Steintränen. Manja Gautschi. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Manja Gautschi
Издательство: Bookwire
Серия: Steintränen
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750218727
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Kann nur ein Vollidiot gewesen sein so viele Male auf jemanden zu schiessen und einzustechen, den wir lebend benötigen. Und jetzt hilfst du entweder ihn zu verarzten oder verschwindest hier und betest, dass er überlebt. Sonst ist alles umsonst und ihr könnt eure Pläne vergessen.“

      Während Phil und seine beiden Kollegen anfingen die Kleidung zu entfernen, die Wunden zu reinigen und das Operationsbesteck bereitlegten, standen sich Dr. Kitel und William gegenüber. William verschränkte die Arme. „Bitte, lasst Euch nicht aufhalten.“ er trat demonstrativ einen Schritt vom Tisch zurück. Sol trat neben ihn „Wir gehen. Wir müssen die anderen toten Teamkameraden nach Hause bringen. Hier können wir nichts mehr tun.“ „Du hast mir nichts zu befehlen, ich dachte, wir hätten das geklärt?“ sagte William. Sol sah ihn ernst an „Solange wir uns nicht zurückmelden, gehörst du offiziell noch in mein Team, bist mir unterstellt und tust was ich sage. Wir gehen!“ zu Kitel ein kurzes Nicken, Kitel nickte zurück, deutlich darüber erleichtert, dass sich Sol eingeschaltet hatte. Ohne weitere Worte, aber mit eindeutig missmutigem Gesicht, wendete sich William und machte sich ebenfalls auf zu gehen. Blickte dabei erst zu Jeff und dann zu Greg in die Zelle.

      „Was ist eigentlich mit denen? Ich werde neue Leute benötigen.“ „Finger weg, das sind Probanden!“ sagte Kitel vehement. William zuckte mit den Schultern „Na und? Sollte das Serum funktionieren...“ „Vergiss es! Die beiden werden sich dir nicht anschliessen.“ „He!“ klopfte nun Greg heftig gegen die Scheibe „Ich bin dabei, wenn ich nur hier rauskomme.“ er strahlte übers ganze Gesicht „Greg! Sei still! Bist du verrückt!“ rief ihm Jeff zu. William verfolgte erstaunt das Gespräch. „Das ist es, was ich immer wollte, Jeff! Und wenn ich nun endlich die Chance dazu erhalte, werde ich sie wahrnehmen.“ erklärte sich Greg. Der ehemals zu dicke, unförmige Greg, der immer schon ein ‚Supersoldat’ hatte sein wollen. Sah jetzt seine Chance, sich diesen Traum endlich zu erfüllen. Koste es, was es wolle. Jeff schüttelte verständnislos den Kopf und wendete sich von der Scheibe ab, setzte sich auf seine Britsche.

      William blickte nun wieder fröhlich in Gregs aufgeregte Augen, zwinkerte ihm zu. Würde das Serum funktionieren, würde er sich die Mitarbeit dieses eifrigen Soldaten sichern, warum nicht. Er folgte Sol zum Ausgang, gefolgt von den begeisterten Blicken Gregs hinter der Scheibe.

      „Isara“ forderte William, die immer noch neben dem Ausgang stehende Teamkollegin, auf mitzukommen. Isara schüttelte den Kopf „Nein, ich bleib hier.“ „He, Markus!“ rief William seinem ‚Noch-Captain’ zu „Wieso muss ich mit, aber sie kann bleiben?!“ „Weil sie nicht mir, sondern Dr. Kitel unterstellt ist. Dek hatte sie nur ‚ausgeliehen’. Weißt du verdammt genau und jetzt komm endlich!“ William lächelte Isara an. Inständig hoffte sie, dass sie dieses kalte Lächeln zum letzten Mal zu sehen bekam. Sie hielt sich den Bauch und schauderte beim Gedanken daran, dass er ihn ihr verarztet hatte. Er zwinkerte „Na dann“ sagte er „Pass auf dich auf. Ich denke, wir werden uns wiedersehen.“ „Das hoffe ich nicht.“ antwortete sie und wendete ihren Blick demonstrativ ab, sah an ihm vorbei zu Phil. Überrascht bemerkte William diesen Blick, der mehr war, als ein einfacher Blick zur Seite. Er drehte sich, sah wem Isaras Sehnsucht in den Augen galt. „Oh, alles klar.“ wieder zu Isara „Jetzt verstehe ich dein Problem. Sowas“ William schüttelte lächelnd den Kopf und verliess den Raum. Und ein grosser Teil der Anspannung in der Luft ging mit ihm. Ein Glück.

      Phil stand verzweifelnd vor den Überwachungsmonitoren. Keiner der Monitore zeigte auch nur irgendeine Bewegung, als ob die Geräte gar nicht eingeschaltet wären. Phils weisser Kittel sah wie ein Metzgerkittel aus, voller Flecken aus grün-rot marmoriertem Blut. „Tot. Dr. Kitel, da ist nichts zu machen. Er ist tot.“ „Sind die Kugeln entfernt?“ wollte Kitel wissen, Phil nickte „Ja. Die Wunden müssen noch genäht werden, aber alles blutet dermassen, dass es schwierig ist zu arbeiten.“ „Da hast du’s.“ „Was?“ „Solange es blutet, muss das Herz noch arbeiten.“ Phil stutzte, sah zum Behandlungstisch „Richtig. Aber was sollen wir tun? Die Geräte? Ich begreif’s nicht.“ Kitel schwieg, dachte nach und betrachtete ihren Patienten.

