Date to go - (K)ein Mann zum mitnehmen. Mira Schwarz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mira Schwarz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745072051
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war. Ich trank normalerweise nicht viel Alkohol und war ziemlich beschwipst. Das war vermutlich auch der Grund, warum ich ständig die goldenen Sprenkel ansehen musste, die das Kerzenlicht in Daniels braunen Augen aufblitzen ließ. Und warum mein Blick immer wieder an seiner breiten Brust hängenblieb. Oder an seinen perfekten Lippen. Als die Kellnerin die Teller abräumte, wollte ich nicht, dass der Abend schon vorbei war. Deshalb schlug ich vor, noch einen Espresso und ein Dessert zu bestellen.

      Beim Nachtisch erzählte ich Daniel von meiner Familie. Ich hatte ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern und auch zu meinen zwei Brüdern, aber ich sah sie nicht oft. Sie lebten alle nach wie vor in dem kleinen Dorf, in dem ich aufgewachsen war. Mein großer Bruder hatte im letzten Jahr geheiratet und jetzt warteten meine Eltern sehnsüchtig auf Enkelkinder. Mein kleiner Bruder hatte sich zu unser aller Erstaunen zu einem Leben als Landwirt entschieden.

      „Jetzt weißt du eigentlich alles, was du wissen musst“, beendete ich meinen Bericht. Ich nahm den letzten Löffel meiner Sahnespeise. „Das Problem ist bloß, ich weiß überhaupt nichts über dich.“

      Daniel kniff die Augen zusammen. Sah er plötzlich ein bisschen nervös aus, oder bildete ich mir das nur ein? „Da gibt es nicht so viel zu wissen“, sagte er ausweichend.

      Ich zögerte. Überschritt ich eine Grenze, wenn ich ihn ausfragte? Aber ein bisschen was von seinem Backround musste er mir doch anvertrauen können.

      Als hätte er meine Gedanken gelesen, nickte er leicht. „Was willst du denn wissen?“, fragte er freundlich lächelnd.

      „Na, zuerst mal, was du beruflich so machst.“

      Er sah mich an und hob langsam die Augenbrauen. „Was ich beruflich mache?“

      Ich schlug mir mit der Hand vor die Stirn. „Oh, entschuldige. Ich wusste nicht, ...“, stammelte ich. „Ich meine, ich dachte, das wäre nur so eine Art ... “

      „... Hobby?“, fragte er mit einem Grinsen.

      Ich nickte, immer noch verlegen.

      Es war seltsam, wie offensiv er damit umging, dass er sich für Geld an Frauen verkaufte. „Nein, natürlich ist das ein richtiger Job. Aber das kann ich meinen Kollegen ja schlecht sagen. Wir müssen uns also einen anderen Beruf für dich ausdenken.“

      Wieder nickte er. „Klar, da hast du Recht.“ Er dachte einen Moment nach. „Wie wäre es mit Arzt?“

      Ich sah ihn zweifelnd an. Ich hatte mehr an irgendeinen Bürojob gedacht. Etwas, bei dem keiner Fragen stellen würde. Aber Arzt? Da merkte man doch sofort, wenn jemand sich nicht wirklich auskannte. „Okay“, sagte ich zögernd. „Wenn du meinst.“

      Er musste über meinen Gesichtsausdruck lachen. „Keine Angst, ich werde dich nicht in Verlegenheit bringen. Ich kenne mich aus mit Medizin.“ Er schmunzelte, als er mein immer noch zweifelndes Gesicht sah. „Nicht nur, weil ich einige Folgen Emergency Room gesehen habe“, beruhigte er mich. „Sag einfach, ich arbeite für die Uniklinik Eppendorf.“

      Ich wiegte den Kopf. Ob er da nicht ein bisschen hoch pokerte? Schließlich hatte er nichts zu riskieren. Nur ich würde mich lächerlich machen, wenn er bei dem Essen wie eine Witzfigur wirkte. „Und welche Fachrichtung?“, fragte ich dennoch nach.

      „Neurologie.“

      Ich runzelte die Stirn. „Wie kommst du denn ausgerechnet darauf?“

      „Ich kenne mich mit dem Gehirn aus.“ Er beugte sich leicht vor. „Ich weiß eine Menge über menschlichen Wahnsinn“, flüsterte er mit einer gespielt gruseligen Stimme.

