Ludwig Thoma
Lausbubengeschichten & Tante Frieda - Teil 1
Das bekannteste Werk von Ludwig Thoma
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Inhaltsverzeichnis
Lausbubengeschichten & Tante Frieda - Teil 1
Lausbubengeschichten & Tante Frieda - Teil 1
Hinweis: Der Text wurde nach alter deutscher Rechtschreibung erfasst. Auf Grund
der größtenteils dialektischen Niederschrift wurden keine Änderungen
vorgenommen.
Inhaltsverzeichnis
1. Der vornehme Knabe
2. In den Ferien
3. Der Kindlein
4. Gute Vorsätze
5. Besserung
6. Onkel Franz
7. Der Meineid
8. Die Verlobung
9. Gretchen Vollbeck
10. Die Vermählung
11. Meine Liebe
12. Das Baby
Der vornehme Knabe
Zum Scheckbauern ist im Sommer eine Familie gekommen. Die war sehr vornehm, und sie ist
aus Preußen gewesen.
Wie ihr Gepäck gekommen ist, war ich auf der Bahn, und der Stationsdiener hat gesagt, es ist
lauter juchtenleder, die müssen viel Gerstl haben. Und meine Mutter hat gesagt, es sind feine
Leute, du mußt sie immer grüßen, Ludwig.
Er hat einen weißen Bart gehabt, und seine Stiefel haben laut geknarrzt. Sie hat immer
Handschuhe angehabt, und wenn es wo naß war auf dem Boden, hat sie huh! geschrien und hat
ihr Kleid aufgehoben.
Wie sie den ersten Tag da waren, sind sie im Dorf herumgegangen. Er hat die Häuser angeschaut
und ist stehengeblieben. Da habe ich gehört, wie er gesagt hat: »Ich möchte nur wissen, von was
diese Leute leben.«
Bei uns sind sie am Abend vorbei, wie wir gerade gegessen haben. Meine Mutter hat gegrüßt,
und Ännchen auch. Da ist er hergekommen mit seiner Frau und hat gefragt: »Was essen Sie da?«
Wir haben Lunge mit Knödel gegessen, und meine Mutter hat es ihm gesagt. Da hat er gefragt,
ob wir immer Knödel essen, und seine Frau hat uns durch einen Zwicker angeschaut. Es war aber
kein rechter Zwicker, sondern er war an einer kleinen Stange, und sie hat ihn auf- und zugemacht.
Meine Mutter sagte zu mir: »Steh auf, Ludwig, und mache den Herrschaften dein Kompliment«
und ich habe es gemacht.
Da hat er zu mir gesagt, was ich bin, und ich habe gesagt, ich bin ein Lateinschüler. Und meine
Mutter sagte: »Er war in der ersten Klasse und darf aufsteigen. Im Lateinischen hat er die Note
zwei gekriegt.«
Dann hat er meine Mutter gefragt, wieviel sie Geld kriegt im Monat, und sie ist ganz rot
geworden und hat gesagt, daß sie hundertzehn Mark kriegt.
Er hat zu seiner Frau hinübergeschaut und hat gesagt: »Emilie, noch nicht vierzig Taler.«
Und sie hat wieder ihren Zwicker vor die Augen gehalten.
Dann sind sie gegangen, und er hat gesagt, daß man es noch gehört hat: »Ach möchte bloß
wissen, von was diese Leute leben.«
Am andern Tag habe ich den Arthur gesehen. Er war aber nicht so groß wie ich und hat lange
Haare gehabt bis auf die Schultern und ganz dünne Füße. Das habe ich gesehen, weil er eine
Pumphose anhatte. Es war noch ein Mann dabei mit einer Brille auf der Nase. Das war sein
Instruktor. Sie sind beim Rafenauer gestanden, wo die Leute Heu gerecht haben.
Der Arthur hat hingedeutet und hat gefragt: »Was tun die da machen? Und der Instruktor hat
gesagt: »Sie fassen das Heu auf. Wenn es genügend gedörrt ist, werden die Tiere damit
gefüttert.« Der Scheck-Lorenz war bei mir, und wir haben uns versteckt, weil wir so gelacht
haben.
Beim Essen hat meine Mutter gesagt: »Der Herr ist wieder dagewesen und hat gesagt, du sollst
nachmittag seinen Sohn besuchen.« Ich sagte, daß ich lieber mit dem Lenz zum Fischen gehe,
aber Anna hat mich gleich angefahren, daß ich nur mit Bauernlümmeln herumlaufen will, und
meine Mutter sagte: »Es ist gut für dich, wenn du mit feinen Leuten zusammen bist. Du kannst
Manieren lernen.«
Da hab ich müssen, aber es hat mich nicht gefreut. Ich habe die Hände gewaschen und den
schönen Rock angezogen, und dann bin ich hingegangen. Sie waren gerade beim Kaffee, wie ich
gekommen bin. Der Herr war da und die Frau und ein Mädchen; das war so alt wie unsere Anna,
aber schöner angezogen und viel dicker. Der Instruktor war auch da mit dem Arthur.
»Das ist unser junger Freund«, sagte der Herr. »Arthur, gib ihm die Hand!« Und dann fragte er
mich: »Nun, habt ihr heute wieder Knödel gegessen?« Ich sagte,