»Das ist unser Rudel! Das sind alle getöteten Five Dogs‼«, klärt sie Neve weiter auf, die diesen Gedankengang ihrer Frau kaum glauben kann. Sie blickt sich um und versteht erst nach ein paar Augenblicken.
»Unglaublich‼«, stottert sie. Eine Welle der freudigen Ehrfurcht bricht über sie herein. Die Loyalität der Hunde geht also auch noch über den Tod hinaus. Selbst dieser kann das Rudel nicht trennen! Genauso wenig wie irgendetwas Sam und Neve jemals trennen könnte.
Neve lächelt stolz über die Zusammengehörigkeit ihrer Familie, tritt aber gleich einen Schritt erschrocken zurück. Zwei von den Hunden haben sich aus der Formation gelöst und stehen nun vor ihnen. Plötzlich öffnet einer der beiden das knochige Maul. Eine weibliche und Glockenhelle Stimme ertönt.
»Bitte sagt Matt, dass wir ihn vermissen und lieben‼«, spricht dieser Hund. Geschockt starren Sam und Neve den Hund an. Erst jetzt sehen sie, dass sich auf dem Rücken des Hundes ein kleiner Welpe fest in die Knochen gekrallt hat. Die Feueraugen neugierig auf die beiden Frauen gerichtet.
»Passt bitte gut auf meinen Jungen auf‼«, äußert sich der andere Hund mit einer ebenfalls weiblichen, aber deutlich älteren Stimme. Bevor Sam und Neve auf eine der Aussagen reagieren können, blicken beide Hunde nach oben. Sie richten das Feuer in ihren Höhlen gen Himmel und winseln kurz. Sie blicken flüchtig zu den Frauen zurück und wimmern erneut. Dann drehen sie sich um und begeben sich in die Formation zurück.
Ein dominantes Bellen ertönt! Ein erneuter Befehl! Der Befehl des Angriffs! Ohne zu zögern setzt sich das Rudel in Bewegung. Mit gefletschten Zähnen greifen sie alle gleichzeitig sämtliche Dämonen an. Ein bestialischer Kampf beginnt. Schon nach wenigen Sekunden landen die ersten abgerissenen Köpfe der Dämonen auf dem knochigen Boden. Direkt vor die Füße von Sam und Neve. Aber die beiden haben keine Möglichkeit sich auf diesen Kampf zu konzentrieren. Denn von irgendwoher dringen auf einmal laute Stimmen durch die brennende Luft. Zwei weibliche Stimmen und eine männliche! Die Stimmen sind so stark und strotzen vor Kraft, dass sie mit jedem Wort lauter werden. Sam und Neve verstehen nicht was die Stimmen durch die dicke Feuerdecke des Himmels tragen. Die Stimmen werden zu laut! Sie donnern die Worte durch die Luft. Neve und Sam haben keine andere Möglichkeit, als sich loszulassen. Sie lassen ihre Hände los, um sich diese auf die Ohren zu legen. Die Stimmen dröhnen in ihren Ohren! Sie schmerzen bestialisch! Sie fressen sich in den Gehörgang und lösen bei beiden Frauen ein unbeschreibliches Fiepen aus! Ohne Kontrolle über ihr Gleichgewicht, sacken sie in sich zusammen und brüllen ihre Schmerzen heraus. Schmerzen die sie um den Verstand bringen. Beide brüllen sich die Seele aus dem Leib und spüren ein Gefühl der Benommenheit in sich aufsteigen.
Die Stimmen sprechen ohne Unterlass ihre Worte weiter und zerfetzen das Gehör beider Frauen. Nur wage und völlig verschwommen erblicken sie etwas über sich.
Gebrochen und auf dem Boden liegend, sehen sie wie zwei Dämonen über ihren Köpfen fliegen. Weiße Körper mit blauem Schimmer. Gewaltige Muskeln stärken den Körper! Schwarze, kurze Haare und starke Hörner zieren den Kopf. Riesige Flügel schlagen hinter deren Körper und tragen sie in der Luft. Beide Dämonen blicken zu den Frauen hinunter. Sie lachen höhnisch und genießen den Anblick, wie sich Sam und Neve vor Schmerzen auf dem Boden winden. Plötzlich stürzt einer der Dämonen zu ihnen herab.
»NEEEEEVE‼!«, kreischt Sam und versucht sich zu erheben. Aber die Stimmen und Schmerzen drücken sie erbarmungslos auf den Boden zurück. Machtlos muss Sam mit ansehen, wie dieser Dämon Neve in seine Klauen nimmt und vom Boden reißt.
