Das an der engsten Stelle gelegene hübsche Hafenstädtchen
- Canakkale -
fanden wir ideal für unsere Übernachtung, zu schön war der Platz direkt am Hafenbecken mit Blick auf die bewaldeten, zum Teil felsig abfallenden Hügel der Halbinsel und die sich am Ufer entlangziehenden Ortschaften, nicht weit entfernt die Mole, an der die schneeweißen Fähren im Wechsel an- und ablegten; praktisch in Rufweite die örtliche Polizei und direkt gegenüber ein einladendes Hotelrestaurant mit großen Aussichtsfenstern. Genau an einem derselben saßen wir etwas angehübscht eine halbe Stunde später und ließen uns in gepflegtem Ambiente, die Tische weiß eingedeckt mit duftendem Blumenschmuck und passenden Kerzen, von einem sehr freundlichen Kellner ein wahrhaft fürstliches Menü servieren. Alles, was die türkische Küche zu bieten hat, folgte in sechs Gängen aufeinander. Dazu ein sehr guter trockener Weißwein, und das alles zusammen für umgerechnet 26,00 DM, sehr erfreulich. Einsam und allein, beschienen von einem hell leuchtenden Mond, stand unser Mobi am Kai, als wir zu später Stunde zurückkehrten. Unter den wachsamen Augen der Polizei schliefen wir jedoch sicher wie in Abrahams Schoß.
Am Samstag stand das nur 30 Kilometer entfernte Troja auf dem Programm, dieser geschichtsträchtige Ort, bewohnt zwischen 3.000 v .Chr. und etwa 1.000 n. Chr.. Im Jahre 1.300 v. Chr. wurde die blühende Handelsstadt durch ein gewaltiges Erdbeben fast gänzlich zerstört, von dem sie sich nie wieder richtig erholte. Berühmt wurde sie jedoch durch Homers Epos Ilias, das den Trojanischen Krieg behandelt, der der Sage nach dadurch ausbrach (wahrscheinlich um 1.200 v. Chr.), dass Paris, der Sohn des Königs Priamos von Troja, die Gemahlin des Spartaner-Königs Menelaos, die schöne Helena, entführte. Der deutsche Kaufmann und Archäologe Heinrich Schliemann entdeckte 1870 bei Ausgrabungen in einem Ruinenhügel (Hissarlik) die ersten Reste des alten Troja, drei Jahre später den sagenhaften Schatz des Priamos und förderte im Laufe von 20 Jahren mehrere Siedlungsschichten zu Tage, die sich durch die nachfolgende Arbeit von drei weiteren Altertumsforschern auf insgesamt neun erhöhten.
Gleich am Eingang der großen Ausgrabungsstätte stießen wir auf eine gewaltige Nachbildung des hölzernen Trojanischen Pferdes, mit dessen Hilfe die Griechen unter dem mächtigen Agamemnon nach zehnjähriger Belagerung die Stadt eroberten, indem sie es den Trojanern als angebliches Weihegeschenk für deren Göttin Athene vor eines der Stadttore stellten, die Trojaner es arglos hineinzogen und den dadurch im hohlen Bauch versteckten Griechen die Möglichkeit gaben, alle Stadttore zu öffnen und zusammen mit der eindringenden Armee die völlig überraschten Trojaner zu überrumpeln.
Als wir mit großen Erwartungen diese historische Stätte betraten, bedurfte es schon einiger Phantasie, um in den kläglichen Mauerresten noch etwas von der Größe des antiken Troja zu entdecken. Mein Schatz blieb auf einem der herumliegenden großen Steinbrocken zurück und ließ von dort aus die sich über einen flachen Hügel ausbreitenden mehr oder minder hohen verwitterten Steinhaufen auf sich wirken, dazwischen wucherndes niedriges Gestrüpp brachte wenigstens etwas Farbe in das Bild. Während meiner Fotosafari auf der anderen Seite des Hügels angelangt, bot sich mir ein herrlicher Ausblick, so weit das Auge reichte, zwischen fast weißen oder bemoosten Felsblöcken ein im leichten Wind wogendes Meer von blutrotem Klatschmohn, in der Sonne leuchtend, darüber ein azurblauer Himmel mit schneeweißen Wolkengebilden, ein sehr dankbares Fotomotiv. Die gesamte archäologische Stätte gehört seit 1998 ebenfalls zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Eine Stunde später schraubten wir uns auf einsamer Straße in engen Serpentinen mit immerhin 12% Steigung einen dicht bewaldeten Berg hinauf, keine Menschenseele weit und breit, nur vier zerzauste Wildesel, die ganz gemächlich vor uns die Straße überquerten, zwangen uns dazu, auch noch am Berg zu bremsen. Auf der Kuppe zu unserer Freude ein Aussichtspunkt; an der Brüstung über steilem Felshang hatte ein findiger Händler ein paar Holztische und Stühle aufgestellt und bot seine Ware an. Gern entschieden wir uns für den heißen wohlschmeckenden Tee und einige Stückchen süßes Gebäck, den weiten Blick über eine dunkel bewaldete Hügelkette und silbrig schimmernde Olivenhaine auf das in leichtem Dunst daliegende Ägäische Meer genießend.
