Das magische Armband. Janine Zachariae. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Janine Zachariae
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748565260
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meisten. Als es zu eskalieren drohte, mischte ich mich ein. Und sagte, er sei selbst schwul. Nein, so hab ich mich nicht ausgedrückt. Ich sagte: ›Hör auf Dan zu schikanieren. Du solltest dich mal an deine eigene Nase fassen und ihn in Ruhe lassen. Denn so viel anders bist du auch nicht.‹ Es war unbedacht von mir. Ihn so bloßzustellen, hatte nicht mal er verdient.«

      »War er schwul?«, hakte Jacob nach.

      »Beide waren es«, meinte ich und knetete meine Hände, um irgendwas anderes zu machen, als ihn ständig zu betrachten.

      »Was ist dann passiert?«

      »Danach wurde ich fertig gemacht. Ich wurde zur Zielscheibe für mehrere Wochen. Das war okay. Es war besser, als jemanden zu beschimpfen, der sich nicht wehren konnte. Die Boshaftigkeit dessen war allerdings sehr schlimm. Eines Tages lief ich weinend nach Hause, nachdem sie mir meine Sachen geklaut hatten, als ich nach dem Sportunterricht duschte. Nur in einem Handtuch gewickelt, es war mitten im Winter. Nachdem Sport hatte ich einen Arzttermin und na ja, den musste ich schließlich absagen, auch wenn ich sehr lange darauf gewartet hatte. Aber so konnte ich nicht hin. Deshalb musste ich nach dem Unterricht duschen. Es war ein Fehler. Fotos kursieren von mir danach in der Schule und irgendwie ...« Ich atmete durch. »Es war scheiße. Sorry. Wochenlang war das so. Irgendwann erwischte mich Kevin, als ich gerade auf dem Heimweg war, und wollte mich verprügeln. Er tat es nicht. Als er vor mir stand, nahm ich ihn in den Arm. Und es brach aus ihm raus.«

      »Wirklich?«, Herr Traum konnte es nicht fassen.

      »Er war einfach nur gefangen. Er musste cool sein, aber er wollte eigentlich nie jemanden schaden.«

      »Unglaublich.«

      »So bin ich.« Er lachte. »Oh, nein. Nicht unglaublich. Ich bin nun mal so: Ich sage, was los ist, wenn was ist ...«

      »Obwohl du selbst das Opfer warst, hast du ihm geholfen? Was wurde aus den beiden?«

      »Was glauben Sie?« Er zog eine Augenbraue hoch.

      »Sie sind zusammen gekommen und ihre Umwelt nahm es gelassen. Viel Lärm um nichts.«

      »Jetzt zitierst du auch noch Shakespeare?« Lächelnd nahm ich einen Schluck vom Eiskaffee.

      »Zufällig mag ich Shakespeare.«

      »Du bist voller Überraschungen.«

      »Das wundert Sie?« Nickend sah er mich an. »Lesen nicht die meisten Schüler Shakespeare und Co. im Unterricht?«

      »Du hast es nicht im Unterricht gelesen.«

      »Ja, das stimmt«, seufzte ich. »Wobei. Wir haben die Kinoversion von ›Romeo und Julia‹ im Literaturunterricht angeschaut.«

      »Wow.« Oh, Herr Traum konnte auch sarkastisch sein.

      »Ja, und ich glaube, vielen ist der Kopf geplatzt. Sie waren einfach überfordert.« Er lachte.

      »Übrigens, der Kaffee schmeckt echt gut.«

      »Ich weiß.«

      »Gut.« Er wirkte, als ob er etwas wissen wollte, sich aber nicht traute.

      »Sie können mich alles Fragen.« Wir hörten, wie Molly erneut ein Tier jagte, und konzentrierten uns wieder aufeinander.

      »Du weißt schon vorher, was ich fragen oder sagen will.«

      »Dass heißt aber nicht, dass ich einen Monolog bevorzuge.« Er lachte. »Ich unterhalte mich gerne mit Ihnen«, fügte ich hinzu.

      »Geht mir auch so.« Er schaute nach, was seine Hündin machte.

