Date to go - (K)ein Mann zum mitnehmen. Mira Schwarz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mira Schwarz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745072051
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sprang an der Haltestelle heraus und hastete weiter, als ein Auto am Straßenrand meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Im Licht der Straßenlaterne sah ich einen dunkelhaarigen Mann, der sich ein graues Sweatshirt über den Kopf zog. Dann blieb er mit nacktem Oberkörper auf dem Fahrersitz sitzen und wühlte in einer Tasche neben sich. Ich starrte auf seine nackten Oberarme und ein Kribbeln lief durch meinen Magen. Es war eine Weile her, dass ich an nackte Männer gedacht hatte. Der Fremde zog ein weißes Hemd heraus und knöpfe es zu. Dann drehte er sich um und griff auf den Rücksitz. Kurz darauf hatte er ein Jackett ergriffen und öffnete die Wagentür.

      Ich erstarrte, als der Typ genau vor mir aus dem Auto sprang. Oh Gott, das war ja dieser Daniel! Er sah völlig anders aus als auf dem Foto. Er war nicht rasiert, was ihm einen leicht verwegenen Ausdruck gab. Auch seine Haare waren nicht mehr so kurz und gepflegt wie auf dem Foto im Internet. Sie fielen ihm halblang in die Stirn und im Nacken kräuselten sie sich schon leicht. Er trug zu dem Hemd und dem Jackett Jeans und Turnschuhe. Er sah viel jünger aus, fast wie ein Student.

      Ohne lange Nachzudenken ging ich zwei Schritte auf ihn zu.

      „Daniel?“, fragte ich und lächelte ihn an.

      Er sah irritiert aus. „Tut mir leid, Sie müssen mich verwechseln“, antwortete er dann kühl.

      Ich musterte ihn noch einmal genauer.

      Konnte ich mich so irren?

      Der Mann sah dem Foto von diesem Daniel wirklich zum Verwechseln ähnlich. Heute ging aber auch wirklich alles schief. Ich starrte immer noch in das schöne Gesicht des Mannes. Er hielt meinen Blick für einen Moment stand. Mein Gott, was für Augen. Sie waren tiefbraun.

      Dann besann ich mich und schüttelte verlegen den Kopf.

      „Tut mir leid. Dann habe ich Sie wohl verwechselt.“

      Ich drehte mich um und ging zum Restaurant. Der Abend ging ja gut los. Ich war noch nicht einmal angekommen und benahm mich schon dermaßen peinlich. Ich buchte jetzt nicht mehr nur Männer im Internet, sondern schmachtete auch Wildfremde auf der Straße an.

      Merkwürdigerweise folgte mir der Kerl jetzt auch noch. Als ich an der Eingangstür zu dem italienischen Restaurant angekommen war, stand er genau hinter ihr. Ich sah ihn fragend an. Er musterte mich jetzt genauer. Dann hatte ich den Eindruck, dass sich in seinem Kopf ein paar Zahnräder in Bewegung setzten.

      „Bist du Isabel?“, fragte er dann.

      Ich nickte. „Ja.“

      „Dann sind wir beide verabredet.“

      Wie merkwürdig wollte dieser Kerl sich denn noch benehmen? Warum hatte er eben behauptet, er würde nicht Daniel heißen? Dieses Treffen war ein furchtbarer Fehler gewesen. Ich schwor mir, so etwas nie, nie wieder zu machen. Ich lächelte ihn verlegen an und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Wir betraten gemeinsam das Restaurant. Eine Kellnerin und brachte uns zu einem kleinen Tisch in der Ecke des Restaurants.

      Ich war immer noch verwirrt. „Warum hast du denn eben gesagt, dass du nicht Daniel bist?“, eröffnete ich das Gespräch, als wir am Tisch saßen.

      Er seufzte. „Keine Ahnung. Ich wollte … nicht in ein Gespräch verwickelt werden. Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass du Isabel sein könntest.“

      „Hast du gedacht, ich würde anders aussehen?“, hakte ich nach.

      Er zuckte verlegen die Schultern. „Ich hatte gedacht, du bist älter.“ Hatte ich also doch Recht gehabt. „Du siehst eben nicht so aus, als müsstest du jemanden bezahlen, damit er mit dir ausgeht“, setzte er hinterher.

      Puh, der Typ war aber direkt. Irgendwie hatte ich gehofft, wir würden so tun, als wäre das ein normales Treffen. Ich spürte, dass sich eine leichte Röte über mein Gesicht zog. Ich griff schnell nach der Speisekarte, die die Kellnerin schon auf den Tisch gelegt hatte, und versteckte mein Gesicht dahinter.

