Lausbubengeschichten & Tante Frieda - Teil 1. Ludwig Thoma. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ludwig Thoma
Издательство: Bookwire
Серия: Lausbubengeschichten & Tante Frieda
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783742772671
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Dann habe ich das Verdeck wieder darauf getan und die Zündschnur durch ein Loch gesteckt.

       Arthur fragte, ob es recht knallen wird, und ich sagte, ich glaube schon, daß es einen guten Schuß

       tut. Da ist er geschwind hinter einen Baum und hat gesagt, jetzt geht die Schlacht an.

       Und er hat wieder geschrien: »Hurra! Gebt's ihnen, tapferer Kapitän!«

       Ich habe das Dampfschiff aufgedreht und gehalten, bis die Zündschnur gebrannt hat.

       Dann habe ich ihm einen Stoß gegeben, und die Räder sind gegangen, und die Zündschnur hat

       geraucht.

       Es war lustig, und der Arthur hat sich auch furchtbar gefreut und hinter dem Baum immer

       kommandiert.

       Er fragte, warum es nicht knallt. Ich sagte, es knallt schon, wenn die Zündschnur einmal bis zum

       Pulver hinbrennt.

       Da hat er seinen Kopf vorgestreckt und hat geschrien:

       »Gebt Feuer auf dem Achterdeck!«

       Auf einmal hat es einen furchtbaren Krach getan und hat gezischt, und ein dicker Rauch ist auf

       dem Wasser gewesen. Ich habe gemeint, es ist etwas bei mir vorbeigeflogen, aber Arthur hat

       schon gräßlich geheult, und er hat seinen Kopf gehalten. Es war aber nicht arg. Er hat bloß ein

       bißchen geblutet an der Stirne, weil ihn etwas getroffen hat. Ich glaube, es war ein Bleisoldat.

       Ich habe ihn abgewischt, und er hat gefragt, wo sein Dampfschiff ist. Es war aber nichts mehr da;

       bloß der vordere Teil war noch da und ist auf dem Wasser geschwommen. Das andere ist alles in

       die Luft geflogen. Er hat geweint, weil er geglaubt hat, daß sein Vater schimpft, wenn sein Schiff

       nicht mehr da ist. Aber ich habe gesagt, wir sagen, daß die Räder so gelaufen sind, und es ist

       fortgeschwommen, oder er sagt gar nichts und geht erst heim, wenn es dunkel ist. Dann weiß es

       niemand, und wenn ihn wer fragt, wo das Schiff ist, sagt er, es ist droben, aber er mag nicht damit

       spielen. Und wenn eine Woche vorbei ist, sagt er, es ist auf einmal nicht mehr da. Vielleicht ist es

       gestohlen worden.

       Der Arthur sagte, er will es so machen und warten, bis es dunkel wird.

       Wie wir das geredet haben, da hat es hinter uns Spektakel gemacht.

       Ich habe geschwind umgeschaut, und da habe ich auf einmal gesehen, wie der Rafenauer

       hergelaufen ist.

       Er hat geschrien: »Hab ich enk, ihr Saububen, ihr miserabligen!«

       Ich bin gleich davon, bis ich zum Heustadel gekommen bin. Da habe ich mich geschwind

       versteckt und hingeschaut. Der Arthur ist stehengeblieben, und der Rafenauer hat ihm die

       Ohrfeigen gegeben. Er ist furchtbar grob.

       Und er hat immer geschrien: »De Saububen zünden noch mei Haus o. Und meine Äpfel stehlen

       s', und meine Zwetschgen stehlen s', und mei Haus sprengen s' in d' Luft!«

       Er hat ihm jedesmal eine Watschen gegeben, daß es geknallt hat.

       Ich habe schon gewußt, daß er einen Zorn auf uns hat, weil ich und der Lenz ihm so oft seine

       Äpfel stehlen, und er kann uns nicht erwischen.

