sein kann.

      Jeans quiekendes Lachen reißt Neve aus den Gedanken. Sie öffnet die Augen, blickt erneut die Treppe hinauf und lächelt.

      »Familie«, flüstert sie bei ihren vorangegangenen Gedanken und den gegenwärtigen Gefühlen all diesen Menschen gegenüber, die an ihrem Leben teilhaben. Die Hunde sind in all den Jahren mehr als nur ein Rudel geworden. Sie sind ein lebenswichtiger Teil ihrer Seele geworden. Ein Leben ohne die Hunde ist für Neve unvorstellbar geworden. Egal was irgendwelche Statistiken oder Akten über das Rudel und deren Menschen erzählen. Es entspricht nur zur Hälfte der Wahrheit. Die andere Hälfte des Rudels wird von Gesetzhütern, Richtern, Senatoren und all diesen hochrangigen Menschen gar nicht gesehen. Sicher, die Five Dogs sind noch immer kriminell aktiv. Sie klauen, zerstören, morden und verkaufen weiterhin Drogen und Waffen. Selbst Neve zieht sich noch immer alle Nase lang in die dunklen Gassen zurück. Aber was das Rudel tatsächlich ausmacht, das sieht kaum jemand.

      Eigentlich ist es auch egal. Es ist egal was diese Sesselfurzer sehen und was nicht. Wichtig ist, dass Neve und all die anderen Hunde sehen was das Rudel zusammenhält. Was sie miteinander verbindet und welches Band zwischen ihnen besteht.

      »Und dieses Band ist und bleibt unzerstörbar«, flüstert Neve voller Liebe dem Rudel gegenüber.

      Mit einem tiefen Atemzug, welcher ihr Herz flüchtig schneller schlagen lässt, wendet sie sich von der Treppe ab und trottet in die Küche.

      Round 2

      »Meine Güte, wann lernst du das endlich?« Verwundert blickt Neve zur Seite. Sie kann gar nicht so schnell reagieren wie Sam neben ihr an der Arbeitsplatte auftaucht, ihr das Messer aus der Hand nimmt und sie mit einem kräftigen Stoß der Hüfte vom Brettchen stößt.

      Sam blickt zu der geschnittenen Banane hinunter und dann zu Neve zurück.

      »Verrätst du mir wie Jean das essen soll? Kleine Stücke, Neve und keine Brocken die ein Neufundländer ohne zu kauen herunterschluckt.« Verdattert blickt die ältere Frau zu der geschnittenen Banane hinunter. Ok, die Stücke die sie geschnibbelt hat, sind tatsächlich etwas groß geraten. Vielleicht sind zwei Fingerbreite Scheiben wirklich unbezwingbar für so einen kleinen Kindermund.

      »Du bist unmöglich«, lacht Sam und drückt ihrer Frau einen Kuss auf den Mund. Dann beginnt sie Neves Fehler auszubügeln.

      »Mama, hilfst du mir mal?« Während sie zusammen mit Neve ihre Schwester in den Kindersitz am Esstisch verfrachtet, bereitet Sam das Frühstück vor. Neve blickt noch einmal flüchtig zu ihr zurück und schürzt die Lippen. Mit einem Mal wird ihr etwas bewusst, was eigentlich schon sehr lange offensichtlich war, sie aber nicht gesehen hat. Seit Sam angefangen hat, sich in Neves Gegenwart nicht mehr wie gewohnt freizügig zu zeigen, mied sie es auch, leichte Kleidung zu tragen wenn sie zur Arbeit ging. Auch heute trägt sie, wie mittlerweile gewohnt, ein dunkelgraues Kostüm mit weißer Bluse. Ihre Haare liegen offen auf ihren Schultern. Diese sind der letzte und einzige Zeuge davon, welch erotische und sexy Frau sie eigentlich ist. Aber irgendwie fing Sam an, den Rest ihrer Präsenz zu verstecken und wie ein graues Mäuschen herumzulaufen.

      Neves Augen wandern nachdenklich an dem Hosenanzug entlang. Angestrengt denkt sie nach. Sie glaubt sich zu irren, aber eine Möglichkeit wäre es. Kann es tatsächlich sein, dass sich Sam diesen Anzug eine Nummer größer gekauft hat? Nur um ihre angeblich hässliche Figur zu verbergen? Neve ist sich sicher, dass die Hosen bisher immer stramm am Arsch ihrer Frau klebten und diesen so faszinierend präsentierten wie es nur irgendwie ging. Jetzt allerdings schlabbert diese Hose an Sam herum, als wenn sie nicht wüsste was sie mit dem Körper anstellen soll, der in ihr steckt. Ist Sam tatsächlich so verzweifelt und in ihren eigenen Gedanken gefangen, dass sie ihren Körper wahrhaftig verstecken will?

      »Ich gehe eben ins Bad«, murmelt Neve nachdenklich. Auf dem Weg zur Treppe blickt sie noch einmal flüchtig zu Sam zurück. Sie denkt nach und hält die Idee fest, die ihr soeben in den Kopf geschossen ist.

      Im Schlafzimmer angekommen, schnappt sie sich ihr Handy und schreibt Laura eine SMS: Ich brauche deine Hilfe, Schwesterherz. Heute Mittag im Cafe gegenüber von R&R? Weil sie weiß, dass Laura selbst im morgendlichen Familienstress ist, steigt sie unter die Dusche und liest sich erst später die empfangene Nachricht durch. Oh oh, was ist passiert? Ich werde da sein.

      Zurück am Frühstückstisch, setzt sie sich neben Jean auf den Platz und blickt in die bereitgestellte Schüssel. Sam hat aus ihren Bananen-Bomben kaugerechte Häppchen für Jean geschnitten. Also schnappt sie sich die kleine Gabel und beginnt ihre Tochter zu füttern. Die ersten Happen gehen reibungslos, bis sich plötzlich Jeans Finger um Neves legen und ihr die Gabel aus der Hand nehmen. Zuerst schaut sie das kleine Ding mit der gelben Giraffe akribisch an, schaut dann in die Schüssel und sticht im nächsten Moment ein Stück Banane auf. Neve kann gar nicht so schnell denken wie ihre Glücksgefühle Purzelbäume schlagen. Als Jean die Gabel dann aber auch noch an ihren Mund führt und sich das erste Mal in ihrem Leben das Essen ganz alleine zuführt, drehen Neves Gefühle vollständig durch.

      »Sam«, quiekt sie flüsternd, in der Angst Jean mit ihrer kreischenden Stimme so sehr zu erschrecken, dass sie die Gabel fallen lässt und nie wieder versucht selbstständig zu essen, weil sie glaubt einen Fehler gemacht zu haben.

      »Ja?« Wirbelnd dreht sich Sam um und lässt fast die