Schlehenbusch. Helmut Freiherr von Scheurl-Defersdorf. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Helmut Freiherr von Scheurl-Defersdorf
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844250268
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warten, weil Schneider am Tisch von Familie Dr. Lange ein ernsthaftes Gespräch führt. Wie man mitbekommen kann, geht es um Nikolaus Mach. Hilde sitzt daneben im Rollstuhl und wartet ungeduldig. Sarah ist mit Claudia und Simon schon zur Managervilla unterwegs.

      „Eine Freude war die Zusammenarbeit mit dem jungen Kollegen bisher nicht“, sagt Schneider fast am Ende des Gesprächs, „vielleicht kann ihn mein Nachfolger zähmen. – Was ist mit dem überhaupt los?“

      „Eine unangenehme Sache, Kollege Schneider“, wiegt Dr. Lange den Kopf, „den Rupprecht Borräus aus Frankfurt hat Ihr Breunecke schon kurz kennengelernt, während Sie sich am Walensee gesonnt haben. Die Häfler Sozis wollten den Borräus aus verschiedenen Gründen partout nicht haben. Der Borräus hat nicht nur viel Erfahrung mit der Fernverkehrsbranche, er blickt auch auf lange Erfahrung mit dem Rotlichtmilieu zurück. Das Zähmen von verliebten und widerborstigen Polizisten soll deswegen zu seinen Spezialitäten gehören. Warten wir einfach ab, was geschieht. Denn eigentlich sollte der Kollege Mach dem Borräus auf die Finger sehen, weil der Borräus vermutlich zu den Linken gehört. Nur wie der Herr Mach sich heute verhalten hat …. – Ich möchte Sie nicht gleich aus Ihrem verdienten Vorruhestand zurückholen müssen, Kollege Schneider, um Ordnung in den Laden zu bekommen! – Ich bitte Sie aber, Ihre Dienstgeschäfte bis zum Wiedereintreffen von Rupprecht Borräus außerplanmäßig wieder aufzunehmen. Der muss nämlich zur Klärung einer längeren Geschichte nach Frankfurt. Dem Kollegen Mach werde ich schon morgen eine entsprechende Notiz zukommen lassen, damit der sich fügt. Das mit der Besoldung regle ich für Sie. – Oder fühlen Sie sich nach Ihrem langen Urlaub nicht fit?“

      Damit verabschiedet sich auch Dr. Lange mit einem Dank bei Judith und Bernd. Seine gefräßige Frau und die Töchter hatte er schon vorher zum Strandbad Nussdorf weggeschickt. Dort gäbe es Eis.

      Endlich können Judith und Bernd nun den Rest aufräumen. Aber bevor sie zusperren, gibt es noch ein kurzes Gespräch zwischen Egon Schneider und Bernd Breunecke.

      Überlegungen

      Sonntagnachmittag, 12. September 2010

      „Wenn der Mach sich nicht so dämlich aufgeführt hätte, könnten wir morgen noch mal für ein paar Tage an den Walensee fahren, Egon“, ärgert sich Hilde Schneider, als Egon Schneider endlich zu ihr tritt, „in Quinten muss es jetzt herrlich sein. Oder wir könnten mit Sarah nach Brione und dort nach dem Rechten sehen. Aber Du musst natürlich wieder ermitteln, weil Dr. Lange Dich überredet hat. Jetzt haben wir den Salat.“

      Und damit rollt sie dem Saalausgang zu, wo Judith noch ein paar letzte Flecken von der Theke und den heruntergelassenen Rollos der Essenausgabe wischt.

      „Eigentlich hat Hilde Recht“, seufzt Egon Schneider, „aber ich kann doch nicht…“

      „Ich weiß, Chef“, setzt Bernd fort, „dass Sie auf diese Weise noch in Sachen Unruh ermitteln können.“

      „Sie haben es erfasst, Breunecke“, gibt Schneider widerstrebend zu, „und da ich Ihre Neugier kenne, werde ich Sie auch auf dem Laufenden halten“.

      „Okay, Chef“, prustet Bernd los, „Sie machen das ja nur, um dem Machmal auf die Finger zu klopfen – oder?“

      „Nicht so ganz, Breunecke“, erklärt Schneider da ganz ernst, „ich möchte nur wissen, ob ich mich im Franz Unruh derart getäuscht und damals einen Fehler gemacht habe. Das lässt mir keine Ruhe.“

      „Und wo fangen Sie an, Chef?“, ist Bernd nun neugierig. –

      „Mit dem Vierzeiler natürlich, Breunecke“, lautet die Antwort, „denn wenn es stimmt, dass die Putzfrau so in der Gegend rumgevögelt hat, wie der Vierzeiler andeutet, muss ich ihr Verhältnis zum Franz von Unruh auch näher durchleuchten. Denn wieso hat der Saubermann Unruh die schlecht putzende Frau nicht schon früher rausgeschmissen. Da kann was nicht stimmen!“