      Ich sah ihn verwirrt an. Er machte noch eine kleine Kunstpause, dann musste er lachen. „Keine Angst, ich kenne mich da wirklich gut aus. Mein Bruder ist Neurologe und er redet von nichts anderem. Da kommt man gar nicht Drumherum, eine Menge aufzuschnappen.“

      Sein Bruder war Arzt? Ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie mich diese Information überraschte. Sicher, Daniel war ein seriöser Begleiter und kein Callboy. Er wirkte weder drogensüchtig noch unterprivilegiert. Trotzdem irritierte es mich, dass sein Bruder Neurologe war. Das wies doch darauf hin, dass Daniel aus einer gebildeten Familie kam. Das passte alles nicht zusammen. Mein Schubladendenken wurde hier wirklich gehörig durcheinandergewirbelt.

      Ob Daniel auch studiert hatte?

      Ich verkniff mir neugierige Fragen. „Also, dann. Neurologe“, sagte ich stattdessen und nickte.

      Wir phantasierten noch ein bisschen herum und sammelten Details über unsere ausgedachte Beziehung. Dabei lachten wir viel und ich hatte das Gefühl, wir würden uns schon länger kennen. Aber um halb zehn sah ich, dass Daniel auf seine Uhr schielte. Das holte mich mit einem Schlag in die Realität zurück. Ich hatte schon wieder fast vergessen, dass das hier für ihn kein Date war.

      Es war ein Job. Nicht mehr, nicht weniger..

      „Wir sollten langsam bezahlen“, sagte ich und winkte die Kellnerin heran. Sie brachte kurz darauf die Rechnung und reichte sie ganz selbstverständlich an Daniel.

      „Oh, das mache ich.“ Ich griff nach dem Zettel, bevor sie ihn auf den Tisch legen konnte. Die Kellnerin machte große Augen. War es wirklich immer noch so selten, dass eine Frau das Essen bezahlte? „Es ist sein Geburtstag“, erklärte ich schnell, um ihr einen Grund für mein Verhalten zu liefern.

      „Mio dio!“, rief sie aus. Sie sah uns geradezu bestürzt an. „Das hätten sie uns doch sagen müssen“, erwiderte sie mit ihrem charmanten, italienischen Akzent. „Warten Sie einen Moment.“

      Kurz darauf kam sie mit einem kleinen Törtchen wieder, in dem eine Kerze steckte. Sie zündete sie an und gratulierte einem sichtlich verlegenen Daniel wortreich zu seinem Geburtstag. Er wusste gar nicht, wo er hinsehen sollte und bedankte sich unbeholfen in gebrochenem Italienisch.

      „Na, vielen Dank auch“, zischte er mir zu, als wir zusammen das Restaurant verließen.

      Ich unterdrückte ein Kichern. „Nächstes Mal sage ich einfach, ich wäre Feministin, okay?“

      „Ich dachte, nächstes Mal bezahlt dein Boss“, antwortete er trocken.

      Wir waren bei seinem Auto angekommen und ich streckte ihm die Hand zum Abschied hin. Er schüttelte sie.

      „Vielen Dank“, sagte er und auch wenn ich ihm in Zeiten des Online-Bankings Gott sei Dank keine Geldscheine in die Hand drücken musste, wussten wir beide, was er meinte. „Ich würde dich ja nach Hause fahren, aber ich habe es leider eilig“, setzte er hinzu und schenkte mir wieder sein gewinnendes Lächeln.

      Diesmal zog es bei mir nicht. Es war gerade mal kurz nach zehn. Um ehrlich zu sein hätte ich mich sehr gern von ihm nach Hause fahren lassen. Aber ich wollte nicht zickig sein.

      „Schon okay“, erwiderte ich cool. Ich versuchte, ihn nicht wieder so schmachtend anzusehen.

      Er war ein … Geschäftspartner.

      Das sollte ich nicht vergessen.

      Ich hatte mich von seinen braunen Augen und seinem Charme gehörig einwickeln lassen.

      „Falls du noch irgendwelche Infos hast, die ich bis Freitag auswendig lernen soll, dann schick mir einfach eine Mail“, sagte er und zog seinen Autoschlüssel aus der Tasche.

      Ich war gerührt. Das war wieder ziemlich nett und aufmerksam.

      Ich seufzte. „Vielen Dank für alles.“ Dieses Treffen war wirklich das reinste Wechselbad der Gefühle für mich. Warum war ich bloß so empfindlich? Das war doch gar nicht meine Art.

      Daniel war schon auf dem Weg zur Fahrertür seines Wagens, als er sich noch mal zu mir umdrehte. „Soll ich dich am Freitag vielleicht vor dem Essen abholen? Es wirkt sicher viel natürlicher, wenn wir gemeinsam ankommen.“

      „Ja, sehr gerne.“ Ich war augenblicklich wieder versöhnt. „Das wäre toll. Ich maile dir meine Adresse.“

      „Dann bis Freitag.“

      Er