Juristische Grundkurse 1 - BGB Allgemeiner Teil. Hans-Peter Richter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans-Peter Richter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844256451
Скачать книгу
wäre es, auf § 903 abzustellen, da dieser lediglich beschreibt, welche Befugnisse jemand hat, bei dem man bereits festgestellt hat, dass er Eigentümer ist. Auch ein Umkehrschluss aus § 903 verbietet sich, da nicht jeder, der mit einer Sache nach Belieben verfahren kann, deshalb deren Eigentümer ist. Aus der Vielzahl der von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Definitionen des Eigentümers könnte man zusammenfassend diesen als denjenigen beschreiben, dem von der Rechtsordnung die rechtliche Herrschaftsmacht über eine Sache zugewiesen ist. Mit dieser Definition ist freilich in der Falllösung nicht viel gewonnen. Es lässt sich kaum aus einem „Papiersachverhalt“ entnehmen, ob die Rechtsordnung nun gerade dieser Person die rechtliche Herrschaftsmacht zugewiesen hat. Eingebürgert hat sich daher für die Lösung von derartigen Schulfällen, dass das Eigentum „historisch“ geprüft wird. Man schaut dazu an den Beginn des Sachverhaltes und stellt fest, wer (vermutlich) ursprünglich Eigentümer der jeweiligen Sache war. Dies ist in der Regel derjenige, der zum Zeitpunkt des Sachverhaltsbeginnes im Besitz der Sache war (Argument aus § 1006!). Man hat in diesem Zusammenhang lediglich zu schauen, ob der Sachverhalt gegenteilige Hinweise gibt. Sodann prüft man den weiteren Verbleib des Eigentums, indem man fragt, ob der ursprüngliche Eigentümer evtl. sein Eigentum verloren hat. So verfolgt man, wo das Eigentum schließlich „gelandet ist“. Damit weiß man dann auch, wer zum Zeitpunkt der Falllösung Eigentümer ist.

      Ein anderes Vorgehen hinsichtlich des Eigentums ist allerdings dann zulässig, wenn in einem Fall wie hier ausreichende Hinweise auf die Eigentumslage sich unmittelbar aus dem Sachverhalt ergeben. Dann kann man auf diese Darstellung im Sachverhalt zurückgreifen, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte gegeben sind.

      In jedem Falle zeigt sich, dass hier von dem oben aufgezeigten Subsumtionsschema abgewichen wird. Es fehlt praktisch völlig der Definitionsschritt!

      Vielfach wird auch folgende Def. verwandt: Eigentümer ist, wer das Eigentum an der Sache erworben und nicht wieder verloren hat. Allerdings bedarf es auch hier der Unterstellung, wer zu Beginn des Sachverhaltes das Eigentum inne hatte. Vorteil: das Schema der Subsumtion mit Definitionsschritt wird eingehalten.

      3. Schritt: Man könnte hier daher formulieren: Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass das Auto dem E gehört.

      4. Schritt: Mangels anderer Angaben kann daraus entnommen werden, dass offensichtlich dem E das Eigentum am Fahrzeug zustand und immer noch zusteht.

      5. Schritt: Damit ist E Eigentümer des Fahrzeugs.

      Da nun alle drei Tatbestandsmerkmale geprüft und bejaht wurden, sind die Tatbestandsvoraussetzungen sämtlich erfüllt und damit kommt es zu der in § 985 angegebenen Rechtsfolge. Dieses Ergebnis hat man dann als Schlusssatz festzuhalten. Man formuliert daher:

      Da alle Voraussetzungen des § 985 somit erfüllt sind, hat E gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des Autos aus § 985.

      Die vorstehend in fünf Schritten durchgeführte Arbeitsweise zur Falllösung bezeichnet man als Subsumtion.

      Traditionell wird die Subsumtion in nur vier Schritten vorgenommen: Schritt drei und vier werden dabei zusammengefasst. In der Sache besteht daher also kein Unterschied zu dem vorstehenden Verfahren. Der Vorteil des zusätzlichen Schrittes liegt darin, dass der häufige Fehler, statt zu subsumieren nur den Sachverhalt wiederzugeben, so vermieden wird.