      Nach einem Moment hob er den Blick, beobachtete einen Moment lang Jeff, der immer noch auf seiner Britsche sass. „Geh und bitte ihn nochmals um Hilfe“ Phil lächelte verlegen „Ich denke nicht, dass er uns helfen wird. Sie reisen morgen ab. Er wird seine Meinung nicht ändern.“ „Dann bring ihn her. Die Situation liegt etwas anders als bisher. Fragen kostet nichts. Und jetzt geh! Die Zeit läuft uns davon. Hör auf mit mir zu diskutieren!“

      Phil tat wie ihm gesagt wurde, verliess den Raum, nicht aber ohne vorher im Gehen kurz Isaras Hand zu greifen „Alles in Ordnung?“ flüsterte er, sie nickte, lächelte, es tat gut, wieder einen vertrauten geliebten Menschen um sich zu spüren.

      Das Zimmer hatte zwar keine Fenster. Doch mit seinen gut 20m2 war es angenehm gross. Die Einrichtung wie in einem Hotelzimmer: Tisch, Stuhl, Bett mit Nachttisch, ein bequemer Sessel, kleines Bücherregal mit Büchern, separate Dusche mit Toilette und sogar eine Art Minibar. Gemütlich und sehr wohnlich. Nicht so wie seine sonstige Zelle.

      Vor der verschlossenen Tür wachten zwei grossgewachsene, starke Männer in fremder Uniform. Plauderten in der Regel in gedämpften Tonfall miteinander. Keine Terra Sonnensystem Soldaten, keine Wachen, die zu dieser Einrichtung gehörten. Die beiden standen meistens, manchmal sassen sie, manchmal war nur einer da, damit sich der andere ausruhen konnte. Aber einer der beiden war immer dort, niemand sonst. Und im Gegensatz zu den in schwarz gekleideten Soldaten der Einrichtung, waren sie immer höflich, freundlich und wussten sich zu benehmen, hatten richtigen Anstand, waren sympathisch.

      „Ah, Phil. Was gibt’s?“ begrüsste einer der beiden den jungen Doktor. „Es soll sich was ansehen, hat Kitel gemeint. Würdet ihr ihn zum grossen Arbeitsraum bringen? Bitte.“ „Könnten wir. Was soll’s bringen? Der ändert seine Meinung nicht, glaub mir. Aber du kannst ihn fragen. Ohne seine Zustimmung hat es ohnehin keinen Sinn.“ nach einem kurzen Kontrollblick auf den kleinen Monitor öffnete der Wächter die Tür. „Ist gut, du kannst rein. Bitte.“

      Auf dem bequemen Sessel sass mit verschränkten Beinen und einem Buch in der Hand ein schlanker Mann, mittleren Alters. Kurzes, dunkles Haar, einen sehr gepflegten Van Dyke Bart und eine Lesebrille auf der Nase. Über die Brille hinweg blickte er zu Phil, der unter dem Türrahmen stehen geblieben war. Er musterte Phils Kittel. Kniff deutlich die Augen zusammen, als er die Flecken erkannte. Bewegte sich aber ansonsten nicht.

      Gleichzeitig betrachtete Phil den Gast. Wieder einmal. Er war immer noch so fasziniert von diesem Menschen, wie am ersten Tag, als er herkam. Es sah so widersprüchlich und unrealistisch aus. Dieser Mann, der ein intelligenter Mediziner war, trug so eine Art kurzärmeliges Pyjama, sandfarben, dazu passende Socken und Turnschuhe, die er allerdings gerade nicht trug. Er sass mit Vorliebe nur in den Socken da. Neben dem Pyjama wirkten die Hand- und Fussfesseln aus Metall irgendwie überflüssig. Das passende Halsband dazu noch blöder. Unwirklich.

      „Phil“ sprach der Mann freundlich als erster, nachdem er Phil einen Moment Zeit gelassen hatte, sein Zögern zu überwinden, was offensichtlich nicht geschah. „Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?“ fragte der Mann.

      Phil nahm einen grossen Atemzug. Er hielt die Anfrage ja für überflüssig, denn sie hatten in den letzten Tagen mehrmals vergeblich versucht, ihren Gast, den Kitel extra hatte herbringen lassen, zur Mitarbeit zu überreden. Deutlich hatte ihr Gast seine Abneigung geäussert. Immer wieder. ‚Dafür sei er nicht Arzt geworden. Unter keinen Umständen.’ usw. hatte er immer wieder betont, konsequent seine Mitarbeit verweigert.

      Aber eben, Kitel hat’s befohlen. „Du sollst dir etwas ansehen. Mich bitte begleiten.“ „Phil“ antwortete der Mann „Was soll das? Ihr kennt meine Meinung.“ Draussen auf dem Gang grinsten die beiden Wachen. Ein wenig Schadenfreude über die vorausgesagte Antwort.

      Phil hob die Arme „Ralph, ich weiss. Tu mir einfach den