3.
Van Goch. Rembrandt. Heuhaufen. Goldhelm. Neben mir Katja, die immer dorthin sieht, wo Gregor nicht steht. Sie ist klein und traurig und viel zu still. Frank und Gregor denken an den nächsten Joint. Fabian und Maike zicken sich an. McDonalds und Joint, Flaschenbier und Joint, Wachsfigurenkabinett und Joint. Und mit jeder Minute denke ich häufiger an den Leidseplein.
Ich weiß nicht, warum Maike und Katja nie Teil meiner Fantasie sind. Selten habe ich überhaupt ein konkretes Gesicht vor Augen, sondern blanke, alle Öffnungen penetrierende Geschlechtsteile in Großaufnahme.
In den Tagträumen in der Schule frage ich mich manchmal, ob ich mit den Mädchen aus meinem Jahrgang ficken würde. Es gibt ein Kriterium als Gradmesser für mein sexuelles Interesse an einem Mädchen: Würde ich sie zwischen den Beinen lecken? Im Deutschunterricht sehe ich die Gesichter, die Brüste unter Hemden, die Hintern, die Schenkel.
Von Judith, Maria, Melanie, Anne, Petra und Maike. Doch keine ist so perfekt, so sehr nach meinen Vorstellungen, so sauber wie meine Fantasie, dass ich auch nur in meinen Tagträumen die Zunge in ihre Möse bohren würde.
In einer Kneipe stocken Frank und Gregor ihren Vorrat an Schwarzem Afghanen auf. Sie lesen die in Plastik eingeschweißte Liste mit den angebotenen Drogen wie eine Speisekarte. Ich verschwinde auf die Toilette. Ein schummriges Loch. Bob Marley scheppert aus schlechten Lautsprechern.
An der Wand ein leerer Spender für Papiertücher, daneben ein Kondomautomat. Von drei Urinalen sind zwei mit aufgeschnittenen Müllbeuteln abgedeckt. Die Türen der beiden Toilettenkabinen haben die Kiffer der letzten Jahrzehnte mit obszönen Zeichnungen, Telefonnummern und blöden Sprüchen in allen Sprachen der Erde beschmiert. Es riecht nach Toilettenstein und kaltem Zigarettenrauch und ein bisschen nach Urin.
Rasch betrete ich die linke Kabine und schließe hinter mir ab. Meine Finger zittern, als ich den Gürtel öffne und die Hosen herunter lasse. Mit klopfendem Herzen lehne ich mich an die kalte Außenwand der Kabine und packe meinen steifen Schwanz. Der Stromschlag jagt hinauf in mein Hirn. Dann wichse ich mit langen, lustvollen Bewegungen.
Die Zeichnungen an der Trennwand variieren zwischen Abbildungen erigierter und gespreizter Geschlechtsteile, zeigen kopulierende Paare auf dem Niveau von schlechten Comics, darunter eine mit einem dicken Edding angefertigte Zeichnung einer Katze, die mit hocherhobenen Schwanz ihren After entblößt. In einer Ecke prangen völlig absurde Landschaftsszenen, die bestimmt nach der Einnahme bewusstseinserweiternder Drogen entstanden sind.
Plötzlich öffnet sich die Tür zu den Toiletten. Jemand tritt ein. Die Schritte werden lauter, verharren vor meiner Kabinentür. Ich atme ganz flach und knete lautlos meinen Harten. Jederzeit kann ich abspritzen. Die Vorstellung, dass beim Wichsen jemand neben mir steht, ist noch geiler. Wenige Sekunden nur steht die Person still, dann klappt die Tür der Kabine neben mir. Das Schloss wird gedreht. Eine Gürtelschnalle klingelt. Mein T-Shirt raschelt rhythmisch, ganz leise, meine Hand an meinem Schwanz erzeugt dieses feuchte, klatschende Geräusch, das nur beim Wichsen entsteht. Ich schließe die Augen.
»Hey, you«, zischt es plötzlich aus der Kabine neben mir. Eine Männerstimme. Mein Herz bleibt vor Schreck beinahe stehen. Ich räuspere mich. Mein Blick geht nach oben. Die Wände zwischen den Kabinen sind bis zur Decke gezogen. Niemand kann mich sehen. Dennoch stoppe ich die Manipulationen an meinem Schwanz.
»Yes?«, frage ich zurück. Ihm fehlt vermutlich Toilettenpapier. Zur Not kann er meines haben. Zwischen der Trennwand und den schmutzigen Fliesen ist genug Platz, um eine Rolle Papier von einer Kabine zur anderen zu wechseln.
»Ich hab dich reingehen sehen«, sagt der Mann auf Englisch. Augenblicklich werde ich wieder nervös. Mein Schwanz erschlafft, meine Knie werden in einem Fluchtreflex weich. Was soll ich sagen? Soll ich überhaupt antworten? Er scheint kein Klopapier zu wollen.
