2) Viele der Jungen stehen klassischen staatlichen Strukturen reserviert gegenüber, nehmen Sicherheitsversprechen im Zeitalter der Globalisierung nicht mehr für bare Münze. Sie setzen stärker auf Eigeninitiative und Unternehmertum denn auf klassische Karrierewege. Wenn die Sozialstandards langfristig nicht zu halten sind – so die Devise –, dann will ich wenigstens Freiheit haben.
3) Arbeit wird zunehmend mobil und flexibel, wir verbringen nicht mehr den Großteil unseres Lebens in Büros. Dieser veränderte Arbeitsalltag ergibt sich vor allem durch technologische Neuerungen, und durch sie kristallisieren sich auch alternative Berufsfelder heraus. Weil Wissen, Fähigkeiten und Geschäftsmodelle immer schneller veralten, müssen wir uns permanent neu erfinden. Die Floskel des lebenslangen Lernens ist für uns harte Realität.
4) Wir haben das Gefühl, auf uns selbst gestellt zu sein. In der Folge wird Individualität als Lebensziel für viele immer wichtiger. Andere fühlen sich von der Entwicklung aber auch abgehängt und überfordert.
5) In diesem Wandel steckt eine enorme Chance. Denn durch die kommunikativen Möglichkeiten des Internets finden wir nicht nur viele Gleichgesinnte, mit denen gemeinsam wir Neues lernen können. Die Technologie dient zugleich als großes Bildungslaboratorium. Die Vermittlung von Wissen wird zunehmend kostenlos, global, individuell und zugleich sozial organisiert.
6) Gleichzeitig verschafft uns dieser kommunikative Anschluss an die Welt erstmals die Möglichkeit, unsere Leidenschaften zum Beruf zu machen, Geld mit dem zu verdienen, was uns begeistert. Im Internet finden wir Kunden, Gleichgesinnte und also Geschäftsmodelle – allerdings auch den größtmöglichen Wettbewerb. Wir müssen also nicht nur unser Leben stärker in die Hand nehmen, wir können es erstmals auch.
7) Es reicht nicht mehr, Dinge einmal zu lernen und dann im Job zu funktionieren. Wir müssen uns vielmehr als Marke inszenieren, müssen Personal Branding betreiben, um im weltweiten Wettbewerb um Arbeitskräfte mitzuhalten. Auch hierbei helfen die Link-Ökonomie des Internets und die Rückbesinnung auf unsere Stärken und Leidenschaften.
8) Glücksforscher sagen, dass wir mit dieser selbstbestimmten, abwechslungsreichen und doch fordernden Art, unsere Arbeit und unser Leben zu gestalten, alle Voraussetzungen erfüllen, um glücklich zu sein.
9) Personal Branding sowie die zunehmend mobilere und flexiblere Natur von Arbeit erlauben uns, die Orte auszusuchen, an denen wir zufrieden und produktiv sind. Leben und Arbeit sind nicht mehr an einen Arbeitgeber und einen Wohnort gebunden. Wir werden global mobil. Auch das kann uns glücklicher machen.
10) Weil wir zunehmend selbst bestimmen, wie, wo und mit wem wir unser Geld verdienen, stellt sich die Sinnfrage verstärkt. Der Trend, ökonomisches und soziales Engagement zu verbinden, nimmt zu. Wir wollen Gutes tun, glücklich sein und Geld verdienen. In der alten, patriarchalischen, hierarchischen und unflexiblen Arbeitswelt schloss sich das in der Regel aus. In der Meconomy ist es geradezu Voraussetzung für den Erfolg.
All das wirft viele neue Fragen auf, mit denen sich dieses Buch beschäftigen soll. Im ersten Teil, „Was ist heute anders?“, werden die veränderten Rahmenbedingungen der Meconomy zusammengefasst. Ob und wie dieser Wandel uns zu zufriedeneren Menschen machen kann, wird im zweiten Abschnitt diskutiert: „Was macht mich glücklich?“ Im dritten Kapitel erfahren wir unter dem Titel „Was kann ich können?“, was wir wissen müssen, um in der Meconomy Erfolg zu haben, und wie wir dieses Wissen erwerben. „Wie werde ich arbeiten?“, fragt der vierte Abschnitt. Anhand vieler Beispiele und Studien wird hier erklärt, warum wir heute unsere Leidenschaften zum Beruf machen können und müssen. Dass uns diese Jobs, aber auch eine gesunde Portion Fernweh in die Ferne tragen können, sehen wir im fünften Kapitel, „Wo will ich leben?“, in dem es um unsere neue globale Mobilität geht. Am Ende soll es im sechsten Teil um die Frage gehen, weshalb die Meconomy keine rein egoistische Lebensanschauung mit sich bringt, sondern im Gegenteil eine neue Kultur der Empathie und des sozialen Engagements befördert. Gleichzeitig wird gefragt, welche Rolle der Staat mit seinen Institutionen dabei spielen kann und welche politischen Reformen jetzt nötig sind: „Von der Me- zur Weconomy“.
