»Weißt du, dass du als Schadenshergangs Prüfer für eine Versicherung 60 Pfund im Monat verdienst? Es tut mir leid um das Mädchen, aber warum gehst du nicht zu einer Versicherung eine respektable ungefährliche Arbeit.«
Ivy setzte sich und sah Irene nachdenklich beim Abspülen zu.
»Kannst du dich mich in einem Büro vorstellen, Versicherungsrisiken prüfen mit langweiligen Stutzern zu tun haben?«, fragte er Ivy.
Sie konnte es nicht. Ihr Vater war nie ein Büromensch gewesen. Er gehörte nicht zu jenen Männern aus der City, die um neun Uhr mit den Droschken die Brompton Street an der Themse entlang rollten. Dabei ständig die Taschenuhr in der Hand hielten und das alles mit gespitzten Lippen und der Besorgnis im Gesicht zu spät ins Kontor oder der Bank zu kommen.
»Da ist ein Brief für dich gekommen von deinem Freund Watson«, sagte sie und Irene brachte das Kuvert von der Küchenanrichte und reichte ihn Pontius. Er riss ihn auf und überflog den Brief.
»Ihm geht es gut er wohnt im King Wellhelm Hotel und fragt ob er dir belgische Schokolade oder belgische Spitze mitbringen soll!«
»Spitze ich könnte mir ein Kleid daraus machen lassen. Belgische Spitze kostet doch sicherlich ein Vermögen?«, Ivys Augen leuchteten und der Inspektor sah ein Hochzeitskleid in seiner Imagination aufflimmern, er verscheuchte diesen abscheuliche Vision der Zukunft.
»Tut sie auch«, brummte er.
»Was hältst du von Mister Saunders?«, fragte seine Tochter unvermittelt.
Lestrade sah vorsichtig auf, »dieser Tollpatsch?«
»Er ist kein Tollpatsch«, verteidigte Ivy Mister Saunders.
Etwas zu heftig nach Lastrades Geschmack, einen langen Kerl von fast zwei Metern, der instinktiv überall den Kopf einzog, wenn er irgendwo eintrat.
»Er ist etwas ungeschickt, das gebe ich gerne zu!«, Ivy lächelte »Hättest du etwas dagegen, wenn ich ihn zum Dinner einlade?«
Pontius schluckte, »welches Dinner?«
»Das Dinner, das wir zum Hauseinzug geben, dein Freund könnte kommen und dann einige nette Nachbarn und dein Freund Abberline mit seiner Gattin!«
»Und wann findet das ganz statt?«
Hutt folgte Doktor Bagster mit klopfenden Herzen, er mochte das Leichenschauhaus nicht das größte seiner Art in London. Sie gingen durch den Innenhof und dann eine schmale Steintreppe hinunter die zum Untersuchungsraum drei des Instituts führte. Bagster führte ihn durch lange Korridore mit weiß getünchten Wänden. Er zweigte durch ein Labor ab das gesäumt war von zahllosen Flaschen, Chemikalien, Retorten, Reagenzgläsern. Auf den Labortischen standen kleine Gasbunsenbrenner mit stechend scharfer blauer Flamme und brannten unter dickbauchigen Gefäßen.
»Doktor Lassalle untersucht den Mageninhalt auf Toxine und Alkohol.«
Hutt spürte stechend scharfe Gerüche oder war es nur ein alles durchdringender Geruch?
»Die Forensik macht schnelle fortschritte, MPA die drei großen Buchstaben der Kriminalistik. Mikroskopie, Pharmazie Anatomie«, vertraute Bagster Hutt stolz an. »Jenseits des Kanals in Europa hat die anatomische Untersuchung eine lange Tradition. Leonardo da Vinci oder Vesilius. John Bell der große Schotte!«
Sie erreichten den Seziersaal drei, ein schlecht gelüfteter Raum stinkend und infektiös, fand Hutt. Der schreckliche Tod, der unerklärliche tot haftete an allem an der Kleidung des Doktors seinen Haaren seiner Haut. Die Teile des Opfers lagen auf der hölzernen Pritsche mit einer Blutrinne in der Mitte. Das Blut rann durch einen Schlauch auf den Boden und verschwand in den Abflüssen, die unter jedem Seziertisch waren.
»Ich seziere a sittu, das heißt, wenn sich die Rokitansky Methode machen lässt. Hier leider«, er wies bedauernd auf Torso, Oberschenkel, Arme. »Winzige Blutflecken in Herz und Rippenfell Gegend sprechen für ein vergiften mit einem Ammonium, der Mörder war so freundlich das Herz im Körper zu lassen und das Rippenfell natürlich.«
Ein Assistent rollte auf einer knarrenden hölzernen Schubkarre eine Leiche zu einem anderen Tisch Hutt wurde übel.