»SAAAAAMMM‼!« brüllt Neve und windet sich in den scharfen Klauen dieser Bestie. Orientierungslos greift sie blind nach ihrer Frau und versucht sich gleichzeitig von diesem Dämon zu befreien. Es ist aber ein Kampf gegen Windmühlen. Hämisch lachend trägt der Dämon Neve in die Luft und entführt sie in eine ungewisse Richtung! Er durchbricht die brennende Wolkendecke und lässt Sam alleine zurück.
Noch immer durch die Schmerzen betäubt, findet Sam keine Kraft auch nur eine Träne zu vergießen. Im Gegenteil. Sie windet sich auf den Knochen. Die Stimmen geben keine Ruhe, während der zweite Dämon noch immer über ihr fliegt.
Trotz der Schmerzen, ruft Sam sich Neves Gesicht ins Gedächtnis und lächelt schwach.
»Ich liebe dich‼«, flüstert sie leise. Schwerfällig dreht sie sich auf den Rücken und blickt zu dem zweiten Dämon hoch.
»Komm schon, du verdammter Wichser! Bring es hinter dich‼«, faucht sie zu ihm hoch. Sie weiß, dass sie hier nicht bleiben wird! Hier wird sie nicht sterben! Sie wird an einem anderen Ort in sämtliche Gliedmaße zerrissen, aber nicht hier.
Mit kräftigen und anmutigen Flügelschlägen, blickt der Dämon zu Sam herunter. Er legt den Kopf in den Nacken und lacht höhnisch.
»ICH WARTE‼!«, brüllt Sam zu ihm hoch. Sie will nicht mehr warten! Sie will nicht eine Sekunde länger als nötig ohne Neve existieren‼
Der Dämon blickt lachend zu ihr herunter, fletscht die Zähne und schlägt die Flügel. Mit einem einzigen Schlag stürzt er zu ihr herunter, packt sie und trägt sie ebenfalls durch die Decke des Höllenfeuers‼
Restart
»Zeitpunkt des Todes, 21:48 Uhr! Alle Wiederbelebungsversuche sind gescheitert!« Wie in einem Traum, hört sie fern diese Stimme. Eine männliche Stimme. Tief, rau, beängstigend. Sie hört die Stimme und die Worte, die gesprochen wurden. Ebenso ein schriller durchgängiger Ton.
»Zeitpunkt des Todes?? Wiederbelebungsversuche gescheitert?? Was soll das heißen?? Meinen die etwa mich?? Das kann nicht sein ‼ Wie kann der schei ß Kerl mich f ü r tot erkl ä ren?? Ich lebe doch noch ‼ «
Wie eine Rakete schießt sie im Bett hoch und versucht zu schreien. Es endet aber in einem Brummen. Irgendetwas steckt in ihrem Hals.
»DOKTOR‼!«, brüllt eine andere männliche Stimme.
Panisch greift sie sich an den Mund und ertastet etwas Plastikartiges. Es nimmt ihr die Luftzufuhr! Es nimmt ihr die Atmung! Es bereitet ihr Angst.
Mit hektischen, wilden und unüberlegten Bewegungen, fingert sie an dem Plastik herum und zieht es mit einem Ruck aus ihrem Mund. Zeitgleich arbeitet sich etwas ihre Luftröhre empor. Ängstlich reißt sie an dem Teil, worauf ihre Lunge stark protestiert. Sie zerrt und zieht. Kaum hat sie den Tubus vollständig aus ihrem Mund entfernt, übergibt sie sich mitten auf der Decke.
Wie ein aufgeschreckter Schwarm Tauben, versammeln sich blitzschnell unzählige Menschen um sie. Hektisch und angsterfüllt, blickt sie um sich. Sie sieht überraschte und aufgebrachte Personen. Zwei Ärzte, drei Schwestern und ein Mann in Zivilkleidung, der sie mit verweinten und feuerroten Augen ängstlich, aber zugleich glücklich anlächelt.
Von dieser Situation überfordert, greift sie blitzschnell an ihren Rücken, spürt aber nichts. Doch, ein leeres Holster. Verdammt‼ Sie beugt sich vor, zieht das linke Hosenbein hoch, spürt kaltes Metall und richtet die Waffe hektisch in sämtliche Richtungen. Sie ist zum schießen bereit.
Alle Personen reagieren erschrocken und treten einen Schritt zurück. Nur der Mann in Zivilkleidung nicht. Er steht neben ihr am Bett und spricht irgendwelche Worte.
»Schatz, beruhige dich. Es ist alles in Ordnung«, redet er ruhig auf sie ein, aber sie reagiert nicht. Sie versucht nur die Situation unter Kontrolle zu kriegen.
Zitternd zielt sie mit der Waffe von einer Person zur nächsten.
Nur für einen winzigen Augenblick richtet sich ihre Konzentration auf ein anderes Bett in ihrer Umgebung. Schräg rechts