»Lust auf was Härteres?«
Die Katze ist aus dem Sack. Was will er mir verkaufen? Heroin, Kokain, LSD? Mein Schwanz hängt schlaff in meiner Hand. Blöde Sau. Hat mir den Höhepunkt verdorben.
»Nein, Danke«, sage ich und bücke mich nach vorne, um meine Hose hochzuziehen. Mein Blick bleibt an der Zeichnung der Katze auf der Trennwand hängen. An den schwarzen Linien, den groben Strichen, dem erhobenen Schwanz. Ich erstarre.
Ihr entblößter After ist nicht gemalt - er ist ausgesägt. Ich sehe durch ein Loch von der Größe eines Fünfmarkstücks in die andere Kabine und erschrecke. Mich blickt ein Auge an, blinzelt und verschwindet. Kurz sehe ich vor der gegenüberliegenden Wand ein nacktes Bein, und plötzlich schiebt sich ein erigierter Penis durch das Loch.
»Bedien dich«, sagt die Stimme. Mir ist von einer Sekunde auf die andere schwindelig, als habe ich einen Schlag gegen den Kopf bekommen. Ich weiche erschrocken zurück. Aus der weißen Wand ragt die Erektion wie ein rotbrauner Kleiderhaken. Die Eichel ist dick und rot und glänzt im schummrigen Licht. Der steife Schwanz wippt leicht auf und ab.
Unerwartet spüre ich den hohen Druck in meiner rechten Hand. Mein Schwanz ist so hart wie drei Minuten zuvor und schickt eindeutige Signale an meinen Hypothalamus. Lust überschwemmt meinen Körper. Mit der Hand an meinem Schwanz mache ich einen Schritt nach vorne. Meine Schuhe schleifen. Ich beuge mich nach vorne und gehe in die Knie. Meine Gelenke knacken.
Die Erektion mit der zurückgerollten Vorhaut pulst voller Erwartung vor meinen Augen, die Eichel geht schimmernd wie ein blank geputzter Schuh fast nahtlos in den harten Schaft über. Unter der bräunlichen Haut schwellen blaue Adern. »Fass ihn an«, sagt der Mann dumpf. Er muss meinen Atem gespürt haben. Anfassen? Ich? Einen fremden Schwanz?
»Los, mach schon.« Die Adern auf der Erektion erinnern mich an einen Witz, der am FKK-Strand spielt: Sie haben da eine Raupe auf dem Schwanz. – Nein, das ist eine Krampfader vom vielen Stehen.
Mit der rechten Hand massiere ich meine eigene, beinerne Erektion im steten Rhythmus.
Langsam, vor und zurück, reibt meine Hand über meinen Schaft, schiebt die Vorhaut leicht über die Eichel und wieder herunter. Wie fühlt sich fremde Haut an meinen Fingern an, und wie heißes Fleisch in meinem Mund, auf der Zunge, am Gaumen?
»Oder blas ihn, wenn du willst, aber mach irgendwas«, höre ich wieder den Mann. In seiner Stimme schwingt unverhohlene Lust, zitternd vor Erregung. Ich denke gar nicht daran. Ich bin schon so kurz vor den Höhepunkt. Die fremde Erektion sieht geil aus, die steife Stange, die prallen Eichel. Ich will keinen Schwanz im Mund. Die Vorstellung einer Möglichkeit allein ist schon erregend genug.
Plötzlich zieht sich der Mann hinter der Wand zurück. Das Loch gibt den Blick frei auf eine Faust, die den steifen Schwanz in der anderen Kabine packt und zwei, drei Mal massiert. Rasch bringe ich mein Auge dichter an die Öffnung.
Der Mann auf der anderen Seite kommt laut stöhnend in genau dieser Sekunde. Der erste Schuss bleibt an der Kante hängen, und ich zucke zurück. Die zweite Ladung zielt er durch das Loch. Sie trifft mich unter dem Auge.
Überrascht drehe ich den Kopf zur Seite und komme ebenfalls. Ich spritze quer über die schmutzigen Fliesen gegen die Toilettenschüssel. Meine Sinne schwinden. Benommen spüre ich kaum, wie mir warmes Sperma klebrig die Wange hinunter läuft.
Der Mann keucht, stöhnt und presst seinen Saft durch das Loch, das an dem weißen Kunststoff der Toilettenwand herunterläuft. Ich schließe die Augen. Mein Schwanz erschlafft, entgleitet meinem Griff. Mein Herz pumpt klebriges Blut durch meine Adern. Das metallische Klingeln einer Gürtelschnalle, ein Klicken des Kabinenschlosses, Schritte, die Toilettentür schlägt. Die Lähmung lässt nach, der Verstand setzt ein.
Angewidert wische ich mir mit Toilettenpapier das fremde Sperma aus dem Gesicht. Ich ziehe die Hose hoch und verlasse die Kabine. Gerade als ich mir über dem schmuddeligen, serviettengroßen Waschbecken Wasser ins Gesicht sprühe, betritt Gregor die Toilette.
»Geht