Treffpunkt Brandenburger Tor. Hermann Mezger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hermann Mezger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844268201
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nicht minder überrascht an.

      „Was machen Sie denn beruflich?“

      „Ich bin Opernsänger. Arien deutschsprachiger Opern sind meine Spezialität.“

      Nicht ganz sicher, ob dies ein Scherz sein sollte, schwieg Bramme einen Moment lang. Wassili, der seine Unsicherheit bemerkte, grinste ihn an und begann, eine harmonische Tonleiter rauf und runter zu singen. Brammes Mund stand weit offen und er hätte mit nichts deutlicher zeigen können, dass er sich vorkam wie in einem falschen Film. Schließlich gab er sich einen Ruck.

      „Na, dann ist ja wenigstens für die Unterhaltung gesorgt. Was ähm.., was befähigt Sie denn zu dieser Aufgabe?“

      „Ich stamme aus Usbekistan, spreche Deutsch, Russisch und mehrere Turksprachen“, gab Wassili zurück, ohne sich eine Spur von Kränkung anmerken zu lassen.

      „Und wer ist noch mit von der Partie?“

      „Alexander Serow.“

      „Das war´s?“, fragte Bramme, erneut überrascht. „Kein Amerikaner?“

      „Nein,“ erwiderte Wassili gelassen, „die Amerikaner stellen uns nur ihr Satellitensystem zur Verfügung. Einer ihrer Spezialisten überwacht die Aktion von Moskau aus. Sie werden ihn gleich kennen lernen.“

      Verunsichert ließ sich Bramme nach hinten in den Sitz fallen und rieb sich müde das Gesicht.

      „Und? Ist Herr Serow auch Opernsänger?“

      Wassili lachte und manövrierte das Auto geschickt in eine Parklücke vor einem hohen Verwaltungsgebäude.

      „Wo denken Sie hin! Alexander Serow jagt Kunsträuber.“

      Bramme, der Verzweiflung nahe, schwieg und verdrehte nur die Augen.

      „Wir sind da.“

      Wassili stieg aus und öffnete für Bramme die Tür. Auf einem Schild am Eingang war in kyrillischer und lateinischer Schrift zu lesen: „Archäologisches Institut Sankt Petersburg.“

      Die beiden Männer gingen darauf zu und Bramme, von der Autorität, die dieses Gebäude ausstrahlte, beeindruckt und etwas eingeschüchtert zugleich, straffte beim Gehen die Schultern.

      4. Kapitel

      So wie Viktor Fedin, von zwei Herren flankiert, am Konferenztisch saß, stellte man sich wohl einen lupenreinen Apparatschik vor: Eine hagere Gestalt, ein blutleeres Gesicht, Nickelbrille und ein glatt rasierter Schädel.

      Der Mann zu seiner Linken war das genaue Gegenteil. Alexander Serow glich einem blonden Hünen mit der Figur eines Zehnkämpfers und der Kraft des russischen Bären. Aus seinem wettergegerbten Gesicht sprach die pure Unternehmungslust.

      George Simon auf der anderen Seite verkörperte dagegen den typischen Amerikaner. Er trug Jeans in Übergröße, ein Sporthemd in der Größe XXXL, darüber einen knallroten Blouson. George sieht aus wie ein gemütvoller, tapsiger Teddy mit blonden Stoppelhaaren, blauäugig-treuherzig, mit einem Doppelkinn, das von seinen gut durchbluteten Hängebacken bis zu den wulstigen Lippen eine Einheit bildete.

      Die drei Männer unterbrachen ihre Unterhaltung als Wassili und Bramme zur Tür herein kamen. Serow ging sofort auf Bramme zu und umarmte ihn herzlich.

      „Dobro poschalowat!“, dröhnte ihm der Russe ins Ohr, „will sagen: Herzlich willkommen!“

      George Simon streckte Bramme seine Pranke hin.

      „Nice to meet you!“

      Fedin begnügte sich mit einem Händedruck.

