Homo sapiens movere ~ geschehen. R. R. Alval. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: R. R. Alval
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847612414
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Älteste – Achtung festhalten – 49! Dabei sah er aus wie Mitte 20. Von jedem war ich herzlichst umarmt und beinah erdrückt worden. Sie lebten alle hier.

      Unter einem Dach.

      Ich wäre längst durchgedreht.

      Still nahm ich die Erklärungen in mich auf. Ich war viel zu viel von allem, um irgendwelche Fragen zu stellen. Sprachlos. Entsetzt. Enttäuscht. Verwirrt. Und… ja, auch ein bisschen wütend. Erst nach einer heißen Dusche und in frischen Klamotten war mein Gehirn wieder in der Lage Fragen aufzuwerfen. Dutzende. Allen voran, warum sie nie zuvor Kontakt mit mir aufgenommen hatten. Meine Eltern hätten sicher nichts dagegen gehabt.

      „Unser Alpha hat es nicht gestattet.“ Alpha? Beta, Gamma, Delta? Ich erfuhr, dass ein Alpha der Anführer eines Rudels war. Derjenige, der das Sagen hatte. Rudel… meine Güte. Sie waren doch Menschen! Also, irgendwie jedenfalls. Oder zumindest meine Tante. Mein neuer Onkel klärte mich auf. Einigermaßen. Wahrscheinlich gerade so viel, dass ich es verstand. Ich schnappte nach Luft als ich sein Alter erfuhr. Er lachte kehlig. Meine Tante schmunzelte. Auch sie war älter als sie aussah. Und dank der Rudelmagie würde sie weiterhin nur langsam altern. Somit war sie in der Lage länger zu leben als jeder andere Mensch.

      Sobald ich einigermaßen zur Ruhe käme, würde ich sicher neidisch sein. Im Moment war ich zu aufgewühlt. „Wo ist Roy?“

      „Mit den Jungs das Motorrad holen.“ Den Jungs. Also… Werwölfen. „Die uns vorhin verfolgt haben, gehören zu eurem Rudel?“ Eric bejahte. „Unser Alpha hat den Angriff nicht untersagt. Aber keine Sorge, ihr seid sicher. Ihr gehört zur Familie.“

      Ich beschloss vorerst nicht zu erwähnen, dass Roy und ich uns kaum kannten. Glücklich machte mich die Aussage bei Weitem nicht. Wie konnte eine Respektperson nur solche Gewalt zulassen? Oder gar anordnen? Dumme Frage. Machten wir Menschen nicht dasselbe? „Und die zwei vorhin im Wald? Waren das wirklich Vampire?“

      „Sie waren etwas mehr als das. Es wundert mich, dass sie überhaupt unterwegs waren.“ Wunderte mich auch. Eric schien meine Gedanken zu erraten. „Nicht, weil es noch hell war. Sondern weil sie sich eher selten unters Volk mischen und dabei gesehen werden.“

      Also… äh… zu meiner Beruhigung trug das nicht bei.

      „Wisst ihr, was da draußen vor sich geht?“ Bang wartete ich auf die Antwort. Thea sprach zuerst. „Krieg, meine Liebe. Revolution. Nenn es, wie du willst. Eine vollkommene Umwälzung. Dank des menschlichen Militärs und dessen radikalem Vorgehen haben sich die Andersweltler entschlossen aus der Deckung zu kommen. Mit einem riesigen Knall.“ Jepp. So konnte man es auch bezeichnen. „Warum jetzt? Warum mit Gewalt? Die meisten, die getötet werden sind Unschuldige.“ Eric antwortete, dass dies der Preis der Freiheit sei. „Wir haben lang genug im Verborgenen gelebt. Du weißt, wie das Militär reagiert. Wie die meisten Menschen reagieren. Sieh dir nur den Mist mit den movere an. Die löschen ganze Familien aus. Schlimmer noch, Leute die denen im Weg sind. Wir haben genug Selbstvertrauen, um uns zu wehren. Die movere hingegen kaum. Die meisten von ihnen haben Angst zu Mördern zu werden. Wir nicht. Allerdings ist es bedenklich, wie viele von uns und den Vampiren die absolute Macht wollen. Die Menschen können sich auf eine radikale Änderung ihres Lebens gefasst machen.“

      „Das Militär hat keine Chance, oder?

      „Nein. Dafür sind wir zu viele. Es sind nicht nur wir Werwesen und die Vampire, die sich outen, Chantalle.“ Ich schluckte. Mein Gesicht verriet meine Panik. „Ich muss meinen Bruder finden. Mom, Paps, meine Schwester. Wir haben einen Treffpunkt.“ Eric und Thea sahen sich an. „Das Sommerhaus?“ Wow, die waren wirklich gut informiert. „Lang wird der Umbruch nicht dauern. Eine Woche; maximal. Dann könnt ihr aufbrechen. Im Moment jedoch seid ihr bei uns am sichersten.“ Theas Worte klangen sanft. Deren Inhalt jedoch alles andere als das.

      Umbruch? Ich schluckte unsicher. Was da draußen passierte, war eine Katastrophe!

      Noch nie hatte ich so viel Gewalt erlebt. So viele Tote gesehen.