      Abstrakt lässt sich die Subsumtion auch so darstellen:

      1. Schritt: Aufwerfen und Darlegung der zu bearbeitenden Frage (meist ein Tatbestandsmerkmal der Anspruchsgrundlage)

      2. Schritt: Definition des Merkmals

      3. Schritt: Feststellung des Sachverhaltes

      4. Schritt: Prüfung, ob Deckungsgleichheit zwischen Schritt 2 und 3 besteht (eigentliche Subsumtion).

      5. Schritt: Aufzeigen des Ergebnisses, worin die Antwort auf die Frage des 1. Schrittes liegen muss.

      Die ordentliche Subsumtion ist

      einer der Grundpfeiler juristischer Arbeit

      und muss unbedingt beherrscht werden

      Nun kann dieses starre Schema in sehr klaren Fällen nicht nur umständlich, so ndern teilweise sogar etwas absurd wirken. Dennoch: es wird zunächst bei den Falllösungen an diesem Grundschema festgehalten. Im Fortgang des Kurses sind dann freilich von diesem Schema an eindeutigen Stellen, die keiner weiteren Erörterung bedürfen, mehr und mehr Abstriche zu machen, aus sprachlichen Gründen Schritte zusammenfassen usw. Kaum jemals entfallen kann jedoch der eigentliche Subsumtionsschritt.

      Das Gutachten

      Sie haben oben in der Lösung gesehen, dass man zunächst eine Frage aufwarf, die es dann zu diskutieren galt und schließlich war ein Ergebnis zu formulieren. Diese Arbeitsweise, die von der Frage ausgehend schließlich den Schluss auf ein Ergebnis erbringt, bezeichnet man als Gutachten. Arbeiten im Universitätsstudium sind stets als Gutachten anzufertigen!

      Der Gegensatz zum Gutachten ist das Urteil. Dieses stellt das Ergebnis voran und begründet es anschließend - gedanklich quasi der umgekehrte Weg, verglichen mit dem Gutachten.

      Der Gedankengang, der für ein Gutachten erforderlich ist, bedingt auch einen dieser Gedankenführung angepassten Stil, den sog. Gutachtenstil. Dieser trägt dem schließenden, fortentwickelnden Charakter des Gedankengangs Rechnung und bringt dies mit typischen Worten zum Ausdruck wie: also, demnach, somit, deshalb, daher, folglich, mithin usw.

      Demgegenüber drücken denn, weil usw. begründenden Charakter aus und sind daher für den Urteilstil typisch. Grundsätzlich hat der Urteilstil in Universitätsarbeiten keinen Niederschlag zu finden. Ausnahmen gelten nur insoweit, als es sich um klare, eindeutige Feststellungen handelt, Probleme dürfen nie als Urteil verfasst werden. Insbesondere der Anfänger sollte sehr vorsichtig mit der Ansicht sein, es handele sich um eine klare eindeutige Feststellung. Es gilt: im Zweifel lieber kurz gutachtlich darstellen.

      Die Anforderungen, die an die äußere Form von Arbeiten zu stellen sind, können Sie im Anhang nachlesen. Weitere technische Hinweise zur Fallbearbeitung finden sich an relevanter Stelle in den einzelnen Falllösungen.

      Zur Übung lösen Sie, wie im Einführungsfall vorgeführt, nunmehr selbständig folgenden

      Übungsfall:

      K hat von V einen Kühlschrank gekauft. V hat das Gerät ausgeliefert. K will den Kühlschrank aber nicht bezahlen. Hat V Anspruch auf Bezahlung des Kühlschranks?

      Lösungsvorschlag

      V könnte gegen K einen Anspruch auf Bezahlung des Kühlschrankes aus § 433 Abs.2 haben.

      Dann müsste ein Kaufvertrag wirksam zustande gekommen sein.

      Das Merkmal Kaufvertrag findet sich so nicht in § 433 Abs.2, aber da die dort genannten „Käufer“und „Verkäufer“ die Beteiligten an einem Kaufvertrag beschreiben, kann man dies zusammen fassen und gleich den Kaufvertrag als Tatbestandsmerkmal prüfen!

      K hat den Kühlschrank von V „gekauft“. Eine solche Beschreibung im Sachverhalt lässt den Schluss zu, dass damit ein Verhalten gemeint ist, das rechtlich den Abschluss eines Kaufvertrages erfüllt. Folglich ist ein Kaufvertrag wirksam zustande gekommen. Also hat V einen Anspruch auf Bezahlung des Kühlschrankes aus § 433 Abs.2

      §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§

      Wiederholungsfragen

       zum 2. Kapitel

      8 Fragen

      (Um die Antwort zur jeweiligen Frage zu erhalten, blättern Sie eine Seite vor.)

      1. Frage:

      Womit beginnt jede Falllösung?

      Antwort:

      Aufsuchen der Anspruchsgrundlagen und Formulierung des Einleitungssatzes.

      2. Frage:

      Wie ist die Eingangsfrage abstrakt zu fassen?

      Antwort:

      Wer von wem was woraus.

      3.