      „Willkommen in Sankt Petersburg, Gospodin Bramme. Hatten Sie eine gute Reise?“

      „Danke der Nachfrage.“

      „Nehmen Sie bitte Platz, meine Herren!“

      Fedin kam gleich zur Sache: „Über die Verbrechensbekämpfung auf internationaler Basis ist schon viel geredet und geschrieben worden. Gebracht hat es nicht viel. Umso mehr freue ich mich, dass wir heute ein Projekt starten, das man mit Fug und Recht die globalisierte Verbrechensbekämpfung nennen darf. Nach einem deutschen Plan und mit amerikanischer Satellitentechnik wollen wir mit russischer Unterstützung die Transportwege für Drogen auskundschaften und lahm legen. Fünfhundert mit einem Sender ausgestattete Feuerzeuge werden von den Herren Bramme, Serow und Jernak in Zentralasien unter die Leute gebracht und Mister Simon verfolgt den genauen Weg dieser Feuerzeuge via Satellit in Moskau...“

      „Jeweils fünfzig dieser Feuerzeuge“, fiel ihm da George Simon ins Wort, „haben die gleiche Frequenz. Auch jedes Feuerzeug, das Sie erhalten, hat eine eigene Frequenz. Auf diese Weise kann ich Ihren Standort jederzeit feststellen.“

      „Als Reisezweck geben Sie vor“, fuhr Fedin fort, „eine Ausgrabungsstätte der Skythen zu suchen. Alles Wissenswerte über diesen Volksstamm finden Sie in diesen Broschüren.“

      Er schob Serow über den Tisch ein paar Hefte zu. Bramme warf Wassili einen zweifelnden Blick zu.

      „Alles nur Tarnung, Gospodin Bramme“, beruhigte ihn Wassili.

      „Sie dürfen auf keinen Fall Waffen mit sich führen. Sicherheit hat bei dieser Mission höchste Priorität. Spielen Sie nicht den Helden. Den Drogenbossen bedeutet ein Menschenleben nichts, aber auch gar nichts. Sie haben doch sicher gehört, wie es Gospodin Burew ergangen ist? Der Generalstaatsanwalt in Moskau ist außer sich. Sie können sich vorstellen, was da los ist.“

      „Hat man denn schon eine heiße Spur?“, wollte Serow wissen.

      „Man hat den Abdruck einer Schuhsohle, es gibt das nichtssagende Phantombild einer Überwachungskamera und man weiß, dass das Tatmesser zwei Schneiden hatte.“

      „Herzlich wenig“, meinte George Simon.

      „Sie sagen es. Es wird sowohl im Drogenmilieu als auch im privaten und terroristischen Umfeld ermittelt. Es kann nicht schaden, wenn Sie auch in dieser Angelegenheit Ihre Augen und Ohren in Zentralasien weit aufsperren.“

      „Ist der Geländewagen schon eingetroffen?“, fragte Bramme.

      „Aber ja! Er steht am Flughafen.“

      Fedin erhob sich.

      „Sie sind während der gesamten Reise ganz auf sich allein gestellt. Auch jeder telefonische Kontakt hat zu unterbleiben. Unsere Gegner könnten sonst den Standort unseres amerikanischen Freundes in Moskau orten. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, meine Herren!“

      Die Verabschiedung war kurz aber herzlich. Im Hinausgehen wandte sich Serow an seine Mitstreiter.

      „Wenn Sie einverstanden sind, essen wir jetzt etwas. Der Flug nach Termes geht in drei Stunden.“

      „Sorry“, sagte Simon, „mein Flugzeug nach Moskau geht noch früher. Ich muss mich sputen, sonst verpasse ich es noch.“

      „Schade!“ meinte Bramme, „guten Flug! Und passen Sie gut auf uns auf!“

      „I will do my very best!“

      5. Kapitel

      Bramme saß eingezwängt zwischen Wassili und Serow in der ersten Reihe einer Antonow der Luftwaffe, bis zum letzten Platz besetzt mit Soldaten. Während das Flugzeug durch die Nacht brummte, wandte er sich nach einigen Minuten des Schweigens an Wassili.

      „Sie stammen also aus Usbekistan?“

      „Richtig!“, Wassilis Stimme klang schwärmerisch, als er fortfuhr, „Usbekistan besitzt uralte Kulturen und enorme Bodenschätze. Unsere Gastfreundschaft ist die beste der Welt.“

      Serow, der eben eine Zigarette drehte, hielt sie Bramme hin.

      „Rauchen Sie, Gospodin Bramme?“

      „Ab und zu“, gab Bramme zu, nahm die Zigarette dankbar entgegen, holte sein Feuerzeug aus der Tasche und zündete sich den Glimmstängel an. Während er genüsslich