Verstand ist nicht gleichzusetzen mit Intelligenz oder Instinkt. Natürlich gibt es sehr viele Tiere mit ausgeprägtem Instinkt und mit erstaunlicher bis sensationeller Intelligenz, aber – „Verstand“ haben sie nicht. Hier einige Beispiele:
Wenn Vögel in einer Höhe von ca. einem Meter über die Straße fliegen, sind sie intelligent genug, um den dort heranbrausenden Fahrzeugen mit akrobatischen und atemberaubenden Flugmanövern auszuweichen. Bis auf die, die trotz aller Vorsicht und Schnelligkeit an die Windschutzscheibe des nächstbesten Autos klatschen. Hätten die Tiere Verstand, würden sie längst erfasst haben, dass sie jede Straße völlig relaxt und gefahrlos überqueren könnten, wenn sie dabei eine Mindesthöhe von ca. drei bis vier Metern einhalten würden.
In Kenia fließt durch den Massai-Mara-Nationalpark der Mara River. Dieser wird zweimal im Jahr von riesigen Tierherden, die aus jeweils Tausenden von Gnus und Zebras bestehen, überquert – ausgerechnet an einer Stelle mit extrem unzugänglichen Steilufern. Zwar sind die Tiere intelligent genug, um durch den Fluss zu schwimmen, weil sie nur auf der anderen Seite frisches Futter finden, aber – Verstand haben auch sie nicht. Sie könnten nahezu gefahrlos das gegenüberliegende Ufer erreichen, wenn sie nur ein paar Hundert Meter entfernt den Fluss überqueren würden. Dort gibt es keine Steilufer, in denen sich fatalerweise einige dieser Tiere die Beine brechen und es gibt auch kaum Krokodile, die ihnen nach dem Leben trachten. Doch sie zwängen sich ohne Rücksicht auf eigene Verluste in einem irrsinnigen Gedränge durch dieses nur wenige Meter breite Nadelöhr – ohne Sinn und Verstand. Sie können nicht anders, weil sie es schon seit Jahrtausenden so gemacht haben.
Ein Rudel Löwen verfolgt eine Herde Büffel, die aus mehreren Hundert Tieren besteht. Die Büffel fliehen instinktiv und so schnell wie möglich. Warum? Weil auch sie das schon immer so gemacht haben – ebenfalls seit Tausenden von Jahren. Hätten sie Verstand, dann wären sie sich ihrer gigantischen Kräfte, die die der Löwen um ein Vielfaches übersteigen, bewusst. Statt tatenlos zuzusehen, wie diese genüsslich einen ihrer Artgenossen verspeisen, würden sie den Spieß einfach umdrehen und ihrerseits in geschlossener Formation die Löwen jagen. So wäre auch durchaus denkbar, dass sich mehrere Bullen zusammenschließen, weil sie nur zu ihrem Privatvergnügen oder auch aus purer Langeweile gerne ein paar Löwen (die nicht einmal auf der Jagd nach ihnen sind) aufmischen möchten. Wahrscheinlich müssten sich die chancenlosen Raubkatzen infolge ihrer traumatischen Erlebnisse anschließend in psychiatrische Behandlung begeben.
Affen, deren Gene zu immerhin ca. 98 % mit denen von Menschen übereinstimmen, würde man noch am ehesten Verstand zutrauen. Obwohl diese Tiere überaus intelligent und äußerst gewitzt sind, trifft diese Aussage aber auch hier nicht zu. In dem vielfach ausgezeichneten Dokumentarfilm „Die lustige Welt der Tiere“ wird unter anderem gezeigt, wie ein afrikanischer Buschmann einen Affen fängt. Dieser soll ihm später verraten, wo sich ihm bekannte Wasserstellen befinden. Der Buschmann bohrt in das weiche Gestein eines Hügels ein kleines Loch, welches er in der Tiefe etwas erweitert. In dieser Mulde deponiert er anschließend einige schmackhafte Nüsse. Er achtet sehr darauf, dass der in einiger Entfernung sitzende Affe jede seiner Bewegungen genau verfolgen kann. Dann entfernt er sich und beobachtet das Tier aus einem Versteck. Der äußerst neugierige Affe muss jetzt natürlich unbedingt wissen, was sich in dem Loch befindet. Er greift in die Öffnung, die gerade so groß ist, dass sein Arm hindurch passt, und nimmt sich die Nüsse. Das Problem ist nur, dass die jetzt zur Faust geballte Hand des Tieres nicht mehr durch die kleine Öffnung passt. Als der Buschmann sich ihm nähert, zieht und zerrt der Affe verzweifelt an seinem Arm und schreit vor lauter Angst wie am Spieß. Er hätte mehr als ausreichend Zeit, um zu fliehen, aber auf die Idee, die Nüsse einfach loszulassen, kommt er nicht. So wird der Affe ganz leicht gefangen, weil auch er mangels Verstandes die physikalisch kausalen Zusammenhänge nicht begreift.
