Am Sonntagvormittag nutzten wir die etwas verkehrsärmeren Straßen für eine langsame Sightseeingtour kreuz und quer über die breiten Boulevards; fast nur zweispännige, bunt geschmückte Pferdedroschken mit Ausflüglern waren unterwegs; das Stadtbild überwiegend geprägt von modernen Bauten, nur auf dem großzügigen, hell gepflasterten Konak Platz in der Nähe der Schiffsanlegestelle als Wahrzeichen von Izmir ein mit allerlei Zierrat gemauerter, von zwei dekorativen Palmen eingerahmter hoher Uhrturm aus osmanischer Zeit, etwas höher das schlanke Minarett der auf der anderen Straßenseite liegenden Moschee, überragt von modernen Hochhäusern. Von den dicht gedrängten, von Zeltplänen überdachten Gässchen der Altstadt, in denen sich das Marktleben abspielt, konnten wir nur im Vorbeifahren einen kurzen Blick erhaschen. Nicht weit davon entfernt die römische Agora, ein antiker Marktplatz mit ein paar Säulen- und Skulpturenresten. Hoch über der Stadt thront auf dem Pagusberg recht eindrucksvoll die Ruine einer mittelalterlichen Zitadelle, errichtet auf den Grundmauern der altgriechischen Akropolis.
Auf einsamer schmaler Straße wieder Richtung Meer setzten wir unsere Traumfahrt fort. Da die Ägäische Küste sehr stark zerklüftet ist, muss man, um allzu große Umwege zu vermeiden, immer wieder kleinere oder auch große Halbinseln durchqueren. Die Sonne brachte es auf schwülwarme 28°C; so weit das Auge reichte, riesige staubige Felder, einige mit leichtem grünen Schimmer überzogen, am fernen Horizont im Dunstschleier hohe Bergrücken; dann am Wegesrand, das halb verdorrte Gras zupfend eine etwas ungewöhnliche gemischte Herde aus vier zotteligen Eseln und ebenso vielen nicht minder zerzausten Kamelen.
Wir hielten an, um dieses nicht alltägliche Bild festzuhalten. Kaum hatte ich auf den Auslöser gedrückt und wir uns wieder in Bewegung gesetzt, hinter uns durchdringendes Geschrei, ein verwegen aussehender Knabe hatte sich auf einen der Eselsrücken geschwungen und galoppierte wild gestikulierend neben uns her, laut „Bakschisch, Bakschisch“ rufend. Aha, wir hatten seine Tiere fotografiert, und das ging natürlich nicht ohne entsprechendes Entgelt, also ließen wir ein paar Lire in seine schmutzige kleine Hand gleiten, und seine Welt war wieder in Ordnung.
Das nächste Foto war wieder kostenlos, eine imposante Befestigungsanlage mit Burgruine auf einem sich aus der Ebene erhebenden einzelnen hohen Berg, die kahlen Felswände gleichmäßig gesprenkelt durch dunkelgrüne kugelige Büsche. Ein nicht weit von der Straße entfernt auftauchendes Dorf verführte uns abermals zu einem kleinen Schlenker. Wir landeten auf einem urgemütlichen Marktplatz, die Seiten beschattet von schirmförmigen Pinien, rundherum kleine Straßencafés mit, wie sollte es anders sein, palavernden und Tee trinkenden Männern; über den Platz verteilt vier aus Felssteinen gemauerte verwitterte, gleich hohe Pfeiler, vielleicht Überbleibsel aus uralten Zeiten; auf jedem ein riesiges Storchennest, die Bewohner, zum Teil mit Familie, lauthals klappernd; wieder ein lohnendes Fotomotiv, ebenso eine etwas erhöht liegende schneeweiße Moschee mit silbern in der Sonne glitzernder Kuppel und einem schlanken hohen, weiß gemauerten Minarett, beide gekrönt von einem metallenen Halbmond.
Während wir noch die Atmosphäre auf uns wirken ließen, erschien aus dem nächstliegenden Straßencafé ein junger Türke, drei Gläser heißen Apfeltee auf einem Tablett balancierend und lud uns auf Englisch ein, diesen zusammen mit ihm zu trinken, was wir natürlich gern taten. Uns auf einigen herumstehenden Stühlen niederlassend, entspann sich eine angeregte Unterhaltung in vorgenannter Sprache, natürlich interessierte ihn auch das Woher und Wohin, denn noch nie hatte sich ein deutsches Wohnmobil an jenen Ort verirrt.