„Meconomy“ ist dabei ein unbedingter Aufruf zur Tätigkeit. Ein optimistischer Gegenentwurf zu Weltuntergangsszenarien, Krisendepression und Passivitätslehren von „Durchtauchen“, Aushalten und Abwarten. Es ist ein Lebensbaukasten – die Aufforderung, seine Existenz nicht zu erleiden, sondern aktiv zu formen. Es wendet sich an den Einzelnen, der seine Karriere stärker selbst in die Hand nehmen möchte. Aber auch an den Arbeitgeber, der verstehen möchte, welcher Wandel in den Bedürfnissen hochqualifizierter Arbeitskräfte auf sein Unternehmen zukommt. Mit vielen Beispielen aus der Praxis und verständlicher theoretischer Unterfütterung fasst es den aktuellen Diskussionsstand internationaler Wissenschaftler, Unternehmer und Praktiker zusammen. Wir leben in unübersichtlichen Zeiten. Ich möchte nicht darüber klagen, sondern erklären, warum es nicht anders sein kann. Was wir daraus lernen. Und wie wir die neuen Entwicklungen nutzen können, um für uns und unsere Kinder ein besseres Leben zu bauen.
Was ist heute anders?
„This is the modern world that I’ve learnt about
This is the modern world, we don’t need no one
To tell us what is right or wrong -
Say what you like cause I don’t care
I know where I am and going too
It’s somewhere I won’t preview.“
The Jam:‚(This is) The Modern World‘
Das Ende des Büros und seine Folgen
Wie wollen wir eigentlich leben? Diese Frage treibt nicht nur Berufseinsteiger um, sondern auch jene ältere Generation, die immer viel gearbeitet und spätestens in der Krise nun gemerkt hat, dass ein größtenteils im Büro verbrachtes Leben vielleicht nicht unbedingt das erfüllteste ist. „Es ist seit den 70er-Jahren etwas aus der Mode gekommen, Zeit zu haben“, schreibt Claudia Voigt im Kulturspiegel. „Wer Zeit hatte, war entweder alt oder hatte schon in jungen Jahren verloren.“ Wir haben zu Unrecht und zu lange das Glück am Arbeitsplatz gesucht, haben elf oder zwölf Stunden am Tag in Büros verbracht und uns dabei aufgerieben. „In dieser Hinsicht hat die aktuelle Wirtschaftskrise etwas Gutes“, findet die Spiegel-Autorin. „Sie ist so tiefgreifend und systemerschütternd, dass plötzlich Raum entsteht für Fragen: Wie haben wir eigentlich gelebt? Was war uns wichtig, was waren unsere Werte? Soll das so weitergehen? Und: Wie wollen wir eigentlich leben?“
Sie plädiert für ultraflexible und vor allem kürzere Arbeitszeiten, weil man auch in nur 30 Wochenstunden kluge Ideen entwickeln kann. Dafür, wirklich nur zum Arbeiten ins Büro zu kommen, statt dort Kaffee zu trinken, private E-Mails zu lesen oder sich Musik aus dem Netz zu laden. Schimpft gegen die Pflicht zu Daueranwesenheit und Überstunden in Führungspositionen. Sie findet es gut, Geld gegen Zeit zu tauschen und sich diese frei einteilen zu können. Ein wichtiger Artikel, weil er einen Zusammenhang zwischen neuer Arbeitswirklichkeit, Wirtschaftskrise und Sinnfrage nennt, den ich auch so sehe: „Wie wollen wir leben? Viel Arbeit, wenig Zeit: Lange galt das als einziger Weg zu einer erfolgreichen Existenz. Doch die Krise wird das ändern – zum Glück.“ Und weil er eine Frage stellt, die ich in diesem Buch zu beantworten versuche: „Was fangen nun jene Menschen an, die heute schon nicht mehr rund um die Uhr an ihrem Arbeitsplatz sind?“
Willkommen in der Meconomy
Plötzlich schienen die Cover der unterschiedlichsten Zeitschriften voll von Themen wie den Fragen nach Sinn und Selbstverbesserung angesichts der Wirtschaftskrise zu sein. Auf dem Wissensmagazin der Süddeutschen Zeitung prangte als Zeile: „Das gute Leben – Alternativen zum Leistungswahn.“ Der Focus titelte „Glück, selbst gemacht“, und behauptete: „Die Deutschen entdecken den Spaß, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.“ Die Junge