40 Jahre weiter. Die alten Sperrmüllmöbel entwickeln sich allmählich durch den Anschauungswandel zu wertvollen Antikmöbeln. „Jaffa“-Möbel (Apfelsinenkisten) springen in die Lücke. Als Radiogerät dient eine alte „Goebbelsschnauze“ (Volksempfänger). Nach und nach können wir das eine oder anderer Möbelstück neu erwerben. Unter unserer Wohnung übt wöchentlich ein Posaunenchor. Daneben befinden sich die Büroräume der Fürsorgerinnen und anderen Kollegen. Am Hause vorbei rattern mehrere Straßenbahnlinien und starker Autoverkehr über Dortmunds Hauptgeschäftsstraße. Hinter dem Hause hören wir die Lautsprecher-Zugansagen des Hauptbahnhofs. Ganz in der Nähe befindet sich die Dortmunder Union-Brauerei. Fast täglich kommt ein Schwall vergorenen Gerstensuds zu uns herübergeweht. Wenn die Hochöfen und Kokereien ihren gelbbraunen Qualm abblasen, ist der Dortmunder Himmel rötlich-braun staubverhangen. Allenthalben sieht man im Stadtgebiet neben den Zechen, die es noch in großer Zahl gibt, riesige Kokshalden. Fast alle Häuser in Dortmund und Umgebung sind grauschwarz verrußt. Auf unseren Fensterbänken liegt täglich neu eine dicke schwarze Rußschicht. Lärm- und schmutzhemmende Termopaneverglasung gibt es noch nicht. Die Worte „Umweltsünden“ und „Umweltschutz“ sind auch noch nicht erfunden. Man ist froh, dass die Wirtschaft nach dem Kriege wieder floriert, vieles schon wieder aufgebaut ist und jeder Arbeit hat. Arbeitslosigkeit ist ein Wort, das man nur aus den 1920er und 30er Jahren und der unmittelbaren Nachkriegszeit in Erinnerung hat. Es herrscht Vollbeschäftigung und nach und nach sogar Arbeitskräftemangel.