      Im Grunde war ich nie nah am Wasser gebaut. Doch jetzt brachen der Kummer, die Angst und die Ungewissheit mit einem wahren Sturzbach an Tränen aus mir heraus.

      Eric ließ uns allein.

      Thea zog mich in ihre Arme, rieb mir sacht mit den Händen über den Rücken und ließ mich weinen. Nach einigen Minuten verebbten meine Tränen. Zurück blieben ein paar verhaltene Schluchzer. „Komm. Du bist sicher hungrig. Roy kann später mit den Jungs essen.“ Ich nickte, auch wenn mir kein bisschen nach Essen war. Allerdings war mein knurrender Magen anderer Meinung. Umso überraschter war ich über die Torte, die Kerzen, die Blumen und ein kleines Geschenkpaket. Mit offenem Mund blieb ich an der Küchentür stehen. „Happy Birthday, Chantalle.“ Sie hatten es gewusst! Hatten gehofft mich zu finden; in Sicherheit zu bringen. Erneut wollten meine Tränendrüsen ihre Arbeit aufnehmen. Ich zwang sie zurück. „Danke. Ich weiß gar nicht, was ich sagen…“ Thea winkte ab. „Nicht nötig. Es ist dein Geburtstag, auch wenn draußen gerade alles irgendwie den Bach runtergeht. Oh…“, sie räusperte sich, „… Sag Eric bloß nicht, dass ich das gesagt habe.“ Ich nickte, ein kleines Lächeln auf dem Gesicht. „Komm. Ein Stück Torte? Du kannst auch gern was Herzhaftes bekommen. Ist ja eigentlich fast Abendbrotzeit.“

      „Ein Stück Torte klingt hervorragend.“ Thea nickte, schnitt die Torte an und legte uns beiden je ein Stück auf einen Teller. „Mom, ich nehm auch eins.“, vernahm ich die Stimme der Jüngsten. „Oh, ich auch.“, folgte sofort die meiner anderen Cousine. Leise lachend schnitt Thea auch denen je ein Stück ab, legte sie auf Teller und stellte diese auf den Tisch. „Will irgendjemand Kaffee?“ Ein dreistimmiges Ja hallte durch die Küche. Alsbald standen vier dampfende Tassen auf dem Tisch. Das Geklapper der Kuchengabeln wurde von kurzweiligem Plaudern übertönt. Ich fühlte mich behaglich. Fast wie… nun ja, zu hause. Trotz der alles andere als glücklichen Umstände, die mich hierher geführt hatten.

      Natürlich machte ich mir Sorgen um meine Familie. Doch so nett, wie ich hier aufgenommen wurde, konnte ich das für ein paar Augenblicke vergessen. Oder zumindest in den Hintergrund drängen.

      Plötzlich drehten die jungen Frauen alarmiert den Kopf zur Seite und sprangen auf. Ich sah Thea an, die wohl ebenso wenig hörte wie ich. Allerdings wesentlich schneller reagierte. Bei ihrem Ton zuckte sogar ich zusammen. „Audrey Teresa Lucia Weißhaupt, du bleibst hier!“

      „Moooom!“

      „Nichts da. Du bist noch keine 18. Punkt und aus. Und du…“, Thea wandt sich ihrer anderen Tochter zu, „…sei vorsichtig!“

      Schmollend und mit rollenden Augen plumpste Audrey wieder auf ihren Stuhl. Marlene, die ältere meiner Großcousinen, raste aus der Küche. „Papa kommt doch auch mit.“ Thea presste fest die Lippen zusammen. „Dein Vater, die Jungs und deine große Schwester sind erfahrener als du. Ich weiß, das hörst du nicht gern. Aber wie wirst du dich fühlen, wenn einer von ihnen verletzt wird, weil sie dich schützen?“ Ich sah, wie der Teenager die Hände zu Fäusten ballte. Allerdings nickte sie. Offensichtlich gefiel ihr diese Vorstellung noch weniger. „Was ist da draußen los?“ Nach wie vor hörte ich nichts. Thea seufzte, Audrey antwortete. „Ärger.“ Sie schien immer noch wütend zu sein. Immerhin war sie zur Tatenlosigkeit verdonnert. „Ich bin froh, dass du hier bist.“, sagte ich deshalb diplomatisch. „Du bist quasi unsere letzte Verteidigungslinie. Deine Mutter und ich könnten natürlich auch mit Pfannen und Tiegeln um uns schlagen. Aber ich bezweifle, dass das ernsthaften Schaden anrichtet.“ Audrey lachte leise. „Sähe bestimmt lustig aus.“ Theas Lippen zuckten verräterisch. „Na gut. Du kannst vor die Tür gehen, wenn dir das lieber ist. Aber bleib bitte in der Nähe.“ Audrey nickte. Wie ein Blitz eilte sie hinaus. Thea atmete geräuschvoll aus. Ihr Gesicht voller Sorgen. „Es ist schwer, anders zu sein. Meistens stört es mich nicht. In solchen Situationen jedoch…“ Sie schluckte.

      Trotz der fühlbaren Anspannung ließ ich mir die Torte schmecken. Ich war hungrig. Außerdem war mein Geburtstag!

      „Welche Art Ärger meinst du, ist da draußen?“ Thea zuckte mit den Achseln und schob sich ein Stück Torte