      „Entschuldige, das sollte ein Kompliment sein.“ Daniel drückte die Karte in meiner Hand ein wenig nach unten, damit er mich ansehen konnte. „Tut mir leid. Du wirkst so normal, das bin ich nicht gewöhnt.“

      Jetzt wurde ich neugierig. „Wie sind denn die Frauen sonst so, die dich buchen?“, fragte ich. Wenn er das Thema so deutlich beim Namen nennen durfte, konnte ich das schließlich auch.

      Zu meinem Ärger schüttelte er den Kopf. „Darüber kann ich nicht reden.“

      Ich versuchte, nicht allzu verletzt auszusehen. „Sicher.“

      Verdammt, das lief alles nicht rund. Meine Gedanken wanderten zu dem Essen am Freitag. Niemand auf der Welt würde uns abkaufen, dass wir ein Paar waren. Ich räusperte mich.

      „Wenn ich ganz ehrlich bin, glaube ich auf einmal, dass ich einen riesigen Fehler gemacht habe“, begann ich. „Ich glaube, wir sollten das Ganze lieber abbrechen.“ Daniel sah mich entsetzt an und öffnete den Mund, aber ich war schneller. „Ich bezahle natürlich das Honorar, keine Angst. Ich fühle mich einfach nicht wohl. Es war sowieso eine dumme Idee, meine Kollegen zu belügen.“

      Ich wollte schon aufstehen, aber Daniel griff nach meinem Arm, um mich aufzuhalten. „Nein, warte.“

      Ich fühlte seine warme Hand auf meiner Haut.

      Er biss sich auf die Lippen. „Um die Wahrheit zu sagen, ich mache das hier erst seit kurzem“, begann er. „Ich hatte schon ein paar Buchungen, aber da waren die Frauen viel älter und wir haben uns benommen wie in einem schlechten Film. Ich habe höfliche Fragen gestellt und wir haben über Kultur und Politik geredet.“ Er atmete tief durch. „Es waren einfach Jobs. Aber du bist nett und jung. Und hübsch.“ Er grinste schief. „Ich komme mir hier so blöd vor.“

      Ich lachte auf. „Du kommst dir blöd vor? Frag mich mal. Glaubst du nicht, ich versinke vor Verlegenheit fast im Boden? Ich meine, gibt es etwas Peinlicheres, als wenn man nicht in der Lage ist, einen Begleiter für ein Abendessen zu finden?“

      Er sah mich ungläubig an. „Warum sollte dir das peinlich sein? Das ist doch Blödsinn. Vermutlich machst du das doch nur, um dir irgendwelche aufdringlichen Chefs vom Hals zu halten.“

      Das war eine überaus schmeichelhafte Interpretation für mein Verhalten und ich entspannte mich wieder etwas. Vielleicht war das Ganze ja doch nicht so eine Schnapsidee. „Na ja, irgendwie schon“, sagte ich und hatte nicht mal das Gefühl, so richtig zu lügen.

      Auf einmal plätscherte das Gespräch wie von selbst vor sich hin. Daniel fragte nach meinem Job und erkundigte sich nach dem Essen am Freitag. Ich erzählte von meiner Firma und vor allem von Maik und Tobias. Er hörte sich mein ganzes Gejammer mitfühlend an. Als ich zu der Stelle mit dem Aprilscherz kam, musste er sich sichtlich das Grinsen verbeißen. Ich verdrehte die Augen und konnte mit ihm zusammen über die ganze Angelegenheit lachen.

      Als die Kellnerin kam, um die Bestellung aufzunehmen, hatte ich schon fast vergessen, dass ich das Treffen eben noch hatte beenden wollen. Wir bestellten Pizza und Rotwein und ich redete einfach weiter. Ich erzählte ihm von dem Großprojekt und wie gerne ich so eine Anlage von A bis Z entwerfen würde. Er stellte eine Menge kluger Fragen zum Thema Architektur und ich hatte das Gefühl, er würde sich wirklich für meinen Beruf und meine Visionen interessieren.

      Nach einer Viertelstunde zog Daniel einen Stift aus seinem Jackett und wühlte in seinen Taschen nach einem Stück Papier.

      „Ich denke, es kann nicht schaden, wenn ich mir ein paar Notizen mache. Wenn ich dich richtig verstanden habe, willst du deine Kollegen ja davon überzeugen, dass wir eine richtige Beziehung haben.“ Er notierte ein paar Sätze. „Wann haben wir uns denn kennengelernt?“

      Ich war ihm dankbar, dass er die ganze Angelegenheit so ernst nahm. Selbstverständlich hatte ich mir über eine mögliche Kennenlern-Geschichte schon Gedanken gemacht. Ich erklärte ihm, dass wir uns bei der Silvesterparty meiner besten Freundin kennengelernt hätten und nach ein paar Dates zusammengekommen wären.

      Wir hatten mittlerweile unsere Teller leergegessen und auch die Flasche Wein war fast leer. Daniel