Als wir uns revanchieren wollten, winkte er freundlich ab, und wir verabschiedeten uns mit den besten Wünschen. Nach einem kleinen Spaziergang entschlossen wir uns spontan, an diesem idyllischen Ort noch ein Weilchen zu verbleiben, ließen uns an einem der einladenden Tische vor einem kleinen Restaurant im Schatten der Bäume nieder, es war immerhin schon 13.00 Uhr und unsere Mägen machten sich bemerkbar. Schon bald delektierten wir uns an einer köstlichen Vorspeisenplatte. Der nette Wirt gesellte sich zu uns, es wurde französisch, englisch, deutsch und türkisch parliert, zuletzt Adressen ausgetauscht, wieder Apfeltee spendiert, zum Abschied hinterhergewinkt, ein lohnenswerter Abstecher.
Nicht weit entfernt die nächste historische Stätte, Ephesus, in der Antike bedeutende, erst griechische, dann römische Handelsstadt. Sie wurde seinerzeit einige Male verlegt, da die Hafenanlagen immer wieder versandeten. Die eindrucksvollen Ruinen, die man heute noch sieht, stammen aus dem 3. Jahrhundert v. Chr.. Das ausgedehnte Gelände ganz zu erkunden, war natürlich für meinen Schatz unmöglich, also blieb er nach kurzer Zeit wieder auf einem der großen Steinbrocken zurück, während ich weiter auf Entdeckungstour ging. Breite, etwas unebene aus verschieden großen Stücken gebaute Marmorstraßen führen vorbei an zum Teil gut erhaltenen prunkvollen Fassaden und palastähnlichen Wohnkomplexen mit Treppen, mächtigen Toren und Säulen. Erstaunlich viel ist noch zu sehen von der Bibliothek des römischen Senators Celsus, auch das große Theater mit seinen 66 Sitzreihen vermittelt einen überwältigenden Eindruck. Vom berühmten Artemistempel, einem der Sieben Weltwunder der Antike, ist außer einigen Fundamentblöcken leider nichts mehr zu sehen.
Mein Schatz war während meines Ausfluges in die Geschichte inzwischen zu unserem auf dem nahen Parkplatz stehenden Mobi zurückgekehrt, und als ich voll mit Eindrücken dort wieder eintraf, rückte gerade ein junger Mann mit einem großen Eimer voller Wasser und einer Auswahl an Lappen der dicken Staubschicht auf den Leib, natürlich für ein angemessenes Bakschisch.
Seine Beschreibung des kürzesten Weges zum Strand mussten wir jedoch missverstanden haben, denn wir landeten auf abenteuerlicher unbefestigter Gebirgsstraße mit atemberaubenden Abgründen ohne Wendemöglichkeit; großes Aufatmen, als eine Abzweigung uns nach langer Irrfahrt endlich zurück an eine Hauptstraße führte. Diese brachte uns an einen riesigen, fast ganz von hohen Bergen und bewaldeten Hügeln eingerahmten See, den Bafa Gölü. Da die Hitze inzwischen mörderisch war, lechzten wir nach einer Abkühlung, kamen aber nur über einen Campingplatz an das Objekt unserer Wünsche heran.
Schon nach kurzer Zeit richteten wir uns unter Eukalyptusbäumen direkt am grasbewachsenen Ufer häuslich ein, Nachbarn weit entfernt, hinter Büschen verborgen. So schnell wie möglich warfen wir uns in die kühlenden Fluten und schwammen weit in den schimmernden See hinaus, das umliegende herrliche Panorama genießend, um anschließend im angenehmen Schatten bei spannender Urlaubslektüre zu relaxen. Die im Kühlschrank noch vorhandenen Vorräte aus der Heimat inklusive eingeschweißtem saftigen Schwarzbrot verhalfen uns zu einem leckeren Abendessen in lauer Luft. Zum ersten Mal erfüllten Klapptisch und Stühle aus dem hinteren Stauraum ihren Zweck. Noch lange ließen wir draußen bei ein paar Gläsern türkischem Wein, erstanden in einem Supermarkt in Izmir, die Seele baumeln, eine flackernde dicke Kerze schützte uns einigermaßen vor den herumschwirrenden Insekten. Über den spiegelglatten See zog der Mond seine leuchtende Bahn, ein klarer Sternenhimmel versprach wieder einen sonnigen Tag. Die Nacht wurde allerdings etwas unruhig, denn, sich allmählich steigernd, setzte ein Froschkonzert ein, dem sich immer mehr „Sänger“ aus dem nahen und fernen Schilfgürtel anschlossen, bis es in einen ohrenbetäubenden Lärm gipfelte.
Als wir nach