Wie aber ging das Lebewesen Mensch mit der Erkenntnis um, dass es endlich ist, dass es irgendwann stirbt? Während Tiere und Pflanzen darüber mangels Bewusstseins nicht nachdenken, war dieser Gedanke für den Menschen unerträglich. Dass von ihm am Ende seiner Tage nichts mehr bleiben sollte, machte ihn fast wahnsinnig. So etwas war für ihn unvorstellbar – das konnte er einfach nicht akzeptieren. Aus diesem Grunde hat er vor vielen Tausend Jahren die Religion erfunden, auch wenn sie damals natürlich noch nicht so genannt wurde. Nur mit der Flucht in das Übersinnliche konnte er den Tod überlisten, um sich durch die ersonnene Wiedergeburt und das Ewige Leben ein wie auch immer geartetes Überleben zu sichern.
In den Anfängen glaubten unsere geistig noch nicht so fortgeschrittenen Vorfahren, dass die Menschen sich nach ihrem Ableben in Bäume, Berge oder Tiere verwandeln und deren magische Kräfte übernehmen würden.
Der Glaube an die Übertragung magischer Tierkräfte trifft leider zum Teil auch heute noch zu. Wenn man manche Praktiken, zum Beispiel die des Homo sapiens vorwiegend asiatischer Abstammung, analysiert, stellen sich doch erhebliche Zweifel an der fortwährend positiven Entwicklung des menschlichen Verstandes ein. Wie viele Tiere auch heute noch auf zum Teil bestialische Weise verstümmelt oder umgebracht werden, nur um beispielsweise Haifischflossen, Tigerhoden oder Rhinozeroshörner zum Aufpolieren der nachlassenden Libido zu verspeisen, ist in höchstem Maße dekadent und einfach nur widerlich.
Mit der Zeit wurden die Ansprüche aber größer. Jetzt wurden Himmelserscheinungen favorisiert, die man über lange Zeiträume hinweg beobachtet und ehrfürchtig bewundert hatte. Wer wollte jetzt schon als Baum wiedergeboren werden, wenn er auch ein Komet, ein Planet, oder gar ein Stern sein konnte? Die Mächtigen jener Zeit maßten sich sogar an, nach ihrem Tod den Platz der Sonne einzunehmen, von der man damals noch nicht wusste, dass sie ein ganz normaler und eher durchschnittlicher Stern ist.
Da alle Religionen – inklusive ihrer Vorläufer – nicht auf Tatsachen, sondern auf Glauben beruhen, konnten deren Erfinder zu jeder Zeit und nach freiem Ermessen irgendwelche Behauptungen aufstellen, die ihre fassungslosen und verblüfften Anhänger natürlich auf gar keinen Fall durchschauen durften. Damit sicherten sie ihren Wohlstand, der anfangs wohl nur darin bestand, sich möglichst ohne körperliche Arbeit regelmäßige Nahrung zu sichern.
Aber die gerissenen Schlitzohren wurden mit diesem Sonderstatus auch von Jahr zu Jahr mächtiger. Die Medizinmänner, Zauberer, Wahrsager und Propheten früherer Kulturen, die zum Beispiel als erste Sterndeuter eine Sonnenfinsternis vorhersagen konnten, waren hoch angesehene Männer, die ihr Halbwissen schamlos dazu nutzten, ihre Mitmenschen zu betrügen und skrupellos einzuseifen. Zur Not half auch etwas Hokuspokus und alle Zweifler erstarrten vor Ehrfurcht. Die Scharlatane jener Zeit mussten nie etwas beweisen, sondern nur ihre Anhänger bei Laune halten – mit allen Mitteln. Keine Frage, dass diese ungeahnten Möglichkeiten reichlich genutzt wurden. Das ist auch heute nicht anders, als vor Tausenden von Jahren:
Das Geschäft mit der Religion blüht!
Der Allmächtige fliegt gutgelaunt über Afrika. In seiner euphorischen Stimmung beschließt er spontan, einhundert schwarzen Afrikanern einen beliebigen Wunsch zu erfüllen.
Er lässt die hundert auserwählten Schwarzen in einer Reihe antreten und fragt den ersten: „Dir wird ein Wunsch erfüllt. Was wünschst du dir am sehnlichsten?“
Der Schwarze: „Ich möchte gerne weiß sein.“