Bagster drehte sich fragte, »Der Gasselbstmörder?«, er drehte sich erklärend zu Hutt, »Gas wird immer beliebter! Es liegt am Sinken der Gaspreise Constable, Sie werden es sehen je billiger die Lichtquelle Gas wird umso häufiger haben wir es mit dieser Art von Tötung, zu tun. Es macht die Haut blau wie in Tinte gebadet ein eigentümlicher Farbton sehr sehr ungewöhnlich.«
Constable Hutt starrte auf das Fleisch vor ihm auf der Pritsche das einmal zu einer lebenden schönen Frau gehörte und bekämpfte seinen Schwindel.
»Ja Sir der Gasmann, männlich etwa 35 Jahre. Er ist noch nicht ausgeblutet worden Sir, soll ich ihn ausbluten und das Blut in das chemische Labor zur Untersuchung bringen?«, fragte der Assistent geschäftig, er trug eine von Flecken verkrustete Lederschürze und Lederhandschuhe, die ihm bis zu den Ellenbogen reichten, um ihn vor ansteckenden Krankheiten zu schützen.
Constable Hutt kannte die Vorgehensweise Leichen wurden ausgeblutet und ihnen wurde ein Konservierungsmittel injiziert, um sie haltbarer zu machen. Präparate, die man für den Unterricht nicht brauchte, wurden in der nebenan gelegenen Kühlkammer wie Schweinehälften in der Metzgerei an Fleischerhacken aufgehängt und bei Bedarf mit Schubkarren in die Hör und Seziersäle des Instituts gebracht. Die Fensterscheiben waren mit Talkum beschmiert das Sonnenlicht veränderte die Farben, ein wichtiges Kriterium war die Farbe der Haut und der Totenflecke bei einer Todesursachen Beurteilung. Rund um den Seziertisch waren zusammengefegte blutige Sägespäne zu einem Haufen gekehrt. Der Karbolgeruch wehte scharf, sobald die Holztür mit den Bullaugen zur Präparatenkammer aufgemacht wurde durch den Saal. Messer, Sägen Meißel lagen auf einem Rolltisch neben dem Doktor.
»Sie wurde also vermutlich vergiftet?«, fragte Hutt mit zitternder Stimme. Obwohl er sich bemühte sachlich zu fragen und wie ein alter abgebrühter Fuchs zu wirken.
»Ja mit einem Ammonium. Zersägt wurde der Körper mit einer Säge und einem wenigstens zwanzig Zentimeter langen Instrument. Es sah gekonnt aus, nicht auf die Art eines Chirurgen, sondern auf die Art einer Hausfrau. Weniger professionell als bei einem Schlachter aber geschickt im Umgang mit Tranchierbesteck.«
Hutts Mund klappte entsetzt auf, »Ist das ihr Ernst Sir?«
»Ja natürlich. Es war kein Schlachter aber eventuell ein Koch. Ich kann sagen, dass sie Mutter war. Ansonsten war sie bis auf eine beginnende Syphilis gesund!«
Die armen Kinder dachte Hutt und mit seinem Tränen verschleierten Blick sah er die Waisenkinder vor sich, einen kleinen Oliver Twist in Lumpen mit hungrigem Magen im Armenhaus in den Kohlenkeller gesperrt, weil er um etwas Nahrung gebeten hat. Er tröstete sich damit das sich einiges seit Dickens Zeiten verbessert hatte. Hutt zückte sein Dienstbuch hervor und befeuchtete den Bleistiftstummel mit seiner Zungenspitze. Er schrieb während Doktor, Bagster referierte.
»Die sterblichen Überreste bestanden aus den letzten zwei Knochen über dem Rumpf und die untere Hälfte des Körpers der Torso einer Frau, Oberschenkel bis zu den Knien. Der Rumpf wurde fast gerade mit einer sehr scharfen Säge durchtrennt, die Teile um die Wirbel herum mit einem kantigen schweren Messer oder Beil, welches auch den Unterleib samt Oberschenkeln durchtrennt hat.« Der Doktor tippte mit seinem Zeigefinger auf zerhaktes Fleisch. »Der Kopf, die Arme, die Unterbeine, sind glatt abgeschlagen worden, wobei die Muskeln der Unterschenkel schräge von oben nach unten gesägt wurden. Ziemlich saubere Schnitte Constable, die mit einem scharfen Instrument zugefügt worden sein müssen. Es gab nur wenige Zerstückelungen bei diesen Einschnitten, was zeigt, dass sie durch einen ich würde sagen Fleischer Lehrling oder Koch durchgeführt wurden. Der Rumpf von der Hüftregion wurde dagegen gesägt. Es gab Anzeichen äußerlicher Gewalt dem Vergiften. Die Verstorbene ist ungefähr seit drei oder vier Tagen tot.«
Hutt schrieb langsam und sorgfältig.
»Das