      »Darf ich die Nacht, wieder bei Ihnen bleiben?«, fragte ich zurückhaltend, während er noch immer nach draußen schaute. »Nur solange alles geklärt ist.«

      »Ja, natürlich.«

      »Danke.«

      Er zögerte noch einen Augenblick, unsicher, was als Nächstes kommen würde, legte dann aber die DVD ein und schaltete den CD Player aus. Doch dann überkam mich eine solche Müdigkeit, die ich nicht abschütteln konnte.

      Ich wusste, ich schlafe, weil ich meine Oma wieder sah.

      ›Ich glaube, ich weiß, wer dich belästigt‹, sagte mein lieber Engel.

      ›Wer?‹

      ›Du kennst ihn.‹

      ›Es ist aber nicht Jacob.‹

      ›Natürlich nicht. Maja, du musst genauer hinsehen.‹

      ›Wohin?‹

      ›Du weißt es. Du weißt es längst. Du musst an das Unmögliche glauben. Haben wir nicht von ›Alice‹ gelernt, dass man an fünf Sachen denken kann, die unmöglich erscheinen?‹

      ›Wir sind aber nicht im ›Wunderland‹.‹

      ›Wirklich nicht?‹, fragte sie nach und schaute mich so eindringlich an, dass ich eine Gänsehaut bekam.

      ›Was willst du damit sagen, Oma?‹

      ›Betrachte die Dinge aus einem anderen Blickwinkel‹, meinte sie rätselhaft.

      ›Wie meinst du das?‹

      ›Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß‹, sagte sie, bevor sie verschwand.

      ›Nein, geh nicht‹, schrie ich ihr nach, aber da war es zu spät.

      15. Magisch

      »Maja?« Ich war an Jacobs Schulter gelehnt und setzte mich, etwas benommen, auf. »Ich muss nachdenken«, sagte ich, um Zeit zu schinden. Er ließ den Film weiterlaufen und ich war dankbar dafür. Ich schaute zu Molly. Sie jagte gerade eine kleine Maus. Langsam stand ich auf und ging zur Terrassentür. Jacob pausierte den Film. Er kam zu mir. Die Maus blieb stehen, schaute zu uns und verschwand im Nirgendwo.

      »Was ist?«

      »Ich weiß auch nicht. Irgendwie blitzte gerade ein Gedanke auf.«

      »Was für einer?«

      »Glauben Sie an Übernatürliches?« Ich drehte mich zu ihm und sah in seine unglaublich gold-orangen Augen.

      »Glaubst du daran?« Er atmete schwerer, es war kaum zu spüren und doch registrierte ich es. Etwas flackerte in seinen Augen auf.

      »Es gibt Momente, da würde ich ›ja‹ sagen. Doch ich würde es nie zugeben, denn ich würde mich selbst für verrückt halten.«

      »Wann zum Beispiel?«

      »Es ist magisch, meine Oma, in meinen Träumen zu sehen. Sie wird eines Tages für immer fort sein. Aber solange sie kurz erscheint, ist es schön. Ich glaube, es gibt mehr da draußen.«

      »Und, was so?«

      »Magie.« Er lächelte. »Meine Oma sagte, es gibt nicht nur schwarz-weiß. Ich soll ans Unmögliche glauben.«

      »Wie in ›Alice im Wunderland‹«, sagte er gedankenverloren.

      »Glauben Sie, ich spinne?«

      »Nein, überhaupt nicht.« Und ich glaubte ihm. Ich lachte auf.

      »Das ist doch irre.«

      Er schüttelte den Kopf.

      »Glaubst du an Wunder?«

      »Definitiv.«

      »Warum sollte es dann nicht auch Magie geben?« Ich schaute wieder hinaus.

      »Haben Sie das Tagebuch meiner Oma hier irgendwo?« Er hob eine Augenbraue, sagte aber nichts, sondern holte das Buch. Ich setzte mich aufs Sofa zurück und blätterte die Seiten durch. »‹Es war ein magischer Ort‹«, las ich vor und stockte, blätterte weiter.

      »Was genau suchst du?«, wollte er verwundert wissen.

      »‹Er breitete die Decke aus und bat mich zu setzen, was ich