Weiter ging’s auf steiler Straße bergab, ein Hügel reiht sich an den anderen, meist mit knorrigem Kiefernwald oder auch schroff und fast kahl, unterhalb des kleinen Örtchens Edremit weite sandige Strände an einer lang gezogenen Bucht, von hoher Warte ein Blick auf die in weiter Ferne schwach zu erkennende große griechische Insel Lesbos. Ein kleiner Abstecher ins Landesinnere führte uns nach Bergama zu Füßen eines fast kahlen Berges. In der Antike hieß die Stadt Pergamon, lag oben auf der Bergkuppe und war die blühende Hauptstadt des Pergamenischen Reiches, 280 v. Chr. gegründet und 133 v. Chr. an Rom fallend. Im 15. Jahrhundert durch Mongolen zerstört, wurde die Stadt unten am Hang wieder aufgebaut, oben blieben die Ruinen. Durch die Ausgrabungen des deutschen Archäologen Carl Humann wurde manche Kostbarkeit zu Tage gefördert, u. a. große Teile des berühmten Zeus-Altars, der, nachdem alle Stücke wie ein Puzzlespiel zusammengesetzt und die fehlenden Teile rekonstruiert wurden, zusammen mit anderen interessanten Funden im Berliner Pergamon-Museum zu bewundern ist.
Unser schon bergerprobtes Mobi brachte uns empor zu den zum Teil gut erhaltenen Zeugen einstiger Pracht, besonders eindrucksvoll das an einem Steilhang gelegene Theater mit den stark abfallenden 80 Rängen, die 15.000 Zuschauern Platz boten; ebenfalls sehr interessant die mächtigen Ruinen einer der größten Bibliotheken der Antike, in der einst 200.000 Pergamentbände aufbewahrt wurden.
Auf unserem Weg zurück an die Küste machten wir noch einen kleinen Schlenker nach Asklepieion. Dem Gott der Heilkunde Asklepios geweiht, war diese ebenfalls gut ausgegrabene Stätte einst einer der bedeutendsten Kurorte der Antike; der heilige Bezirk ist noch gut zu erkennen, ein von Säulenfragmenten umgebener viereckiger Platz mit einer wundertätigen Quelle, die immer noch sprudelt. Ein Theater mit 14 Sitzreihen ist erhalten geblieben, dort finden alljährlich die Bergama-Festspiele mit klassischen Theaterstücken statt.
Welch ein Kontrast die moderne geschäftige Handelsmetropole
- Izmir -
die drittgrößte Stadt mit dem zweitgrößten Hafen des Landes, wunderschön am gleichnamigen, von Bergen umrahmten Golf gelegen, in der wir am frühen Abend eintrudelten; im 11. Jahrhundert v. Chr. von den Griechen unter dem Namen Smyrna gegründet und zur Blüte gebracht. Später wurde die Stadt wegen ihrer berühmten kostbaren Teppiche bekannt. Homer soll hier im 8. Jahrhundert v. Chr. seine Ilias geschrieben haben.
Natürlich suchten wir für die Nacht wieder einen Stehplatz und möglichst auch ein Restaurant am Wasser. Fast am Ende des drei Kilometer langen prachtvollen breiten Strandboulevards wurden wir fündig. Auf dem Seitenstreifen unter hohen schlanken Palmen blieben wir einfach stehen, nicht weit entfernt der große Eingang eines Geschäftshauses, in dem in einer gläsernen Loge ein bewaffneter Wächter saß, was auch für uns eine gewisse Sicherheit bedeutete. Genau gegenüber, auf Pfählen in den Golf gebaut, über eine steinerne, mit Fächerpalmen geschmückte Brücke zu erreichen, ein sehr einladendes Restaurant, achteckig, die Fenster rundherum bis zum Boden gehend, gekrönt von hellroten, in zwei Stufen sternförmig aneinander gereihten flachen Satteldächern, drumherum auf einem Ponton schneeweiße aufgespannte Sonnenschirme, genau das Richtige für unser Abendessen. Drinnen Blumen über Blumen und Girlanden und lautes Stimmengewirr, an einer langen Tafel eine lustige Hochzeitsgesellschaft, eine dreiköpfige Kapelle