       Aber den Arthur hat er jetzt erwischt, und er hat alle Prügel gekriegt. Wie der Rafenauer fertig

       war, ist er fortgegangen. Aber dann ist er stehengeblieben und hat gesagt: »Du

       Herrgottsakerament!« und ist wieder umgekehrt und hat ihm noch mal eine hineingehauen. Der

       Arthur hat furchtbar geweint und hat immer geschrien: »Ich sage es meinem Papa!« Es wäre

       gescheiter gewesen, wenn er fortgelaufen wäre; der Rafenauer kann nicht nachkommen, weil er

       so schnauft. Man muß immer um die Bäume herumlaufen, dann bleibt er gleich stehen und sagt:

       »Ich erwisch euch schon noch einmal.«

       Ich und der Lenz wissen es; aber der Arthur hat es nicht gewußt.

       Er hat mich gedauert, weil er so geweint hat, und wie der Rafenauer fort war, bin ich hingelaufen

       und habe gesagt, er soll sich nichts daraus machen. Aber er hat nicht aufgehört und hat immer

       geschrien: »Du bist schuld; ich sage es meinem Papa.«

       Da habe ich mich aber geärgert, und ich habe gesagt, daß ich nichts dafür kann, wenn er so dumm

       ist.

       Da hat er gesagt, ich habe das Schiff kaputtgemacht, und ich habe so geknallt, daß der Bauer

       gekommen ist und er Schläge gekriegt hat.

       Und er ist schnell fortgelaufen und hat geweint, daß man es weit gehört hat. Ich möchte mich

       schämen, wenn ich so heulen könnte wie ein Mädchen. Und er hat gesagt, er ist ein Admiral. Ich

       dachte, es ist gut, wenn ich nicht gleich heimgehe, sondern ein bißchen warte.

       Wie es dunkel war, bin ich heimgegangen, und ich bin beim Scheck ganz still vorbei, daß mich

       niemand gemerkt hat.

       Der Herr war im Gartenhaus und die Frau und das dicke Mädchen. Der Scheck war auch dabei.

       Ich habe hineingeschaut, weil ein Licht gebrannt hat. Ich glaube, sie haben von mir geredet. Der

       Herr hat immer den Kopf geschüttelt und hat gesagt: »Wer hätte es gedacht! Ein solcher

       Lausejunge!« Und das dicke Mädchen hat gesagt: »Er will, daß mir Arthur Schlangen ins Bett

       legt. Hat man so was gehört?«

       Ich bin nicht mehr eingeladen worden, aber wenn mich der Herr sieht, hebt er immer seinen

       Stock auf und ruft: »Wenn ich dich mal erwische!« Ich bin aber nicht so dumm wie sein Arthur,

       daß ich stehenbleibe.

      In den Ferien

      Es ist die große Vakanz gewesen, und sie hat schon vier Wochen gedauert. Meine Mutter hat oft

       geseufzt, daß wir so lange frei haben, weil alle Tage etwas passiert, und meine Schwester hat

       gesagt, daß ich die Familie in einen schlechten Ruf bringe.

       Da ist einmal der Lehrer Wagner zu uns auf Besuch gekommen. Er kommt öfter, weil meine

       Mutter so viel vom Obst versteht, und er kann sich mit ihr unterhalten.

       Er hat erzählt, daß seine Pfirsiche schön werden und daß es ihm Freude macht. Und dann hat er

       auch gesagt, daß die Volksschule in zwei Tagen schon wieder angeht und seine Vakanz vorbei

       ist. Meine Mutter hat gesagt, sie möchte froh sein, wenn das Gymnasium auch schon angeht, aber

       sie muß es noch drei Wochen aushalten.

       Der Lehrer sagte: »Ja, ja, es ist nicht gut, wenn die Burschen so lange frei haben. Sie kommen auf

       alles mögliche.«

       Und dann ist er gegangen. Zufällig habe ich an diesem Tage eine Forelle gestohlen gehabt, und

       der Fischer ist zornig zu uns gelaufen und hat geschrien, er zeigt es an, wenn er nicht drei Mark

       dafür kriegt.

       Da bin ich furchtbar geschimpft worden, aber meine Schwester hat gesagt: »Was hilft es?

       Morgen fängt er etwas anderes an, und kein Mensch mag mehr mit uns verkehren. Gestern hat