(5) Mehrdeutige Arbeitsanweisungen des Arztes / der Ärzte: ein schneller Zuruf im Vorbeigehen :"Kümmern Sie sich mal um...!" ohne weitere Spezifikation oder Vorgaben "nach Tagesform" machen es vielen Mitarbeiterinnen schwer, ihre Aufgaben adäquat zu erledigen.
(6) Zu geringe Personalkapazität: der Personalbestand ist nicht auf das Patienten- und Arbeitsaufkommen abgestimmt oder wird zeitlich falsch eingesetzt ( z. B. Halbtags-Kräfte im Schichtbetrieb).
(7) Fehlende Organisation der Arbeitsmittel: die Aufbewahrung / Lagerung von Büro- und Verbrauchsmaterialien erfolgt an mehreren, z. T. wechselnden Orten, Geräte / Unterlagen werden nach Gebrauch nicht wieder an ihren Ursprungsort zurückgebracht und müssen gesucht werden, also Unordnung.
(8) Flüchtigkeitsfehler: das Personal ist unaufmerksam, Termine werden vergessen, Arbeiten nur oberflächlich erledigt.
(9) Handlungs-Prioritäten fehlen: es gibt keine Abstimmung darüber, welche Anfragen oder Arbeiten Vorrang haben und / oder die Prioritäten des Praxisinhabers wechseln ständig.
(10) Geringe Delegation: Praxisinhaber erledigen fast alle Arbeiten selbst, geben keine Tätigkeiten ab und geraten dadurch in eine tägliche Überlastungs-Situation.
Tipp 1: Beachten Sie den Magnet-Effekt der Praxisorganisation
"Problem erkannt, Gefahr gebannt!" Viele Praxisinhaber folgen am Ende von Praxisanalysen dieser Regel und begnügen sich zunächst mit dem Wissen um die ermittelten Defizite, die sie dann zu einem späteren Zeitpunkt beseitigen wollen. Doch der Praxisalltag macht dieses Vorhaben - Sie werden diese Erfahrung auch schon gemacht haben - häufig zunichte. Besonders die mangelnde Beseitigung organisatorischer Probleme kann gravierende, ja existenzielle Folgen für die Praxisarbeit haben: ohne eine Korrektur verschlechterte sich die Zufriedenheitsbewertung der Patienten besonders stark in Bezug auf die Abläufe, aber auch - bei unveränderter Praxisführung - in den anderen Leistungsdimensionen. Wo anfänglich nur Unmut über zu lange Wartezeiten, die Terminvergabe oder die Wartezeit am Telefon herrschte, schlägt dieser bei fortgesetzter Miss-Organisation in offenen Ärger um. Das Fatale ist hierbei: die Unzufriedenheit mit der Praxisorganisation "infiziert" auch die anderen Bereiche der Praxisarbeit, der Magnet-Effekt der Praxisorganisation greift. Der Begriff bezeichnet eine Konstellation, bei der die Zufrieden- bzw. Unzufriedenheit mit diesem Praxis-Leistungsmerkmal die Beurteilung anderer Merkmale direkt beeinflusst. Dieser Effekt ist in seiner Wirkung so stark, dass ihm durch Veränderungen in anderen Leistungsbereichen kaum entgegengewirkt werden kann. Ihre Organisation wirkt als Zufriedenheits-Magnet, da sie alle Bereiche der Praxisarbeit beeinflusst, selbst Ihre Arbeit kann - isoliert betrachtet - fachlich so gut sein wie sie will, bei Negativ-Veränderungen in der Organisation gerät auch ihre Bewertung in einen Abwärts-Sog, da sie nicht von Organisationsabläufen trennbar ist (Länge der zur Verfügung stehenden Konsultationszeit je Patient, Ruhe bzw. Hektik des Arztes etc.).
Und so funktioniert dieser Effekt: auf Dauer ungelöste Organisationsprobleme initiieren eine Negativ-Entwicklung: die Patientenzufriedenheit sinkt, zuerst mit den organisatorischen Parametern, dann mit deren Folgen, so dass eine immer größere Unzufriedenheit mit der Praxis-Gesamtleistung entsteht. Diese beeinflusst die Weiterempfehlungsbereitschaft der Patienten und das Praxisimage negativ, Stammpatienten wechseln sukzessive zu anderen Ärzten, Neupatienten können nicht im notwendigen Umfang hinzu gewonnen werden. Die Motivation des Personals wird ebenfalls durch die für sie spürbare kritische Haltung der Patienten negativ beeinflusst und zuletzt sinkt - als Konsequenz aus den geschilderten Entwicklungen - auch der wirtschaftliche Erfolg der Praxis.
Doch es gibt auch eine gute Nachricht: das Magnet-Phänomen ist reversibel, d. h. eine Beseitigung der organisatorischen Mängel hat auch einen positiven Magnet-Effekt zur Folge: werden Struktur- und Prozessprobleme beseitigt, steigt die Patientenzufriedenheit sofort an.
