Aladdin und die Wunderlampe - Tausend und einer Nacht nacherzählt von Ludwig Fulda. Ludwig Fulda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ludwig Fulda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742762818
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Ihn eines Morgens weit und weiter,

       Aufwärts und abwärts, krumm und grad.

       Bald war kein menschlich Wesen rings

       Und auch kein Haus mehr zu entdecken;

       Doch unaufhaltsam weiter ging's.

       Schon türmte hinter öden Strecken

       Sich des Gebirges steile Mauer;

       Das Tal, von Felsen eingezwängt,

       Ward allgemach zur Schlucht verengt,

       Und endlich, von des Marsches Dauer

       Erschöpft, hätt' Aladdin sich gerne

       Zur Rückkehr wieder umgewandt;

       Sein Oheim aber sprach: "Halt' stand!

       Ist unser Ziel doch nicht mehr ferne.

       Noch ein paar Schritte durch das Tal—

       Was ich sodann dir zeigen werde,

       Das wirst auf der gesamten Erde

       Du nicht erspähn zum zweitenmal."

       So setzten ihren Weg sie fort

       Und kamen bis zu einem Ort,

       Den riesenhafte Felsenwälle

       Allseitig schienen zu verrammeln.

       Der Oheim rief: "Wir sind zur Stelle!"

       Er hieß ihn trocknes Reisig sammeln,

       Schlug Feuer, das bald lustig sprühte,

       Warf Räucherwerk aus einer Düte

       Hinein und murmelte dann leise,

       Sobald sich Qualm und Schwefelduft

       Verbreiteten in dichtem Kreise,

       Seltsame Formeln in die Luft.

       Da gab's ein Krachen und ein Beben,

       Als stürzten Erd' und Himmel ein;

       zutage trat ein Quaderstein

       Und in der Mitte dran, zum Heben,

       Ein Ring aus Eisen. Aladdin,

       Von Angst geschüttelt, wollte fliehn;

       Der Oheim aber hieb sogleich

       Ihm einen solchen Backenstreich,

       Daß ihm der Kopf geriet ins Wackeln,

       Und sprach: "Mein Sohn, ich bin dir jetzt

       Als zweiter Vater vorgesetzt;

       Kein Sträuben duld' ich und kein Fackeln.

       Gehorch' mir, und du wirst erproben,

       Wie sehr dir's frommt. An diesem Platz

       Liegt ein für dich bestimmter Schatz,

       Der, wenn du glücklich ihn gehoben,

       Dich reicher macht als alle Reichen

       Der ganzen Welt. Den Quaderstein

       Darf niemand außer dir allein

       Berühren; dir nur wird er weichen."

       Aladdins Oheim murmelt eine Zauberformel

       Und richtig, als nach bangem Säumen

       Der Bursch am Eisenringe zog,

       Konnt' er den Stein beiseite räumen,

       Obwohl er hundert Zentner wog,

       Und er gewahrte drunter Stufen

       Nebst einer Tür. "In diesen Schacht

       zu steigen bist nur du berufen,"

       Begann der Oheim; "drum gib acht

       Auf alles, was ich nun dafür

       Zu deinem Schutz dir anempfehle.

       Geöffnet findest du die Tür;

       Sie führt in drei gewölbte Säle.

       In jedem stehn vier große Becken

       Voll Gold und Silber; doch laß ab,

       Die Hand nach ihnen auszustrecken.

       Schürz' auch dein Kleid und gürt' es knapp;

       Denn streift es irgendwo die Wände,

       So mußt du deinen Tod erwarten.

       An jenes dritten Saales Ende

       Wird auftun sich vor dir ein Garten,

       Bepflanzt mit Bäumen mannigfalt,

       Ein jeder voll mit Frucht behangen.

       Geh' nur gradaus, dann wirst du bald

       Zu einer Treppe hingelangen;

       Ersteige sie getrost: sie mündet

       Auf eine stattliche Terrasse;

       In einer Nische angezündet

       Steht eine Lampe dort. Die fasse,

       Verlösch' sie, gieß' die Flüssigkeit

       Mitsamt dem Docht heraus, verhülle

       Sie sorgsam unter deinem Kleid

       Und bring' sie mir. Wenn dich die Fülle

       Des Gartens etwa lockt, so pflück'

       Auf deinem Weg hierher zurück

       Dir von den Früchten nach Belieben.

       Und nun, zu deinem eignen Glück

       Befolg', was ich dir vorgeschrieben."

       Er steckte noch für jeden Fall

       Ihm einen Ring an seinen Finger;

       Der werde sich als Hilfebringer

       Bewähren stets und überall.

       So stieg denn Aladdin hinunter;

       Die Säle fand er laut Bericht,

       Berührte deren Wände nicht,

       Kam in den Garten, eilte munter

       Hinan die Treppen zur Terrasse,

       14Sah Nisch' und Lampe dort, verfuhr

       Streng nach Geheiß, damit er nur

       Vom Auftrag keinen Punkt verpasse,

       Und kehrte, nun er unterm Kleide

       Die Lampe sicher hielt verwahrt,

       Zum Garten um. O Augenweide!

       Denn Früchte von verschiedner Art

       Trug leuchtend jeder Baum zur Schau,

       Teils hell, teils dunkel, weiß und blau,

       Rot, gelblich, violett und grün,

       Und allesamt in buntem Scheine

       Durchsichtig wie von innrem Glühn.

       Es waren lauter Edelsteine.

       Da flammten, funkelten und brannten

       Türkise, Perlen, Diamanten,

       Smaragd, Rubin, Saphir, Topas

       Von gänzlich beispiellosem Werte.

       Doch Aladdin, der unbelehrte,

       Hielt sie für nur gefärbtes Glas.

       Er hätte lieber von den Zweigen

       Sich süße Trauben oder Feigen

       Gepflückt; als Spielzeug aber war

       Der bunte Tand ganz annehmbar.

       Drum nahm er sich von jeder Sorte,

       So viel er in die Taschen zwang,

       Schritt die drei Säle sacht entlang

       Und kam zurück zur Eingangspforte.

       Den Oheim, der mit allen Zeichen

       Der Ungeduld hier Wache stand,

       Bat er, zur Hilf' ihm seine Hand

       Beim Ausstieg aus dem Schacht zu reichen.

       Der