      „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Chef“, ist Bernd zunächst verblüfft, meint darauf aber: „Könnte schon was dran sein. Dann müssten Sie aber sein Sexualverhalten insgesamt näher überprüfen, die Nachbarschaft diesbezüglich befragen. Und dann wäre da noch das Ohrgehänge der Putzfrau, bei dem näher zu prüfen ist, wie es aussieht und ob es sich vielleicht um das fehlende zweite vom Schäferhundgerippe handelt. Und handelt es sich beim Skelett in der kleinen Kiesgrube tatsächlich um die Reste der Frau von Unruh? - Wo sind die Kleider der Putzfrau geblieben? Da haben Sie eine Menge Arbeit vor sich.“

      „Stimmt, Breunecke“, nickt Schneider, „und morgen früh jage ich den Kollegen Machmal mit einem Bild vom Franz von Unruh von Lindau bis Konstanz durch die Rotlichtszene. Damit kann sich Mach gleichzeitig auf die Zusammenarbeit mit Borräus vorbereiten. Er soll rauskriegen, ob und wo der Unruh seinen unruhigen Docht eingetaucht hat. – Ich klopfe inzwischen Unruhs Umfeld ab und führe mit den Nachbarinnen in seinem Haus eine peinliche Befragung durch.“

      „Vergessen Sie sein Konto nicht, wenn Sie schon dabei sind“, wird Bernd ironisch, „und in der Fußgängerzone in allen Städten um den See wäre sicher ein Plakat mit dem Bild von Franz von Unruh nützlich, das sich an alle Frauen und Mädchen wendet, Text: Hat Sie dieser Mann schon einmal angesprochen? – Dann melden Sie sich unter …..“

      „Übertreiben Sie nicht, Breunecke!“, meint Schneider leicht verärgert, „freuen Sie sich, dass Sie nicht für Winterthur zuständig sind. Denn auch für die Kollegen dort wird es Arbeit in dem Fall geben. – Und jetzt fahre ich mit Hilde nach Hause. Denn morgen muss ich fit sein. Bestellen Sie allen in der Villa noch Grüße und meinen Dank für die Mithilfe und die schöne Feier.“

      Aber mit dem sofort Nachhausefahren täuscht sich Schneider. In der Managervilla ist schließlich noch sein Gepäck aufzuräumen. Und dort macht ihm seine Hilde eine Szene, weil sie sich über Dr. Lange und Egon Schneider ärgert. Aber den Anfang bekommen Bernd und Judith nicht mit, weil sie noch nach Frickingen fahren müssen, um dort die beiden Wurstkessel in der Garage des Metzgers abzuladen. Und das geht nur langsam, denn in der Kirchstraße herrscht immer noch Marktbetrieb. Sie müssen etwas abseits parken und die Kessel durch das Marktgewühl zur Metzgerei schleppen.

      Chucks Auto steht bei der Rückfahrt nicht mehr in der Einfahrt zur Füllenwaid, als Bernd sich interessehalber danach umschaut.

      Chuck in Not

      Sonntagabend, 12. September 2010

      Kalle ist am Nachmittag reichlich angesäuselt zu Hause in der Rauensteinstraße angelangt. Im Büro blinkt der Anrufbeantworter. Chuck hat am Morgen mehrfach versucht, ihn zu erreichen und erst um elf Uhr eine Nachricht hinterlassen. Dann ist da noch eine unbekannte Nummer aus der Ravensburger Ecke. Zweimal hat diese versucht, Kalle ans Telefon zu bekommen und danach ebenfalls eine Nachricht hinterlassen, allerdings erst um vierzehn Uhr.

      Zuerst hört Kalle Chucks Nachricht. „Hab mich eingeschlossen. Muss das Handy verstecken! Warte auf meinen Anruf. Kalle! Ruf auf keinen Fall zurück!“

      Danach wählt er die unbekannte Nummer aus dem Ravensburger Bereich: „Hier Klinik Weißenau. Unser Patient Zacharias Cramer hat Sie als Kontaktperson angegeben. Rufen Sie uns bitte baldmöglichst zurück. Die behandelnde Ärztin Dr. Inge Wohlfahrt möchte Sie gern zu Herrn Cramer befragen.“

      Kalle legt sofort auf. „Einen Zacharias Cramer kenne ich nicht“, denkt er. Aber kurz darauf fällt ihm ein, dass Chuck mit Nachnahmen ‚Cramer’ heißt. Aber der ist doch völlig harmlos bis auf seinen Tick mit der STASI. Wieso landet der in der Klapsmühle? „Am besten rufe ich Chucks Frau morgen mal an, was mit ihm los ist, bevor ich mit der Dr. Wohlfahrt telefoniere“, beschließt er am Ende, „aber vielleicht ruft der Chuck auch selber an.“

      Auf einen solchen Anruf wartet er jedoch vergebens. Man hat in der Psychiatrie wohl das Handy gefunden und konfisziert. „Auch gut“, denkt Kalle, „habe ich mal ein bisschen Ruhe und kann mich um den Franz kümmern.“

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