Fazit: Der Praxisorganisation kommt eine Schlüsselfunktion innerhalb des Praxismanagements in Bezug auf den Praxiserfolg zu. Arztpraxen mit organisatorischen Problemen sollten diese umgehend beseitigen, um einer Aktivierung des Magneteffektes mit seinen praxisschädlichen Folgen entgegenzuwirken. Wenn Sie eine möglichst hohe Organisationsqualität als Praxisziel anstreben, nutzen Sie die positive Richtung der Magnetwirkung und optimieren Sie damit gleichzeitig die patientenbindende und -gewinnende Wirkung aller Leistungskomponenten des Praxismanagements.
Tipp 2: Organisationsqualität beginnt im Kleinen
Die wichtigste Regel für Ihre Organisationsoptimierungen lautet: eine „große Lösung“ für Organisationsprobleme existiert nicht! Anders als bei der Patienten häufig gegebenen Empfehlung, ihre Lebensweise in kleinen Schritten umzustellen und keinen radikalen Kurswechsel zu vollziehen, möchten Praxisinhaber, die mit ihrer Organisation unzufrieden sind, möglichst umgehend eine „große“ Lösung umsetzen, um auf diese Weise mit einem Schlag alle Probleme zu lösen. Doch die gibt es nicht, denn die Organisation umfasst eine Vielzahl von Stellgrößen, die jede für sich und in ihrem Zusammenwirken optimiert werden müssen. So besteht eine Organisationsverbesserung zunächst aus einem Blick auf das generelle Prinzip, gefolgt von Detailanalysen, deren Ergebnisse dann zusammengeführt werden („bottom-up“).
Hierzu ein Beispiel und ein Tipp: oftmals verbergen sich Möglichkeiten der Ablauf- und Arbeitsveränderung in Vorgängen, die Praxisteams gar nicht beachten. Nehmen wir die bei telefonischen Terminvereinbarungen von Medizinischen Fachangestellten häufig gestellte Frage: „Wann können / möchten Sie kommen?“. Im Sinne der Patientenorientierung ist das zunächst ein freundlicher Ansatz, aus organisatorischer Sicht ein gravierender Fehler. Zum einen wird mit der Frageform Zeit verschwendet, wenn man sie mit der Alternativ-Formulierung: „Ich kann Ihnen folgende Termine anbieten…“ vergleicht. Telefonate mit derartigen Terminangeboten sind im Mittel 39 Sekunden kürzer, auf 100 Telefonate ergibt sich eine Stunde Zeitersparnis. Bei gleicher Freundlichkeit des Angebots - Patienten empfinden zwischen den Formulierungen diesbezüglich keinen Unterschied - werden die Terminbelegung und damit die Arbeitszeitauslastung der Praxis optimiert. Hinzu kommt, dass die Patienten die Angebotsvariante als deutlich professioneller empfinden.
Tipp 3: Die Arbeitsanalyse: Organisations-Optimierung ist einfach
Nicht nur zu Verbesserung der Praxisorganisation, sondern auch im Hinblick auf Ihre persönliche Arbeitsqualität ist es empfehlenswert, einmal jährlich eine Arbeitsanalyse durchzuführen. Inhaber von Praxen, die überdurchschnittlich gut organisiert sind, befolgen streng diese Regel. Mit Hilfe einer solchen Untersuchung können Sie die Effizienz des Arbeitsflusses kontinuierlich kontrollieren und optimieren, denn erfahrungsgemäß schleichen sich immer wieder Verhaltensweisen und Regelungen ein, die den Arbeitsproduktivität hemmen, ohne dass es von den Beteiligten registriert wird. Hierfür wird bei kleineren Praxisbetrieben keine externe Hilfe benötigt, sondern man kann eine solche Untersuchung mit Hilfe eines einfachen „Bordmittels“ in Form eines Patienten-Laufzettels realisieren. Mit ihm dokumentieren Arzt / Ärzte und das ganzes Team alle Arbeiten für die Dauer einer Woche nach Art, Dauer und Verantwortlichen / Ausführenden. Die so entstehende Datenbasis ergibt ein Abbild der Arbeitsprozesse, die dann adaptiert und optimiert werden können. Durch die Zusammenführung aller Daten entsteht ein mehrdimensionales Abbild der Praxis-Arbeitsabläufe. Hieraus wird u.a. erkennbar,
- was in der Praxis geschieht, während ärztliche Patientengespräche geführt werden,
- in welchem Umfang und mit welchen Konsequenzen unangemeldete Patienten die Abläufe beeinflussen,
- wer welche Aufgaben mit welcher Arbeitsauslastung ausführt,
- ob die Arbeitsabläufe passgenau koordiniert sind und
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